Papillomatose (Wiederkäuer)
Synonym: Bovine Papillomatose
Englisch: papillomatosis in cattle
Definition
Als Papillomatose bezeichnet man eine durch bovine Papillomaviren verursachte Infektionskrankheit beim Wiederkäuer.
Erreger
Bovine Papillomaviren (BPV) sind Viren aus der Gattung Papillomavirus innerhalb der Familie der Papillomaviridae. Die Virionen sind ca. 50 nm groß, unbehüllt und weisen ein ikosaedrisches Kapsid auf. Das Genom enthält eine zirkuläre doppelsträngige DNA und ist 7 bis 8 kb groß.[1]
Die virale mRNA wird im Zellkern durch zelluläre RNA-Polymerasen transkribiert. Danach werden weitere Modifizierungen an ihr vorgenommen, z.B. ein Capping, eine Polyadenylierung und ein RNA-Splicing.
Bovine Papillomaviren besitzen eine ausgeprägte Gewebespezifität. Sie replizieren sich nur in ausdifferenzierten Keratinozyten von Epithelien. Die Vermehrung des Virus in konventionellen Zellkulturen ist daher nicht möglich.
Bei Rindern gibt es mindestens sechs verschiedene Serotypen, die klar unterscheidbare klinische Erkrankungen verursachen. Die einzelnen Serotypen können in zwei Untergruppen unterteilt werden:
- Gruppe A (BPV-1, BPV-2 und BPV-5): verursachen Fibropapillome
- Gruppe B (BPV-3, BPV-4 und BPV-6): verursachen rein epitheliale Papillome
Zu beachten ist, dass diese Einteilung nicht von allen Autoren in gleicher Weise verwendet wird.
Epidemiologie
Die Papillomatose kommt weltweit vor. Die Viren werden sowohl direkt als auch indirekt (Gerätschaften, Stalleinrichtungen u.ä.) übertragen. Eine Erkrankung tritt mehr oder weniger bestandsweise gehäuft auf.
Pathogenese
Die Viren treten in den meisten Fällen über Verletzungen der Haut oder Schleimhaut in den Körper ein. Nach einer kutanen Infektion kommt es bei einem Teil der Basalzellen zur Degeneration sowie Proliferation und Warzenbildung. Durch eine zunehmende Fibroblastenproliferation kommt es zur Hyperkeratose. Es bilden sich primäre kleine Knötchen, die sich zu großen trockenen, verhornten, weißlich-grauen Warzen bzw. blumenkohlartigen Tumoren weiter entwickeln. Die Fibropapillome sind auch im Ösophagus, im Magen-Darm-Trakt und im Harnblasenepithel ausgebildet.
Die Inkubationszeit beträgt zwischen 2 und 6 Monate, wobei die Dauer von verschiedenen Faktoren abhängt (z.B. Serotyp des Virus, Infektionsdosis, Infektionsstelle und Immunität des befallenen Tiers).
Klinik
Die klinischen Erscheinungen hängen von den jeweiligen Serotypen ab:
- BPV-1: Zerklüftete Fibropapillome an den Zitzen sowie am Penis bis zum Alter von etwa 2 Jahren. Die Erkrankung ist in der Regel selbstlimitierend.
- BPV-2: Fibropapillome an Kopf, Hals, Triel, Rücken, Bauch und in der Anogenitalregion bei jüngeren Rinden im Alter von bis zu 2 Jahren. Die Fibropapillome können große Ausmaße erreichen und zu Entwicklungsbeeinträchtigung sowie zur mechanischen Behinderung betroffener Tiere führen. Aufgrund des oberflächlichen Gewebszerfall entsteht ein übler, käseartiger Fäulnisgeruch.
- BPV-5: Filiforme, reiskornähnliche Fibropapillome an Zitzen, die mit steigendem Alter deutlich zunehmen.
- BPV-3: Verursachen atypische Papillome aller Altersstufen. Die Läsionen sind flach, rundlich, nicht gestielt und haben feine Fortsätze, die überall am Körper vorkommen (auch an Zitzen). Die Papillome zeigen keine Selbstheilungstendenz.
- BPV-4: Es kommt zu flachen Papillomen im Bereich von Maulschleimhaut, hauptsächlich aber am Ösopaghus und in den Vormägen. Die Viren weisen eine gewisse Tendenz zur malignen Entartung auf (möglicherweise aufgrund eines Toxins mit immunsupprimierender Wirkung).
- BPV-6: Es kommt zu zerklüfteten Papillomen am Euter.
Diagnose
Das klinische Bild einer Papillomatose (Warzen bis blumenkohlartige Wucherungen) ist ziemlich eindeutig und pathognomonisch. Mittels PCR oder Immunhistochemie kann ein direkter Erregernachweis die Diagnose sichern.
Therapie
Ein starker Papillomabefall (gleichgültig welche Form) kann nur mit einer chirurgischen Intervention (Exstirpation der Papillome) therapiert werden. Die Tiere müssen zuvor sediert (z.B. mit Xylazin) werden. Sowohl während als auch nach der Entfernung der Papillome ist der betreffende Hautbereich mit Seifenwasser oder 1 %iger Natronlauge abzuspülen, da die aus den Papillomen freiwerdenden Viren im alkalischen Milieu abgetötet werden.
Prophylaxe
Zur Prophylaxe kann eine Schutzimpfung mit einer stallspezifischen (abgetöteten) Vakzine durchgeführt werden. Die therapeutische Wirkung der Impfung ist derzeit (2019) noch nicht eindeutig geklärt.
Literatur
- Herausgeber: W. Klee, M. Metzner. Rinderskript. ISSN 1617-4410
- Skript Virologie für die Module Tierseuchen, Verdauung, Respiration + Kreislauf, ZNS, Reproduktion. Für Studierende der Veterinärmedizin. Institut für Virologie, Veterinärmedizinische Universität Wien. Stand 1/2017.
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