Pupillotonie
Synonyme: tonische Pupille, Adie-Pupille, Syndrom der tonischen Pupille
Englisch: pupillotonia, tonic pupil, Adie's pupil
Definition
Der Begriff Pupillotonie bezeichnet eine Störung der Pupillenmotorik, die sich durch eine verlangsamte oder aufgehobene Lichtreaktion bei erhaltener Konvergenzreaktion mit langsamer, anhaltender Pupillenkontraktion auszeichnet. Betroffene klagen z.B. über Akkommodationsstörungen.
Hintergrund
Eine Pupillotonie kann isoliert oder als Teil folgender Syndrome auftreten:
- Adie-Syndrom: Pupillotonie mit Akkomodotonie und Hypo-/Areflexie, vor allem der unteren Extremität
- Ross-Syndrom: Pupillotonie mit Hypo-/Areflexie und segmentaler Hypo-/Anhidrose
Epidemiologie
Genaue Inzidenzzahlen liegen nicht vor. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, der Altersgipfel liegt im jungen Erwachsenenalter.
Ätiopathogenese
Pathogenetisch liegt eine Schädigung der Fasern des Ganglion ciliare zugrunde, meist durch entzündliche Prozesse. Hierdurch entfällt die parasympathische Innervation des Musculus sphincter pupillae. Bei regenerativer Axonaussprossung kann es zum Einwachsen von zuvor dem Ziliarkörper zugeordneten Fasern in die Iris kommen, was zu einer sogenannten Licht-Nah-Dissoziation führt (s.u.).
Eine Pupillotonie tritt in der Regel idiopathisch auf, kann aber auch nach Infektionen (z.B. Neurosyphilis, HIV, Lepra, Covid-19, Virushepatitiden), Verletzungen (Schädelhirntrauma, postoperativ) oder bei Neuropathien (z.B. Guillain-Barré-Syndrom, CIDP oder Diabetes mellitus) auftreten. Zudem besteht ein Zusammenhang mit immunologischen Erkrankungen (z.B. Riesenzellarteriitis, Sjögren-Syndrom, Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom) und Neoplasien (z.B. Hodgkin-Lymphom).
Symptomatik
Die Patienten haben meist keine oder nur leichte Beschwerden, wie Akkommodationsstörungen oder eine Blendempfindlichkeit. Die Störung ist meist einseitig und in der Regel harmlos.
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt mittels ophthalmologischer Untersuchung. Hier zeigen sich:[1]
- Anisokorie, wobei die betroffene Seite mydriatisch, bei Dunkelheit hingegen teils miotisch erscheinen kann
- (zumeist) einseitiger efferenter Pupillendefekt im Swinging-Flashlight-Test
- bei Prüfung der Konvergenzreaktion nur geringe Störung der Miosis ("Licht-Nah-Dissoziation")
- bei Spaltlampenuntersuchung zeitlupenartige Pupillenkontraktion mit segmentalen Paresen, irreguläre Verformung der Iris
- bei Eintropfen von 0,1%iger Pilocarpinlösung nach 30 Minuten starke miotische Reaktion als Zeichen einer Denervierungshypersensitivität (unspezifisch)
Zusätzlich sollten eine weitergehende neurologische Diagnostik sowie eine Infektionsserologie erfolgen. Bei Verdacht auf eine assoziierte Riesenzellarteriitis erfolgt die Bestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit und des CRP.
Therapie
Der Patient wird über die Harmlosigkeit der Erkrankung aufgeklärt. Sinnvoll ist die Ausstellung eines Notfallausweises, um spätere Fehldeutungen der Anisokorie (z.B. bei SHT) zu vermeiden. Bei einer Sehverbesserung im Pilocarpintest oder bei Blendempfindlichkeit können Pilocarpin-Augentropfen zum Einsatz kommen. Gegebenenfalls sind eine Lesebrille oder eine Lichtschutzbrille notwendig.
Leitlinie
- Wilhelm, H.: "Empfehlungen zur Untersuchung und zum diagnostischen Vorgehen bei Pupillenstörungen" Leitlinienregister des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands e.V., 2017.
Einzelnachweise
- ↑ Wilhelm: "Empfehlungen zur Untersuchung und zum diagnostischen Vorgehen bei Pupillenstörungen" Leitlinienregister des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands e.V., 2017.
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