Englisch: fracture of the proximal phalanx, P1 fracture
Als Fesselbeinfrakturen bezeichnet man verschiedene Frakturen des Fesselbeins (Phalanx proximalis) beim Pferd.
Fesselbeinfrakturen zählen zu den am häufigsten vorkommenden Frakturen beim Pferd. Aufgrund der großen Belastung der Vordergliedmaßen bei Sportpferden kommen Frakturen gehäuft an den vorderen Fesselbeinen vor.
Dabei finden sich bei Sportpferden (v.a. Vollblutpferden) insbesondere Sagittal- bzw. Längsfrakturen. Dorsale Längsfrakturen hingegen sind äußerst selten und meistens an den Hinterbeinen anzutreffen. Trümmerfrakturen betreffen hauptsächlich Sportpferde (Rennpferde sowie Westernpferde).
Neben Fissuren kann man verschiedene Arten von Fesselbeinfrakturen unterscheiden. Grundsätzlich differenziert man zwischen einer Trümmerfraktur ("comminuted") und einer Fraktur mit zwei Knochenfragmenten ("non-comminuted"). Zusätzlich unterscheidet man noch dorsale bzw. palmare/plantare osteochondrale Chip-Frakturen.
"Non-Comminuted"-Frakturen können anhand ihrer Frakturlinien in sechs Typen unterteilt werden:
Fraktur-Typ | Besonderheiten |
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Sagittalfraktur |
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dorsale Längsfraktur |
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distale Fraktur |
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Palmare/plantare Fesselbeinbasisfraktur |
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Epiphysenfraktur |
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Schräg- oder Querfraktur |
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Trümmerfrakturen können aus unterschiedlich vielen Knochenfragmenten bestehen. Man unterscheidet zwischen:
Fraktur-Typ | Besonderheiten |
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einfache Stückfrakturen |
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intakte Substantia compacta |
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keine intakte Substantia compacta |
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Ursachen einer Fesselbeinfraktur sind entweder unphysiologische Druck- und Zugverhältnisse am Knochen oder an den umliegenden Weichteilstrukturen (Sehnen und Bänder) sowie Stress- sowie Ermüdungsfrakturen.
Wird der Knochen während der Belastung in längsverlaufender Richtung komprimiert (axial verlaufende Kraft), während gleichzeitig eine von lateral nach medial verlaufende Rotation erfolgt (Torsionskraft), kommt es aufgrund der ungleichen Druck- und Zugverhältnissen zur Fraktur. Aufgrund dessen finden sich Fesselbeinfrakturen häufig bei Sportpferden sowie Westernpferden während der Höchstleistung (z.B. enge Wendung).
Das klinische Bild einer Fesselbeinfraktur hängt vom Fraktur-Typ und vom Grad der Dislokation ab. In den meisten Fällen sind betroffene Pferde akut lahm, haben ein vermehrt gefülltes Fesselgelenk sowie eine geschwollene Fesselregion.
Anamnese sowie klinische und orthopädische Untersuchung ergeben den Verdacht auf eine Fesselbeinfraktur. In diesem Fall darf keine diagnostische Anästhesie durchgeführt werden, da sonst die Gefahr einer verstärkten Dislokation entsteht. Die Diagnosesicherung erfolgt letztendlich mithilfe röntgenologischer Untersuchungen in mindestens vier Ebenen (dorsopalmar/plantarer-, lateromedialer-, dorsolatero-palmaro/plantaromedial-obliquer- und dorsomedial-palmaro/plantarolateral-obliquer-Strahlengang).
Die Wahl der geeigneten Therapie hängt von den Art der Fraktur ("non-comminuted" vs. "comminuted"), dem Verlauf und die Länge der Frakturlinien, dem Grad der Dislokation und dem Verwendungszweck des Pferdes (Sportpferd vs. Freizeitpferd) ab.
Bei "non-comminuted"-Frakturen unterscheidet man grundsätzlich zwischen folgenden Behandlungsmethoden:
Fraktur-Typ | Behandlungsmethode |
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Typ-1-Sagittalfraktur |
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Typ-2-Sagittalfraktur |
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Typ-3-Sagittalfraktur |
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dorale Längsfraktur |
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distale Fraktur |
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Epiphysenfraktur |
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Schräg- oder Querfraktur |
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Die Therapie von Trümmerfrakturen ist deutlich komplizierter und aufgrund der Komplikationsrate grundsätzlich nur für Pferde vorgesehen, die nach erfolgter Heilung als Zucht- oder Weidepferde gehalten werden. Eine Rückkehr in den Sport ist meist nicht mehr möglich. Die Therapie zielt daher darauf ab, die Integrität des Gelenks wieder herzustellen und die Fraktur zu stabilisieren.
Bei Trümmerfrakturen muss zwischen folgenden Behandlungsmethoden ausgewählt werden:
Tags: Fesselbein, Fesselgelenk, Fraktur, Trümmerfraktur
Fachgebiete: Chirurgie, Orthopädie, Veterinärmedizin
Diese Seite wurde zuletzt am 12. November 2020 um 19:01 Uhr bearbeitet.
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