Patisiran
Handelsname: Onpattro®
Definition
Patisiran ist ein Arzneistoff aus der Klasse der siRNA zur Behandlung der hereditären ATTR-Amyloidose (ATTRm).
Wirkmechanismus
Der Wirkstoff ist eine doppelsträngige, kleine interferierende Ribonukleinsäure (siRNA), die spezifisch auf eine genetisch konservierte Sequenz in der 3’-untranslatierten Region der mRNA von mutiertem und Wildtyp-Transthyretin (TTR) abzielt. Patisiran entfaltet seine Wirkung in den Hepatozyten nach dem Prinzip der RNA-Interferenz. Es führt zu einer vorübergehenden Stilllegung der für die TTR-Produktion verantwortlichen Gene (Gene silencing), indem es den Abbau der TTR-mRNA in den Leberzellen katalysiert. Die Serumspiegel von mutiertem und Widtyp-Transthyretin sinken, was das weitere Fortschreiten der Amyloidose verlangsamt.
Indikation
- Behandlung der hereditären Transthyretin-Amyloidose (ATTRm-Amyloidose) bei erwachsenen Patienten mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2
Darreichungsform
Patisiran liegt als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung vor. Der Wirkstoff ist in Form von Lipid-Nanopartikeln zubereitet, um die siRNA in die Hepatozyten zu befördern.
Dosierung
Anwendungshinweise
Die Infusion muss über ein Infusionsset erfolgen, das einen 1,2-μm-Inline-Infusionsfilter aus Polyethersulfon (PES) enthält. Die verwendeten Sets und Leitungen dürfen kein Diethylhexylphthalat (DEHP) enthalten. Die verdünnte Patisiran-Lösung muss intravenös über etwa 80 Minuten infundiert werden. Während der ersten 15 Minuten soll die Infusionsrate etwa 1 ml/min betragen. Anschließend wird die Infusionsrate für den Rest der Infusion auf etwa 3 ml/min erhöht.
Nebenwirkungen
Folgende Nebenwirkungen traten häufig (≥ 1/100, < 1/10) oder sehr häufig (≥ 1/10) auf:
- Infektionen: Bronchitis, Sinusitis, Rhinitis
- Immunsystem: Infusionsbedingte Reaktion
- Gleichgewichtsorgan: Vertigo
- Atemwege: Dyspnoe
- Gastrointestinaltrakt: Dyspepsie
- Haut: Erythem
- Bewegungsapparat: Arthralgie, Muskelspasmen
- Periphere Ödeme
Um das Risiko infusionsbedingter Reaktionen zu senken, ist die Prämedikation mit einem Glukokortikoid notwendig.
Wechselwirkungen
Patisiran ist kein Inhibitor oder Induktor des Cytochrom-P450-Enzymsystems. Wechselwirkungen mit Arzneistoffen, die über CYP450 abgebaut werden, sind daher nicht zu erwarten.
Zulassung
Patisiran wurde 2018 durch die FDA[1] und die EMA[2] zugelassen. Hersteller ist Alnylam Pharmaceuticals.
Nutzenbewertung
Patisiran ist als Orphan Drug zugelassen. Gemäß § 35a Abs. 1 Satz 11 SGB V gilt der Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt. 2019 attestierte der G-BA dem Arzneimittel einen beträchtlichen Zusatznutzen in der zugelassenen Indikation.[3]
Nach einer neueren Einschätzung (2024) sieht das IQWiG bei Patisiran den Anhaltspunkt für ein geringeren Nutzen gegenüber einer Behandlung mit Tafamidis (nur bei hATTRAmyloidose mit Polyneuropathie Stadium 1) oder Vutrisiran.[4]
Kosten
Die Jahrestherapiekosten für eine Behandlung mit Patisiran liegen zwischen 344.018 € und 515.495 €.[5]
Quellen
- ↑ Hoy SM. Patisiran: First Global Approval. Drugs. 2018
- ↑ Onpattro. EMA, abgerufen am 23.05.2024
- ↑ Beschluss des G-BA über die Änderung der Arzneimittelrichtlinie (AM-RL): Anlage XII – Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach §35a SGB V - Patisiran, abgerufen am 23.5.2024
- ↑ Patisiran, IQWiGA23-118, abgerufen am 23.05.2024
- ↑ IQWiG-Berichte – Nr. 691: Patisiran (hereditäre Transthyretin-Amyloidose mit Polyneuropathie) – Bewertung gemäß § 35a Abs. 1 Satz 11 SGB V 18.12.2018, abgerufen am 21.2.2019
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