Pocken
Synonym: Blattern
Englisch: variola, smallpox
Definition
Die Pocken sind eine von Viren ausgelöste Infektionskrankheit, die sich durch typische Hautveränderungen auszeichnet. Sie sind hochansteckend und waren daher in der Vergangenheit der Auslöser von vielen Epidemien. Durch eine weltweite Impfprophylaxe (Smallpox Eradication Programme) ist die Welt laut WHO seit 1980 pockenfrei.
Auslöser
Der Auslöser für die Pocken sind Viren aus der Familie der Poxviridae, der sich nur im Menschen vermehren kann. Es gibt zwei Untergruppen:
Beim Menschen traten hauptsächlich zwei Formen der Pocken auf, die beide von bestimmten Orthopoxviren ausgelöst werden:
- Echte Pocken: Sie werden vom Orthopoxvirus variola ausgelöst.
- Weiße Pocken: Diese ungefährlicheren Pocken werden vom Orthopoxvirus alastrim ausgelöst.
Variola, der Erreger der Pocken gehört zum Genus der Orthopoxviren (ebenso wie Kuhpocken-, Affenpocken-, Kamelpocken- und das Vaccinia-Virus). Variola ist nur für den Menschen hochvirulent. Bei engem Kontakt sind wahrscheinlich 10 bis 100 Viren für eine Infektion ausreichend.
Die Pockenviren sind Doppelstrang-DNA-Viren. Ihr Virusgenom umfasst bei einer Größe von 186 kbp etwa 200 Gene. Die Viren besitzen eine Quaderform mit helikalem Kapsid und zwei Hüllen. Mit einer Größe von bis zu 450 nm sind sie die größten Tierviren und ähneln in ihrer Form einem Ziegelstein. Sie sind bei maximaler Vergrößerung auch unter dem Lichtmikroskop erkennbar.
Pockenviren sind sehr resistent gegen Austrocknung – in den Krusten der Hautläsionen kann das Virus über Monate bis zu Jahren überleben. In Aerosolform ist das Virus – abhängig von Temperatur und Luftfeuchtigkeit – ca. 24 h lebensfähig.[1]
Übertragung
Eine Infektion mit Pockenviren kann über eine Tröpfcheninfektion oder auch über eine Schmierinfektion stattfinden. Die Ursachen der Virulenz sind unbekannt. Virusreservoir ist ausschließlich der Mensch. Die Inkubationszeit liegt zwischen 7 und 19 Tagen. Personen mit Immunität können abgeschwächt erkranken, sodass die Infektion möglicherweise nicht erkannt wird und Erreger übertragen werden.[1]
Symptome
Kurz nach der Infektion treten die ersten, uncharakteristischen Symptome wie Fieber, Gliederschmerzen und Entzündungen der Atemwege statt. Außerdem kommt es zu einem ersten Hautausschlag, der aber ziemlich schnell wieder verschwindet. Nach einem kurzfristigen Absinken des Fiebers tritt nun der für Pocken typische Hautauschlag auf. Erst im Gesicht, dann am ganzen Körper treten Papeln auf, die mit virushaltiger Flüssigkeit gefüllt sind. Parallel dazu steigt das Fieber wieder treppenförmig an und wird begleitet von Delirien und Wahnvorstellungen. Die Papeln wandeln sich irgendwann in Pusteln um, die langsam verkrusten und verschorfen und dann schließlich abfallen. Dies ist mit einem starken Juckreiz verbunden. Zurück bleiben die typischen, unter das Hautniveau eingedellten Pockennarben.
Diagnose
Eine Infektion mit Pocken ist leicht zu diagnostizieren. Die typischen Hautveränderungen in Kombination mit Fieber sind ein eindeutiges Zeichen. Als Schnelltest lassen sich die Viren unter dem Mikroskop nachweisen.
Therapie
Pocken können zur Zeit (2023) nur symptomatisch behandelt werden. Patienten mit Pocken müssen unter Quarantäne gestellt werden und haben absolute Bettruhe. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sollte gewährleistet sein.
Die symptomatische Therapie umfasst die Lokaltherapie und die systemische Therapie.
Lokaltherapie
- Tägliches Baden des Patienten in einer kaliumpermanganathaltigen Lösung (KMnO4)
- Hämorrhagische Läsionen sollten 2x täglich mit einer kaliumpermanganathaltigen Lösung betupft werden.
- Mehrmalige Mundspülungen mit Chlorhexidin- oder Wasserstoffperoxid-Lösung pro Tag
- Zur Schleimhautprotektion verwendet man dexpanthenolhaltige Lösungen
Rezepturen für die Lokaltherapie
- Chlorhexidindigluconat-Mundspüllösung 0,2 % (NRF 7.2.) ad 250,0 g
- Kaliumpermanganat-Lösungskonzentrat 1 % (NRF 11.82.) ad 50,0 g
- Wasserstoffperoxid 3 % DAB 10 ad 100,0 g
Systemische Therapie
- Hyperkalorische Ernährung (40 bis 50 kcal/kgKG)
- Breitspektrumantibiotika (z.B. Doxycyclin) gegen bakterielle Superinfektionen
- Ein individueller Heilversuch kann mit Cidofovir versucht werden. Cidofovir ist für die Behandlung der Pocken nicht zugelassen.
- ggf. antipyretische Therapie mit Paracetamol oder Ibuprofen
Bioterrorismus
Orthopoxviren können als biologische Waffen eingesetzt wird. Die Annahme einer möglichen Bedrohung durch Pocken als Biowaffe wird mit der hohen Infektiosität des Virus in Aerosolform, der relativen Einfachheit der Produktion großer Mengen und dem wachsenden Bevölkerungsanteil ohne Impfschutz begründet. Lediglich in zwei WHO-Referenzlaboratorien in den USA (CDC in Atlanta) und Russland (Institut Vector in Koltsovo) sind heute noch Pockenisolate und klinische Materialien vorhanden. Wegen der möglichen Gefahr eines Anschlags wird in Deutschland seit 2002 wieder Impfstoff bevorratet.[1]
Geschichte
Pocken wurden im 18. Jahrhundert von der britischen Armee gegen die amerikanischen Ureinwohner eingesetzt. Dabei wurden kontaminierte Decken verteilt.
Die Sowjetunion produzierte und lagerte große Mengen Pocken zur militärischen Verwendung. Ob diese Bestände noch existieren, ist nicht bekannt.[1]
Podcast
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: ©cottonbro / Pexels
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Pocken. In: Handbuch Biologische Gefahren II. Hrsg. BBK und RKI 2007, abgerufen am 26.04.2023
Weblinks
- Smallpox, ECDPC, abgerufen am 26.04.2023
- Smallpox, CDC, abgerufen am 26.04.2023
- Smallpox, WHO, abgerufen am 26.04.2023
- Smallpox Eradication Programme - SEP (1966-1980), WHO, abgerufen am 26.04.2023