Transthyretin-Amyloidose mit Polyneuropathie
Synonyme: familiäre Amyloid-Polyneuropathie vom Transthyretin-Typ, TTR-FAP, ATTR-Polyneuropathie, familiäre Amyloidpolyneuropathie, FAP
Englisch: familial amyloid polyneuropathy
Definition
Die Transthyretin-Amyloidose mit Polyneuropathie, kurz ATTR-PN, ist eine klinische Verlaufsform der hereditären ATTR-Amyloidose (ATTRm), bei welcher der Befall des Nervensystems im Vordergrund steht.
Nomenklatur
Die ATTR-PN ist keine eigenständige Erkrankung, sondern beschreibt einen klinischen Verlauf der hereditären ATTR-Amyloidose. Steht stattdessen die Kardiomyopathie im Vordergrund, wird dies als „ATTR-CM“ beschrieben. Die früher verwendete Bezeichnung „familiäre Amyloidpolyneuropathie“ ist obsolet.
Ätiologie
Bei der Erkrankung liegen verschiedene Mutationen, häufig eine V30M-Mutation, im TTR-Gen auf Genlokus 18q12.1 vor. Sie führen zu abnorm gefalteten Transthyretin-Varianten. Die Proteine lagern sich als Amyloid im Nervengewebe ab und lösen dort im Laufe der Zeit Funktionsstörungen aus. Der Erbgang der Erkrankung ist autosomal-dominant. Bisher sind über 140 Mutationen im TTR-Gen beschrieben.
Epidemiologie
Die Erkrankung ist selten. Genaue epidemiologische Daten zur Prävalenz fehlen bisher (2025). Es wird geschätzt, dass weltweit über 10.000 Menschen von einer hereditären ATTR-Amyloidose betroffen sind. Ein gehäuftes Auftreten kommt in einzelnen Regionen Europas vor, u.a. in Nordportugal und Nordschweden. In der Regel manifestiert sich die Erkrankung zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr.
Symptome
Die ATTR-PN manifestiert sich durch zunehmende, von der unteren Extremität her aufsteigende neurologische Störungen, die sowohl die Motorik als auch die Sensibilität und das autonome Nervensystem betreffen. Mögliche Symptome sind:
- Parästhesien und Hypästhesien (initial distal und symmetrisch, meist im Bereich der Füße)
- Lähmungen und Atrophien der Muskulatur
- neuropathische Schmerzen
- Autonome Störungen der Magen-Darm-Motorik, Inkontinenz, sexuelle Dysfunktion und orthostatische Hypotonie
Im Spätstadium kommt es zum Malum perforans und zu neuropathischen Gelenkdeformierungen. Da die Ablagerung des Amlyoids nicht auf das Nervensystem beschränkt ist, können zusätzlich kardiale und renale Symptome hinzutreten.
Diagnostik
Die Diagnose wird durch Biopsie des Nervengewebes mit Nachweis von Amyloid-Ablagerungen in der Kongorot-Färbung, sowie durch molekulargenetische Untersuchung mit Nachweis der Genmutation gesichert. In der Neurographie zeigt sich typischerweise ein axonaler Schaden.
Therapie
Die Therapie ist primär symptomatisch. Die Amyloidbildung kann medikamentös durch die Gabe des TTR-Stabilisators Tafamidis reduziert werden, indem die Transthyretin-Tetramere stabilisiert werden. Durch Patisiran, Vutrisiran (siRNAs) und Inotersen bzw. Eplontersen (Antisense-Oligonukleotide) kann zudem die TTR-Produktion supprimiert werden.
siehe auch: Hereditäre ATTR-Amyloidose