Humanes Herpesvirus 6
Synonym: Roseolovirus
Abkürzung: HHV6, HHV-6
Definition
Das humane Herpesvirus 6, kurz HHV-6, ist ein DNA-haltiges Virus aus der Familie der Herpesviren (Herpesviridae).
Eigenschaften
Das HHV6 enthält Doppelstrang-DNA (dsDNA) mit einer Länge von etwa 170 kbp. Das Virus lässt sich nach Übertragung und Stimulierung in Lymphozyten anzüchten. Das Kapsid des Virus entsteht nach Infektion im Zellkern, die Montage zum reifen Virus erfolgt in den Membransystemen der Wirtszelle.
Es werden humane Herpesviren Typ A und B unterschieden.
Taxonomie
- Bereich: Duplodnaviria
- Reich: Heunggongvirae
- Stamm: Peploviricota
- Klasse: Herviviricetes
- Ordnung: Herpesvirales
- Familie: Herpesviridae
- Unterfamilie: Betaherpesvirinae
- Gattung: Roseolovirus
- Arten: Humanes Herpesvirus 6A und 6B
- Gattung: Roseolovirus
- Unterfamilie: Betaherpesvirinae
- Familie: Herpesviridae
- Ordnung: Herpesvirales
- Klasse: Herviviricetes
- Stamm: Peploviricota
- Reich: Heunggongvirae
siehe Hauptartikel: Virustaxonomie
Epidemiologie
Das humane Herpesvirus weist eine hohe Durchseuchungsrate auf. Nach dem Verschwinden maternaler Antikörper im etwa 6. Lebensmonat beginnt die Durchseuchung von Säuglingen. Im zweiten Lebensjahr sind etwa 50% der Kinder durchseucht, im Alter von fünf Jahren bereits 80%. Erwachsene sind zu über 90% Antikörperträger.
Die Übertragung des HHV6 erfolgt durch Speichel, Aerosole und nahen Körperkontakt. Bei Erstinfektion lässt sich Erreger-DNA in Monozyten, Speichel und Stuhl nachweisen.
Klinik
Das HHV6 ist Erreger des Dreitagefiebers, einer in der Regel selbstlimitierend verlaufenden fieberhaften Erkrankung des frühen Kindesalters. Im schnellen Fieberanstieg kann es zum Fieberkrampf kommen. Bei jungen Erwachsenen sind zudem Mononukleose-ähnliche Verlaufsbilder beschrieben.
Bei seronegativen Schwangeren und Erstinfektion in der Schwangerschaft sind auch konnatale Infektionen beschrieben. Selten führt eine HHV6-Infektion auch zu generalisierter Lymphadenopathie, Pneumonie, Hepatitis, Meningitis und Enzephalitis.
Nach der Erstinfektion persistiert das Virus in den Speicheldrüsen. Erfolgt eine Abschwächung der Immunabwehr (z.B. medikamentöse Immunsuppression) kann es zu einer Reaktivierung des Virus mit Fieber, Exanthemen, Pneumonie, Enzephalitis und Myokarditis kommen.
Diagnostik
Das Dreitagefieber lässt sich als klassische Kinderkrankheit ohne weiteres rein klinisch diagnostizieren. Fehlen jedoch Symptome teilweise oder gänzlich oder liegt eine spezifische Indikation vor, können labormedizinische Untersuchungen bei der Diagnosefindung helfen.
Spezifische Indikationen sind:
- Verdacht auf das Vorliegen einer HHV6-Meningitis oder HHV6-Meningoenzephalitis
- Reaktivierung einer HHV6-Infektion bei Immunsuppression
- Monitoring nach Organ- und Stammzelltransplantationen
Labormedizin
Material
Für die Untersuchung werden 1 ml Serum (Serologie), EDTA-Blut oder Liquor (PCR) benötigt.
Direkter Erregernachweis
Der direkte Erregernachweis gelingt meist nur in der akuten Phase der Infektion und erfolgt in der Regel elektronenmikroskopisch oder durch den Nachweis von viraler DNA mittels PCR. Da HHV6-DNA in kleinen Mengen gelegentlich auch bei Gesunden nachweisbar ist, sollten quantitative Untersuchungen erfolgen.
Indirekter Erregernachweis
Der indirekte Virusnachweis erfolgt durch den Nachweis von Antikörpern mit immunologischen Testverfahren (z.B. Immunfluoreszenztests oder ELISA). Spezifische Antikörper gegen HHV6 werden jedoch erst im Verlauf der Erkrankung gebildet und sind mit einer gewissen Latenzzeit nachweisbar.
Die Aussagekraft der serologischen Testverfahren ist auf Grund der hohen Durchseuchungsraten eingeschränkt. Daher sollte der direkte Erregernachweis mittels PCR beim Verdacht auf eine fulminante Infektion mit HHV6 (z.B. im Rahmen einer Meningitis oder Meningoenzephalitis) bevorzugt eingesetzt werden.
Weitere Laborparameter
Im Differentialblutbild zeigt sich meist eine dezente Leukopenie mit Monozytose.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 19.03.2021