Enfuvirtid
Synonym: T-20
Handelsname: Fuzeon
Definition
Enfuvirtid ist ein selektiv gegen HIV-1 wirkendes Virostatikum aus der Gruppe der Fusionsinhibitoren.
Chemie
Enfuvirtid ist ein aus 36 Aminosäuren aufgebautes Peptid mit der Struktur:
Ac-Tyr-Thr-Ser-Leu-Ile-His-Ser-Leu-Ile-Glu-Glu-Ser-Gln-Asn-Gln-Gln-Glu-Lys-Asn-Glu-Gln-Glu-Leu-Leu-Glu-Leu-Asp-Lys-Trp-Ala-Ser-Leu-Trp-Asn-Trp-Phe-NH2
Indikationen
Enfuvirtid ist indiziert bei Patienten mit HIV-1-Infektion in Kombination mit anderen antiretroviralen Wirkstoffen
- bei mehrmaligem vorangegangenen Therapieversagen in mindestens drei Medikamentenklassen (Proteasehemmer, nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI), nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NRTI))
- oder Unverträglichkeiten auf Wirkstoffe dieser Klassen
Heutzutage (2020) wird Enfuvirtid wegen der Verfügbarkeit von Substanzen, die auch bei einer Vielzahl von Resistenzen noch wirksam sind (z.B. Integrasehemmer, neuere NNRTI), nur noch selten eingesetzt. Albuvirtid stellt im Prinzip eine Weiterentwicklung von Enfuvirtid dar.
Wirkmechanismus
Das HI-Virus bindet mit seinem Transmembranprotein gp120 an den CD4-Rezeptor der menschlichen T-Zelle. Dadurch wird eine Interaktion von gp120 mit Chemokinrezeptoren (CXCR4 und/oder CCR5) der Immunzelle ermöglicht. Dies führt zu einer Konformationsänderung von gp120 und einem weiteren viralen Protein, dem gp41. Letzteres besitzt zwei bestimmte Sequenzmotive, die sogenannten Heptadenmuster HR-1 und HR-2. Sie vermitteln die Fusion des Virus mit der Immunzelle. Dafür ist jedoch eine Stabilisierung der molekularen Struktur der HR-1-Region durch Anlagerung der HR-2-Region notwendig.
Enfuvirtid ähnelt in seiner molekularen Struktur einem Bereich der HR-2-Region, sodass es an HR-1 bindet und kompetitiv die Anlagerung der HR-2-Region hemmt.[1] Als sogenannter Fusionsinhibitor gehört der Wirkstoff somit zur Gruppe der Entry-Inhibitoren.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
An den Injektionsstellen treten fast immer lokale schmerzhafte Reaktionen auf (Erytheme, Knoten, Zysten, Ekchymosen, Pruritus). Behandlungsbedürftige Eosinophilien kommen bei 10 % der Patienten vor. Weitere Nebenwirkungen sind unter anderem:
- erhöhtes Risiko für Infektionen (z.B. Sinusitis, orale Candidose, Influenza)
- Lymphadenopathie
- Appetitverlust, Gewichtsabnahme, Anorexie
- Schlaflosigkeit, Depression und Angstzustände
- Kopfschmerzen, periphere Neuropathie, Schwindel
- Konjunktivitis
- Pneumonie, Husten
- Verstopfung, Oberbauchschmerzen, Pankreatitis
- Myalgien, Gelenk-, Rücken-, Gliederschmerzen, Muskelkrämpfe
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeitsreaktionen
- Schwangerschaft: Keine vorliegenden Daten, daher erfolgt die Anwendung nur nach strenger Indikationsstellung
- Stillzeit: Auf Grund des Risikos einer HIV-Übertragung und möglicher Nebenwirkungen sollten Mütter während der Therapie nicht stillen
Pharmakokinetik
Enfuvirtid ist nicht oral bioverfügbar und muss subkutan verabreicht werden. Die Plasmahalbwertszeit beträgt ungefähr vier Stunden.
Quellen
- ↑ Wild C et al. A synthetic peptide from HIV-1 gp41 is a potent inhibitor of virus-mediated cell-cell fusion, AIDS Res Hum Retroviruses. 1993 Nov;9(11):1051-3, abgerufen am 21.08.2019