MRT des Kiefergelenks
Definition
Die MRT des Kiefergelenks ist ein apparatives Untersuchungsverfahren, bei dem das Kiefergelenk mittels Magnetresonanztomographie (MRT) dargestellt wird.
Durchführung
Die MRT des Kiefergelenks wird in Rückenlage des Patienten durchgeführt. Häufig werden spezielle Kopfspulen eingesetzt.
MRT-Protokoll
Es existiert kein einheitliches MRT-Protokoll für die Bildgebung des Kiefergelenks. In der Regel werden parasagittale Sequenzen bei geschlossenem und geöffnetem Mund durchgeführt. Geschlossener Mund heißt bei maximaler Okklusion bzw. maximaler Interkuspidation, d.h. dem Patienten wird empfohlen, die Backenzähne fest aufeinander zu legen. Für die Messung bei maximal geöffnetem Mund kann man beispielsweise einen Korken zwischen den Frontzähnen platzieren.
Die parasagittale Angulierung erfolgt senkrecht zur Achse des Kiefergelenkköpfchen (Caput mandibulae), parakoronare Sequenzen werden entlang der Achse gekippt. In der Regel werden T1w- und PDw-Sequenzen zur morphologischen Beurteilung des Discus articularis eingesetzt. Zur Beurteilung von Gelenkergüssen oder Knochenmarködemen sollte eine STIR- oder alternativ eine T2-FS-Sequenz im Protokoll enthalten sein. Kontrastmittel werden beim Verdacht auf entzündliche Prozesse (z.B. rheumatoide Arthritis) und Raumforderungen appliziert.
Befundung
Bei der Befundung einer MRT des Kiefergelenks sollten insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Form des Caput mandibulae: z.B. abgeflacht
- Form der Fossa mandibularis und Facies articularis: z.B. Osteophyten, subchondrale Sklerose
- Mobilität des Caput mandibulae: bei geschlossenem Mund zentral in der Fossa mandibularis, bei Mundöffnung zunächst Drehung des Caput mandibulae um eine horizontal durch Fossa mandibularis verlaufende Achse und anschließend Ventralgleiten auf das Tuberculum articulare.
- Morphologie des Discus articularis: Der Discus articularis ist im Sagittalbild eine bikonkave Struktur mit einem 2 bis 3 mm dicken faserknorpeligen Rand und einem dünnen Zentrum. Man unterscheidet das anteriore Band, die dünne Intermediärzone und das posteriore Band. Ventral ist der Diskus mit der Gelenkkapsel verbunden. Hier inseriert auch das Caput superius des Musculus pterygoideus lateralis. Dorsal des Diskus befindet sich die bilaminäre Zone mit superioren elastischen Fasern und inferioren kollagenhaltigen Fasern.
- Position des Diskus bei geschlossenem Mund: hintere Begrenzung des posterioren Bands bei 11 bis 1 Uhr in der parasagittalen Ebene
- Mobilität des Diskus bei Mundöffnung: stets zentral zwischen Caput und Tuberculum articulare
- Position des Diskus in der parakoronaren Ebene: kappenartig auf dem Caput mandibulae und leicht medialisiert aufliegend
Intrinsischer Diskusschaden
Bei einem intrinsischen Diskusschaden zeigt sich in der MRT zunächst eine Abnahme der Dicke des vorderen Bands und der Intermediärzone sowie eine Verdickung des posterioren Bands. Außerdem kann eine inhomogene Signalanhebung auffallen. Im Verlauf kommen Einrisse, Perforationen, Deformierung, Fragmentation und Destruktion des Diskus hinzu.
Diskusdislokationen
Funktionelle Beschwerden des Kiefergelenks werden als temporomandibuläre Dysfunktion zusammengefasst. Eine Bildgebung ist nur in bestimmten Fällen notwendig. Die häufigste morphologische Störung ist die anteriore Diskusdislokationen, die durch eine Ruptur der superioren Fasern der bilaminären Zone entsteht. Dadurch liegt das posteriore Band des Diskus bei geschlossenem Mund vor der 11-Uhr-Position. Es existiert keine einheitliche Einteilung, häufig werden folgende Graduierungen angegeben:
- Grad 1: hintere Begrenzung des posterioren Bands liegt bei geschlossenem Mund zwischen 10 und 11 Uhr.
- Grad 2: bei 9 bis 10 Uhr
- Grad 3 (Luxation): bei 6 bis 9 Uhr
Des Weiteren werden drei Formen unterschieden:
- anteriore Dislokation mit Reposition: Beim Mundöffnen kehrt der Diskus wieder in seine normale Position zurück.
- anteriore Dislokation ohne Reposition: der Diskus verbleibt auch bei Mundöffnen in der Fehlposition. Die Folge kann eine chronische Verdickung und Fibrosierung der bilaminären Zone sein, sodass eine normale Diskusposition vorgetäuscht werden kann ("pseudodisc sign").
- anteriore Dislokation mit Diskusperforation
Bei der Diskusdislokation können Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des Kiefergelenks auftreten. Die Reposition kann mit einem tast- oder hörbaren und schmerzhaften "Klick" einhergehen. Ohne Reposition beklagen einige Patienten eine eingeschränkte Mundöffnung. Jedoch findet sich bei ca. einem Drittel der Gesunden eine anteriore Dislokation mit Reposition, die keine Therapie benötigt. Die anteriore Dislokation tritt in 80 % der Fälle bilateral auf.
Seltenere Formen der Diskusdislokation sind:
- posteriore Dislokation: extrem selten, geht in der Regel mit einer Gelenkblockierung einher
- mediale Dislokation: selten, unklare klinische Relevanz (leichte Medialisation bei geschlossenem Mund und etwas zunehmend bei Mundöffnung kommt auch bei gesunden Personen vor).
- laterale Dislokation: selten, unklare klinische Relevanz, meist kombiniert als anterolaterale Dislokation
Dislokation des Kiefergelenks
Dislokationen des Kiefergelenks, also Subluxationen und Luxationen, sind viel seltener als Diskusdislokationen. Dabei verlagert sich der Processus condylaris vor das Tuberculum articulare, wobei zusätzliche mediale oder laterale Dislokationen möglich sind. Sie können uni- oder bilateral sowie akut oder chronisch auftreten. Ab wann man von einer Subluxation spricht, ist nicht klar definiert.
Weitere Pathologien
Die Diskusdislokation, Diskusdegeneration und die Kiefergelenksarthrose führen oft zu einer Synovialitis. Begleitend zeigt sich ein Gelenkerguss und ein Ödem im Kieferköpfchen. In unklaren Fällen ist aber auch an andere Erkrankungen wie synoviale Chondromatose, CPPD, PVNS, Infektionen, Nekrosen und selten Tumoren zu denken. Insbesondere rheumatische Erkrankungen manifestieren sich oft am Kiefergelenk, insbesondere die juvenile rheumatoide Arthritis.
Die Rolle des Musculus pterygoideus lateralis bei temporomandibulären Dysfunktionen wird derzeit (2024) unterschiedlich bewertet. In der MRT können gelegentlich ein Muskelödem oder eine Muskelatrophie beobachtet werden. Die klinische Relevanz ist unklar.
Literatur
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