Hexobarbital
Handelsnamen: Citopan®, Evipan®, Tobinal®
Englisch: hexobarbitone
Definition
Hexobarbital ist ein intravenöses Anästhetikum aus der Gruppe der Barbiturate, das heute in Deutschland nicht mehr verwendet wird.
Hintergrund
Hexobarbital wird sowohl als Säure als auch als Natriumsalz mit hypnotischer und sedativer Wirkung eingesetzt. Moderne Barbiturate wie Thiopental haben Hexobarbital weitgehend verdrängt, da sie eine bessere Kontrolle der Narkosetiefe erlauben.
Geschichte
In den 1940er und 1950er Jahren wurde Hexobarbital als Agens zur Narkoseeinleitung für operative Eingriffe verwendet, aber auch als schnell- und kurzwirksames Hypnotikum zum allgemeinen Gebrauch. Es wurde außerdem zur Ermordung von weiblichen Gefangenen des Konzentrationslagers Ravensbruck eingesetzt.
Wirkmechanismus
Hexobarbital ist ein Agonist des ionotropen GABAA-Rezeptors. Der Wirkstoff führt über die Aktivierung von Chloridkanälen im Gehirn zur Hemmung der Formatio reticularis und wirkt damit hypnotisch. Wie alle Barbiturate wirkt Hexobarbital nicht analgetisch, sondern bewirkt eher eine gesteigerte Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie). Zudem kommt es zu keiner ausreichenden Muskelrelaxation.
Pharmakokinetik
Hexobarbital ist schlecht lipidlöslich und zeigt dadurch einen verzögerten Wirkungseintritt. Die Anschlagszeit wird mit ungefähr 60 Sekunden angegeben. Unter den Barbituraten besitzt Hexobarbital mit 15-30 min die längste Wirkdauer. Die Elimination erfolgt überwiegend renal, die partielle Rückresorption geht mit einer Wirkungsverlängerung einher. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt ca. 4 Stunden.
Indikation
Hexobarbital ist in Deutschland nicht mehr zur Anwendung als Arzneimittel zugelassen. Ehemalige Indikationen waren:
- Narkoseeinleitung (nicht als Mononarkotikum geeignet)
- "Barbituratnarkose" beim Status epilepticus
- Insomnie
Nebenwirkungen
- Suchtpotential (Barbituratabhängigkeit)
- Atemdepression: eingeschränkte Reaktion auf Hyperkapnie und Hypoxie
- Kardiovaskuläre Depression:
- Abnahme des Herzzeitvolumens mit Blutdruckabfall
- Reflektorische Tachykardie (CAVE: Herzerkrankungen)
- Husten, Laryngospasmus, Bronchospasmus
- Allergische Reaktionen u.a. durch Histaminfreisetzung
- Gefäßreizung (CAVE: intraarterielle Injektion führt zur Gewebsnekrose)
- Leber:
- Metabolisierung im endoplasmatischen Retikulum
- durch Enzyminduktion gesteigerte Synthese von Porphyrinvorstufen → verstärkte Symptomatik einer akuten intermittierenden Porphyrie
Wechselwirkungen
Hexobarbital zeigt Wechselwirkungen mit Substanzen, die eine sedierende oder atemdepressive Wirkung haben, v.a. mit Alkohol. Der pharmakodynamische Agonismus führt zur Verstärkung zentral dämpfender und atemdepressiver Effekte. Darüber hinaus führt der Wirkstoff zu einem beschleunigten Abbau von anderen Arzneistoffen (z.B. Zytostatika und Antibiotika) durch Enzyminduktion mit entsprechender Wirkungsminderung.
Somatostatin verlängert und verstärkt die Wirkung von Hexobarbital.
Kontraindikation
- akute Porphyrie
- schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen
- schwere Myokardinsuffizienz/Schock
- akute Intoxikationen mit zentraldämpfenden Pharmaka/Alkohol
- Anämie, Septikämie, Krebserkrankungen, Ileus