Axonale Schädigung
Definition
Unter einer axonalen Schädigung versteht man die strukturelle und/oder funktionelle Beeinträchtigung ableitender Nervenzellfortsätze (Axone) im zentralen oder peripheren Nervensystem. Sie kann durch mechanische, ischämische, toxische oder entzündliche Einwirkungen entstehen und ist ein zentraler pathophysiologischer Prozess bei zahlreichen neurologischen Erkrankungen.
Abgrenzung
Von der axonalen Schädigung ist die Demyelinisierung abzugrenzen, bei der primär die Myelinscheide betroffen ist. Beide Prozesse treten jedoch oft kombiniert auf.
Ätiologie
- Traumatisch: z.B. diffuse axonale Schädigung (DAI) nach Schädel-Hirn-Trauma durch Scherkräfte
- Ischämisch/metabolisch: Hypoxie, Schlaganfall, Diabetes mellitus
- Entzündlich/autoimmun: Multiple Sklerose, Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen
- Neurodegenerativ: z. B. Morbus Alzheimer, Amyotrophe Lateralsklerose
- Toxisch: Alkohol, Schwermetalle, Chemotherapeutika
Pathophysiologie
Die Schädigung der Axone kann durch direkte mechanische Zerreißung, Störung der axonalen Transportmechanismen oder sekundär durch Entzündung und Demyelinisierung erfolgen. Ein typisches histologisches Korrelat sind axonale Sphäroide (Anhäufungen von Organellen proximal der Läsion).
Klinik
Die Symptome hängen von Ausmaß und Lokalisation der Schädigung ab. Häufig treten auf:
- Sensibilitätsstörungen
- Paresen
- Neurokognitive Defizite (bei zentraler Schädigung)
- Polyneuropathische Beschwerden (bei peripherer Schädigung)
Diagnostik
- Bildgebung: MRT (insbesondere bei DAI)
- Neurophysiologie: Elektroneurographie, EMG
- Liquor- und Biomarkeruntersuchungen: v. a. bei entzündlichen Ursachen
Prognose
Axonale Schädigungen sind in der Regel schlechter regenerierbar als reine Demyelinisierungen. Während periphere Nerven eine begrenzte Regeneration zeigen, ist die Erholung im ZNS meist unvollständig.