Erythrozytensedimentationsrate
Synonyme: Blutsenkung, Blutsenkungsgeschwindigkeit, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit, ESR, BSG, BKS, BSR
Englisch: sedimentation rate, sed rate
Definition
Die Erythrozytensedimentationsrate, kurz ESR, ist ein häufig verwendeter Suchtest bei Verdacht auf entzündliche Erkrankungen, der relativ unspezifisch ist. Die ESR kann auch Hinweise bei der Verlaufsbeurteilung von entzündlichen Erkrankungen geben.
Eine andere, häufig verwendete Bezeichnung für die ESR ist der Begriff "Blutsenkungsgeschwindigkeit", kurz BSG.
Hintergrund
Die ESR wird vor allem durch die Zusammensetzung der Plasmaproteine beeinflusst. Die negative Ladung der Erythrozyten führt dazu, dass diese sich gegenseitig abstoßen und die Sedimentierung nur langsam abläuft. Plasmaproteine, welche die negative Ladung der Erythrozyten teilweise aufheben (Verminderung des Zeta-Potentials), führen zu schnelleren Agglomeration der Erythrozyten und damit zu einem schnelleren Absinken der Blutzellen. Diese Proteine werden daher auch als Agglomerine zusammengefasst. Dazu zählen vor allem Akute-Phase-Proteine (z.B. Fibrinogen), die bei Entzündungsreaktionen freigesetzt werden. Das negativ geladene Albumin vermindert die ESR.
Methode
Die Erythrozytensedimentationsrate kann nach Westergren bestimmt werden. Dabei werden 0,4 ml einer 3,8%igen Natriumcitratlösung mit 1,6 ml venösem Blut gemischt. In der Regel wird dazu das Blut direkt in spezielle Gefäße (z.B. Monovetten®) abgenommen, die bereits die Citratlösung enthalten. Man erhält dadurch so genanntes Citratblut.
Anschließend wird das Blut in eine senkrecht stehende Pipette von 200 mm Höhe mit Millimetergraduierung gefüllt. Nach 1 Stunde wird die Absenkung der roten Erythrozytensäule in mm abgelesen. Der 2-Stunden-Wert gibt in der Regel keine wesentliche zusätzliche Information. Die Ablesung kann visuell oder durch Automaten erfolgen.
Da die klassische Citrat-Methode zeitkritisch ist, wird in der Laboratoriumsmedizin auch EDTA-Blut für die ESR verwendet. In der Kinderheilkunde erfolgt die Kontrolle häufig in Kapillarröhrchen als so genannte Mikrosenkung.
Referenzbereich
Maximaler physiologischer Wert nach 1 Stunde:
Menschen unter 50. Lebensjahr
- Männer: 3 bis 15 mm (nach manchen Quellen auch 10 mm)
- Frauen: 6 bis 20 mm
Menschen über 50. Lebensjahr
- Männer: 3 bis 20 mm
- Frauen: 6 bis 30 mm
Eine extrem erhöhte ESR bezeichnet man als Sturzsenkung.
Aussagefähigkeit
Der Test ist sensitiv, gibt aber keinen Hinweis auf die zugrunde liegenden Ursachen der ESR-Erhöhung. Der Wert korreliert in gewissen Grenzen mit der Aktivität der Entzündung. Bei alten Menschen, sowie bei Frauen prämenstruell und während der Schwangerschaft kann er physiologischerweise erhöht sein. Der Wert wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Dazu gehört z.B. eine veränderte Körpertemperatur oder die Einnahme von Medikamenten (z.B. Isotretinoin oder Ovulationshemmer). Der Wert kann bei einer Vielzahl von Erkrankungen verändert sein.
Interpretation
Erhöhte ESR
- akute oder chronische Entzündungen
- Dyslipoproteinämien
- Maligne Tumoren (insbesondere mit Metastasenbildung)
- Hämatologische Erkrankungen (Leukämien, Hämolysen, Anämien)
- Myokardinfarkt
- iatrogen nach Infusion von Dextranlösungen oder Einnahme von Medikamenten
Erniedrigte ESR
- Polyglobulie
- Sichelzellanämie
- Einnahme von Antiphlogistika
Hinweis
Das C-reaktive Protein (CRP) ist von der diagnostischen Wertigkeit mit der ESR vergleichbar, hat aber folgende Vorteile:
- keine Beeinflussung durch erythrozytäre Faktoren
- schnellerer Abfall nach Abklingen einer Entzündung
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 09.02.2021