Methotrexat
Handelsnamen: Bendatrexat®, Lantarel®, Metex®, Neotrexat®, zahlreiche Generika
Synonym: MTX
Englisch: Methotrexate
Definition
Methotrexat ist ein Arzneistoff aus der Klasse der Folsäure-Antagonisten, der als Zytostatikum und Immunsuppressivum eingesetzt wird.
Chemie
Methotrexat hat die Summenformel C20H22N8O5 und eine molare Masse von 454,44 g/mol.
Wirkmechanismus
Methotrexat hemmt als Folsäureantagonist kompetitiv und reversibel das Enzym Dihydrofolatreduktase (DHFR). MTX weist eine hohe strukturelle Ähnlichkeit zur Folsäure auf, trägt jedoch eine 4-NH2-Gruppe statt einer 4-OH-Gruppe. Nach Anlagerung an das Enzym Dihydrofolsäure-Reduktase fungiert MTX als falsches Substrat - die Umwandlung von Dihydrofolsäure in Tetrahydrofolsäure wird gehemmt.
Im Organismus wird Tetrahydrofolsäure zur Bildung von Purinen und Thymidinen und schließlich zur De-novo-Synthese von DNA und RNA benötigt. Methotrexat hemmt darüber hinaus noch weitere Enzyme, wie beispielsweise die Thymidilat-Synthase, die Stoffwechselschritte der Pyrimidin-Synthese katalysiert.
Indikationen
Methotrexat wird als Arzneimittel dazu genutzt, die Proliferation von Zellen zu hemmen. Es wird in dieser Eigenschaft in sehr verschiedenen Indikationen verwendet.
...als Immunsuppressivum
In niedrigen Dosen findet MTX Anwendung als Immunsuppressivum. So gilt es als Goldstandard in der Basistherapie der Rheumatoiden Arthritis (RA) und zählt hier zu den sogenannten DMARDs. Weitere Autoimmunerkrankungen, bei denen MTX eingesetzt wird, sind:
- Systemischer Lupus Erythematodes (SLE)
- Systemische Sklerose (Sklerodermie)
- Polymyositis und Dermatomyositis
- Psoriasis
- Multiple Sklerose
- Uveitis
- Morbus Crohn
- Colitis ulcerosa (bei Azathioprin-Unverträglichkeit)
- Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)
- Morbus Boeck
- Rezidivierende Polychondritis
- Polymyalgia rheumatica
- Riesenzellarteriitis
- Vaskulitis
- Morbus Still
- Morbus Bechterew
...als Zytostatikum
In höheren Dosen wird MTX als Zytostatikum im Rahmen einer Chemotherapie verwendet, z.B. zur Behandlung folgender maligner Tumoren:
- Akute lymphatische Leukämie (ALL)
- Urothelkarzinom
- Mammakarzinom
- Medulloblastom, Ependymom
- Non-Hodgkin-Lymphom
- Osteosarkom
- u.v.a.
Die Anwendung von MTX in der Chemotherapie erfolgt meist in Kombination mit anderen Wirkstoffen nach bestimmten Therapieprotokollen. Beispiele sind das MVAC- oder das EMACO-Schema.
Darüber hinaus wird Methotrexat auch zum Schwangerschaftsabbruch verwendet, zum Beispiel bei einer Eileiterschwangerschaft.[1]
Darreichungsformen
Methotrexat ist in Form von Tabletten für die perorale Gabe verfügbar sowie als Injektionslösung zur subkutanen, intramuskulären, intravenösen, intraarteriellen, intrathekalen oder intravitrealen Injektion.
Dosierung
Die Dosierung von Methotrexat ist abhängig von der jeweiligen Indikation. Bei der Low-Dose-Therapie werden zum Beispiel in der Regel 7,5 bis 25 mg MTX pro Woche verabreicht. Höhere Dosierungen im Rahmen der Chemotherapie basieren meist auf der Körperoberfläche des Patienten.
Um die Verträglichkeit zu verbessern, kann am Tag nach der MTX-Einnahme 5 mg Folsäure verordnet werden; bei unzureichender Wirksamkeit kann die Dosis auf 10 mg erhöht werden.[2]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
- Allgemeinsymptome, z.B. Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Müdigkeit
- Hepatotoxisch: Transaminasenanstieg
- Kardiotoxisch
- Nephrotoxisch
- Embryotoxisch: Kann Spontanaborte auslösen
- Myelosuppression: Leukopenie, Thrombozytopenie, Agranulozytose[3][4]
- Gastrointestinale Beschwerden: Die Epithelzellen des Magen-Darm-Trakts sind äußerst anfällig für Methotrexat. Sie werden bereits bei der Hälfte der Dosis gehemmt, die benötigt wird, um eine Hemmung der DNA-Synthese im Knochenmark zu erwirken. Es treten Mukositis, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe auf.
Eine Stomatitis tritt dosisunabhängig auf und ist meist der erste Hinweis auf eine beginnende Myelodepression. Gleichzeitig kann es zu einer Reaktivierung von oralen Herpes simplex Typ 1 (HSV-1) kommen.
- Osteopathien: atraumatische Stressfrakturen parallel zur ehemaligen Wachstumsfuge im Bereich der unteren Extremität, Osteoporose, immobilisierende Schmerzen
Methotrexat wird hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. Solange die renale Elimination nicht beeinträchtigt ist, bilden sich Mukositis und Myelosupression in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Therapiebeginn wieder zurück. Bei einer Hochdosistherapie wird die Wirkung von MTX mit Folsäure antagonisiert, um die unerwünschten Wirkungen zu reduzieren.
Aufgrund des Nebenwirkungsspektrums und zur Vermeidung von versehentlichen Überdosierungen empfiehlt die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), dass Methotrexat nur von Ärzten verordnet wird, die Erfahrungen mit der Verwendung dieses Wirkstoffs haben.[5]
Antidot
Ein als Antidot für Methotrexat genutztes Arzneimittel ist das Enzym Glucarpidase, das Methotrexat spaltet und somit inaktiviert.
Weiterhin muss Leucovorin (Folinsäure) gegeben werden, um den Pool an bioaktiver Tetrahydrofolsäure wieder aufzufüllen. Es wird auch zur Minderung der Toxizität bzw. Nebenwirkungen von Methotrexat in der High-Dose-Therapie eingesetzt (Leucovorin-Rescue).
Kontraindikationen
- Niereninsuffizienz
- Schwangerschaft
- Stillzeit
- Immunschwäche
- Anstieg der Transaminasen (relative KI)
- latente oder offene Tuberkulose
Pharmakoökonomie
Quellen
- ↑ Egarter et al. Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin e. V. - Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch, Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology, 2004
- ↑ Krüger K. Muss bei einer MTX-Therapie Folsäure/Folinsäure substituiert werden? Wenn ja, wie viel? Zeitschrift für Rheumatologie 2023
- ↑ Hosseini E, Shahbazi F. Methotrexate-induced Severe Pancytopenia in a Patient with Rheumatoid Arthritis: A Case Report and Review of Literature. Curr Drug Saf. 2024
- ↑ Suárez EU, Valencia-Maturana JC. Pancytopenia and Stomatitis in Two Older Adults. Am J Med. 2023
- ↑ PRAC Empfehlung, 12.07.2019, abgerufen am 18.07.2019
- ↑ Wolf-Dieter Ludwig, Bernd Mühlbauer, Roland Seifert (2023): Arzneiverordnungs-Report 2022, Springer-Verlag GmbH, Berlin