Rocky-Mountain-Fleckfieber (Hund)
Synonyme: Canines Rocky-Mountain-Fleckfieber, Rickettsiose des Hundes
Englisch: Rocky Mountain spotted fever
Definition
Das Rocky-Mountain-Fleckfieber des Hundes ist eine akute, potenziell lebensbedrohliche Rickettsiose, die durch Rickettsia rickettsii verursacht wird. Die Erkrankung beruht auf einer generalisierten Vaskulitis infolge des Befalls von Endothelzellen und inkludiert eine Multiorganbeteiligung. Sie zählt zu den bedeutendsten zeckenübertragenen Infektionen bei Hunden in Amerika.
Epidemiologie
Das Rocky-Mountain-Fleckfieber kommt auf dem gesamten amerikanischen Kontinent vor, wobei endemische Regionen in den südlichen und östlichen Vereinigten Staaten am stärksten betroffen sind. Saisonale Häufungen treten im späten Frühling und im Sommer auf, wenn Zecken am aktivsten sind. Hunde mit hoher Exposition gegenüber Zecken – etwa Tiere, die im Freien leben, jagen oder in endemischen Gebieten reisen – haben ein deutlich gesteigertes Infektionsrisiko. Im Gegensatz zu vielen anderen Rickettsiosen können auch immunkompetente Hunde schwer erkranken.
Ätiologie
Der Erreger Rickettsia rickettsii ist ein obligat intrazelluläres, gramnegatives Bakterium, das ausschließlich in endothelialen Zellen überlebt und sich dort vermehrt. Die Übertragung erfolgt durch den Stich verschiedener Zeckenarten, insbesondere Dermacentor variabilis, Dermacentor andersoni und in wärmeren Regionen auch Rhipicephalus sanguineus. Die Erreger gelangen über den Zeckenspeichel in das Gewebe des Hundes, wo sie rasch die Gefäße befallen und systemisch disseminieren. Eine direkte Übertragung von Tier zu Tier findet nicht statt.
Pathogenese
Nach der Übertragung infiziert Rickettsia rickettsii bevorzugt das Gefäßendothel. Die dortige intrazelluläre Vermehrung führt zu Zellschädigung, Nekrose und einer ausgeprägten Vaskulitis. Die Gefäßwände werden durchlässig, wodurch Ödeme, Blutungen und Perfusionsstörungen entstehen. Da Endothelzellen in nahezu allen Geweben vorkommen, können zahlreiche Organe betroffen sein. Besonders empfindlich reagieren das ZNS, das Herz, die Lunge, die Niere sowie die Haut. Die Schwere des klinischen Verlaufes hängt eng mit dem Ausmaß der Gefäßschädigung und der Geschwindigkeit des Krankheitsbeginns zusammen.
Klinik
Der Krankheitsverlauf beginnt häufig abrupt mit hohem Fieber, ausgeprägter Lethargie und einer deutlichen Anorexie. Viele Hunde zeigen schmerzhafte Bewegungen, Myalgien und eine generalisierte Lymphadenopathie. Zusätzlich können Ödeme im Gesichtsbereich, an den Gliedmaßen oder im Skrotum entstehen.
Charakteristisch ist das Auftreten von petechialen oder ekchymotischen Blutungen an Schleimhäuten und Haut als Ausdruck der systemischen Vaskulitis und Thrombozytopenie. In schweren Fällen kommt es zur disseminierten intravasalen Gerinnung.
Je nach Organbeteiligung treten weiterer Symptome auf. Bei ZNS-Befall entwickeln Hunde Ataxien, Paresen, Verhaltensänderungen oder Krampfanfälle. Die Augen können durch Uveitis, Netzhautblutungen und Sehstörungen betroffen sein. Pulmonale Manifestationen äußern sich durch Dyspnoe oder Husten, während gastrointestinale Beschwerden wie Erbrechen und Diarrhö ebenfalls häufig beobachtet werden. Durch die systemische Entzündung und Minderperfusion der Nieren kann eine Niereninsuffizienz entstehen.
Diagnostik
Die Diagnose ergibt sich aus typischen klinischen Befunden in Kombination mit Labordiagnostik und einer eindeutigen Expositionsanamnese. Häufig fällt eine ausgeprägte Thrombozytopenie auf, die als eines der markantesten Laborzeichen gilt. Zusätzlich können Veränderungen im Blutbild (z.B. eine Anämie), Hypoalbuminämie und erhöhte Leberenzyme auftreten. Serologische Verfahren wie die indirekte Immunfluoreszenz (IFA) dienen zum Nachweis spezifischer Antikörper. Ein signifikanter Titeranstieg in Paarseren bestätigt die Diagnose. Die PCR ermöglicht den direkten Erregernachweis aus EDTA-Blut oder Gewebe und liefert besonders in der Frühphase zuverlässige Ergebnisse, kann aber nach Beginn einer Therapie falsch-negative Ergebnisse liefern. Bei Organbeteiligung kann eine Bildgebung (z.B. Röntgen-Thorax) weitere Hinweise liefern.
Therapie
Die Behandlung des Rocky-Mountain-Fleckfiebers stützt sich vorrangig auf Doxycyclin, das über mindestens 14 — 21 Tage verabreicht wird. Die Heilungsrate ist bei rechtzeitigem Therapiebeginn hoch. Viele Hunde zeigen innerhalb weniger Tage eine deutliche Besserung, was ein typisches therapeutisches Kennzeichen der Erkrankung ist. Bei schweren Verläufen ist eine stationäre Betreuung mit Flüssigkeitssubstitution, Sauerstoffgabe, Analgesie und andere symptomatischer Therapie erforderlich. Der Einsatz von Glukokortikoiden zur Behandlung einer schweren Vaskulitits wird kontrovers diskutiert.
Prognose
Die Prognose ist stark abhängig vom Zeitpunkt der Diagnosestellung. Wird das Tier früh im Krankheitsverlauf behandelt, ist die Prognose überwiegend günstig. Eine verzögerte Therapie kann jedoch zu bleibenden Spätfolgen wie neurologischen Defiziten oder chronischer Nierenfunktionsstörung führen. Hunde, die unbehandelt bleiben, können an Multiorganversagen sterben. Die Mortalität wird auf etwa 5 % geschätzt.
Prävention
Die wichtigste präventive Maßnahme besteht in einer konsequenten Zeckenprophylaxe. Dazu gehören moderne akarizide Präparate, regelmäßige Fellkontrolle sowie die Meidung zeckenreicher Gebiete während der Hauptaktivitätszeiten. Eine Impfung gegen Rickettsia rickettsii existiert derzeit (2025) nicht. Hunde selbst sind keine direkte Infektionsquelle für den Menschen, können jedoch infizierte Zecken ins häusliche Umfeld eintragen, wodurch das Risiko für den Menschen indirekt steigt.
siehe auch: Rocky-Mountain-Fleckfieber (Humanmedizin)
Literatur
- Nelson R., Guillermo Couto C.: Systemische Rickettsiosen. In Steffen T (Hrsg).: Innere Medizin der Kleintiere. München, Urban & Fischer, 2023.