Sialocele (Hund)
Synonyme: Speichelzyste, Speicheldrüsenzyste
Englisch: sialocele
Definition
Als Sialocele bezeichnet man eine speichelgefüllte Zyste beim Hund.
Vorkommen
Beim Hund kommen vor allem Extravasationszysten mit Speichelaustritt aus dem Gangsystem in das umgebende Bindegewebe vor. Im Gegensatz dazu findet man nur selten Retentionszysten mit Aufweitung des Gangsystems. Liegt eine submuköse Zyste des Mundbodens im Bereich des Ausführungsgangs der Glandula sublingualis monostomatica oder der Glandula mandibularis vor, spricht man auch von einer sublingualen Zyste bzw. Ranula (Fröschlein).
Bildet sich eine subkutan im Kehlgang oder seitlich im Halsbereich liegende Zyste, wird diese als zervikale Zyste oder Meliceris (Honigzyste) bezeichnet. Sialocelen in der nahen Umgebung zum Pharynx werden in der Literatur oftmals als pharyngeale Zysten angesprochen. Bei letzteren ist meist die Glandula sublingualis monostomatica mit ihrem Ausführungsgang involviert. Zysten im Bereich der Glandula parotidea und Glandula zygomatica hingegen kommen nur äußerst selten vor.
Ätiologie
Sialocelen enstehen meist infolge von Verletzungen oder Defekten des Gangsystems von Speicheldrüsen. Bei Extravasationszysten kommt es zum Austritt von Speichel in das umliegende Bindegewebe, welches dann gereizt wird. Es bildet sich eine Pseudozyste mit einer Wand aus Granulationsgewebe ohne epitheliale Auskleidung aus. Retentionszysten hingegen entstehen als echte Zysten nach Weitung des Ausführungsganges einer Speicheldrüse, sodass das Gangepithel zum Zystenepithel wird.
Äußere Verletzungen (z.B. Fremdkörper) können ebenso zu einer Sialocele führen wie auch interne Gangdefekte. Die Obstruktion des Speichelganges durch einen Speichelstein (Sialolithiasis) führt im proximalen Abschnitt ebenfalls zur Ausbildung einer Sialocele.
Klinik
Klinisch stehen vor allem funktionelle Beeinträchtigungen infolge des raumfordernden Zystenwachstums im Vordergrund. Ranula behindern meist die Zungenmotilität, wobei durch das Anheben der Zungen der Reiz zu Hypersalivation führt. Groß ausgebildete Ranula behindern die Futteraufnahme, das Kauen und das Abschlucken des Futters. Eine Meliceris führt zu Dysphagie und oftmals auch zur Einengung der oberen Atemwege.
Durch den Austritt von gewebereizendem Speichel in das umliegende Gewebe kommt es aufgrund entzündlicher Prozesse schon früh in der Entstehungsphase zu teils erheblichen Schmerzen.
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnose kommen alle Erkrankungen mit einer Umfangsvermehrung in Frage, z.B. Ödem, Abszess, Hämatom, Granulation nach Fremdkörper oder Neoplasie.
Diagnose
Neben einer allgemeinen Untersuchung ist vor allem das klinische Bild hinweisend. Aufgrund der Nähe der Schwellung zum jeweiligen Drüsenausführungsgang kann eine erste Verdachtsdiagnose gestellt werden.
Außer in akuten Entzündungsphasen ist die Zyste selbst schmerzfrei palpierbar und präsentiert sich meist als pralle oder flutkuierende Umfangsvermehrung. Aufgrund der teils großen Ausdehnung ist eine Seitenzuordnung - vor allem bei zervikalen Zysten - meist nur bedingt möglich. In Rückenlage können die Zysten aufgrund der Schwerkraft leichter einer Seite zugeordnet werden. Kann die Seiten- bzw. Drüsenzuordnung nicht mit Sicherheit durchgeführt werden, ist eine Kontrastdarstellung des Drüsenausführungsganges inkl. der Zyste und der involvierten Drüse indiziert (Sialographie).
Alternativ können die betroffenen Areale ultraschallgestützt untersucht und anschließend punktiert werden. Bei der Punktion der Zysten erweist sich das Aspirat als fadenziehende, gelbliche Flüssigkeit.
Therapie
Über eine Marsupialisation des Ausführungsganges wird bei einer Ranula ein breiter Abfluss für das Drüsensekret geschaffen, der einer Rezidivierung vorbeugen soll. Bei wiederkehrendem Auftreten muss neben der Marsupialisation gleichzeitig die Exstirpation der betreffenden Drüsen vorgenommen werden.
Sowohl bei sublingualen als auch bei zervikalen Zysten muss bei der Exstirpation der Glandula sublingualis monostomatica auch immer die Glandula mandibularis mit entfernt werden, da eine Abgrenzung der beiden Gangsysteme nicht möglich ist. Bei zervikalen sowie pharyngealen Sialocelen muss eine Spaltung der Zysten und Exstirpation der Drüsen durchgeführt werden. Je nach betroffener Speicheldrüse ist ein lateraler[1] oder ventraler Zugang vorzunehmen.[2]
Untersuchungen zufolge zeigt auch die Radiotherapie - insbesondere bei hartnäckigen und wiederkehrenden Sialocelen - gute Erfolgsaussichten.[3]
Prognose
Die Prognose ist insbesondere bei einer Kombination von Marsupialisation und Exstirpation der betroffenen Drüse gut, da die Rezidivgefahr auf ein Minimum reduziert wird.
Literatur
- Hans G. Niemand (Begründer), Peter F. Suter, Barbara Kohn, Günter Schwarz (Herausgeber). Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke-Verlag, 2012.
Quellen
- ↑ Kaiser S. et al. Complications and prognosis of cervical sialoceles in the dog using the lateral surgical approach. Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere. 2016 Oct 12;44(5):323-331. Epub 2016 Aug 16. (abgerufen am 30.11.2019)
- ↑ Ritter MJ et al. Mandibular and sublingual sialocoeles in the dog: a retrospective evaluation of 41 cases, using the ventral approach for treatment. N Z Vet J. 2006 Dec;54(6):333-7. (abgerufen am 30.11.2019)
- ↑ V.J. Poirier et al. Efficacy of Radiation Therapy for the Treatment of Sialocele in Dogs J Vet Intern Med. 2018 Jan-Feb; 32(1): 107–110. Published online 2017 Nov 13. (abgerufen am 30.11.2019)
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