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Ermüdungsfraktur

Synonym: Ermüdungsbruch
Englisch: fatigue fracture, overuse fracture

1. Definition

Eine Ermüdungsfraktur ist eine Form der nichttraumatischen Fraktur, die durch eine dauerhafte mechanische Überbeanspruchung eines primär gesunden Knochens ausgelöst wird.

2. Nomenklatur

Ermüdungsfrakturen werden zusammen mit Insuffizienzfrakturen als Stressfrakturen zusammengefasst. Häufig werden die Begriffe jedoch synonym verwendet.

3. Epidemiologie

Ermüdungsfrakturen treten gehäuft im Kinder- und Jugendalter sowie bei sportlich aktiven Menschen jenseits des 40. Lebensjahres auf. Zudem sind insbesondere junge aktive Frauen von einem Ermüdungsbruch betroffen.

4. Ätiopathogenese

Ermüdungsfrakturen entstehen, wenn kumulative Mikroschäden nicht mehr durch den normalen Knochenumbau kompensiert werden können. Dabei erhöhen extrinsische und intrinsische Faktoren das Risiko einer Ermüdungsfraktur:

  • extrinsisch: Art der sportlichen Aktivität, Ernährungsgewohnheiten, verwendete Ausrüstung, abrupter Wechsel der Trainingsintensität oder -methode
  • intrinsisch: anatomische Veränderungen (z.B. Fehlstellungen), endokrine Störungen (Vitamin D, Parathormon, Menstruationszyklus), Alter, Geschlecht, Gewicht

Bei Athleten wird der Zusammenhang u.a. zwischen Störungen des Essverhaltens, des Stoffwechsels, des Menstruationszyklus, des Immunsystems, der Knochendichte, der Proteinsynthese und der kardiovaskulären Gesundheit mit dem Begriff des "relativen Energiedefizits im Sport" (RED-S) beschrieben.

5. Klinik

Ermüdungsfrakturen verursachen oft nur geringe Symptome und machen sich lediglich durch einen lokalen Druckschmerz oder eine Weichteilschwellung bemerkbar, die mit reduzierter Belastbarkeit einhergehen kann.

6. Lokalisation

Mit 80-95 % sind die gewichtstragenden unteren Extremitäten am häufigsten betroffen. Die Prädilektionsstellen sind jedoch abhängig von der Art der Belastung (siehe Tabelle). Bei Jugendlichen können Ermüdungsfrakturen auch im Bereich der LWS und des Os sacrums auftreten.

Lokalisation Aktivitäten
Os hamatum (Hamulus) Golf, Tennis, Baseball
Ulna (Processus coronoideus, Olecranon) Wurfsportarten, Rollstuhlfahrer
Humerus (distale Diaphyse) Wurfsportarten, Gewichtheben
Femur (Femurhals, Femurschaft) Laufsport, Ballett, Gymnastik
Tibia Laufsport, Langlauf, Ballett, Basketball
Proximale Fibula Sprungsportarten
Distale Fibula Laufsport, Langlauf
Calcaneus Sprungsportarten
Os naviculare Laufsport, Langlauf
Metatarsalia Marschieren, Laufsport, Ballett, Basketball
Sesambeine der unteren Extremität Laufsport, Fehlbelastung (Hallux valgus)
Rippen Golf, Rudern, Gewichtheben
Lendenwirbelsäule (Spondylolyse) Gewichtheben, Rudern
Vorderer Beckenring, Os pubis Gymnastik, Leichtathletik

Lokalisationen mit eigener Bezeichnung sind:

7. Diagnostik

7.1. Konventionelles Röntgen

In der konventionellen Röntgenuntersuchung sieht man oft keine oder nur unspezifische Zeichen. In Diaphysen von langen Röhrenknochen zeigt sich typischerweise folgender Ablauf:

In Metaphysen der Röhrenknochen ist initial eher eine Unschärfe der Spongiosa und eine geringe Sklerose wahrnehmbar, gefolgt von einer sklerotischen Linie. Wenn die Fraktur bis zur Kortikalis reicht, finden sich auch periostale Reaktionen.

7.2. Magnetresonanztomographie

Eine frühzeitige Diagnose ist mittels Magnetresonanztomographie (MRT) möglich. Sie ist die sensitivste Untersuchungsmethode und ermöglicht die Abgrenzung von Differenzialdiagnosen (Tumore, Osteomyelitis):

7.3. Weitere Diagnostik

8. Therapie

Die Therapie von Ermüdungsfrakturen unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der Therapie anderer Frakturen. Sie ist in erster Linie abhängig von der Lokalisation und der Ausprägung der Fraktur. Erstmaßnahme ist die sofortige Entlastung und Ruhigstellung. Der betroffene Extremitätenabschnitt kann oft konservativ mit einer Orthese oder einem Gipsverband versorgt werden. Bei Frakturen der unteren Extremität ist eine zusätzlich Entlastung durch eine Unterarmgehstütze notwendig. Abrutschgefährdete Frakturen müssen operativ mittels Osteosynthese behandelt werden.

Begleitend sind Analgetika (NSAR) zur Schmerzbekäpfiung sinnvoll.

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