Okulopharyngeale Muskeldystrophie
Englisch: oculopharyngeal muscular dystrophy
Definition
Die okulopharyngeale Muskeldystrophie, kurz OPMD, ist eine kongenitale progressive Form der Muskeldystrophie. Sie manifestiert sich initial durch eine progrediente beidseitige Ptose und eine Dysphagie, im späteren Stadium kommt eine externe Ophthalmoplegie hinzu.
Epidemiologie
Die Prävalenz der OPMD in Europa wird auf 0,5 bis 1:100.000 geschätzt. In bestimmten Bevölkerungsgruppen ist die Prävalenz jedoch deutlich höher, so liegt sie z.B. bei französischstämmigen Kanadiern bei 1:1.000. Das Manifestationsalter liegt zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.
Ätiologie
Die okulopharyngeale Muskeldystrophie zählt zu den Trinukleotiderkrankungen. Durch einen Gendefekt kommt es zur Expansion des Polyalanintrakts im N-terminalen Bereich des PABPN1- Gens. Dies führt zur Überexpression und Aggregation des Proteins.
Die Mutation wird autosomal-dominant vererbt und weist eine fast vollständige Penetranz auf. Homozygote Merkmalsträger zeigen schon vor dem 40. Lebensjahr Symptome der OPMD.
In einigen Fällen wurde statt des Gendefektes im PABPN1-Gen eine Mutation im HNRNPA2B1-Gen beschrieben.
Klinik
Die Erkrankung verläuft sehr langsam progredient. Initial beklagen sich die Patienten meistens über Wadenkrämpfe und Gliederschwäche. Kennzeichnend treten eine Dysphagie sowie eine beidseitige Ptose auf. Hierbei ist die Augenmotilität aber erst später beeinträchtigt. Die Patienten versuchen durch Überstreckung des Nackens und Anspannung der Stirnmuskulatur die Ptose zu kompensieren (Hutchinson-Trias).
Die Dysphagie führt zu einer deutlichen Unterernährung. Bei zusätzlicher Beeinträchtigung der Larynxmuskeln entwickelt sich eine Dysphonie.
Im fortgeschrittenen Stadium treten Atrophien und Paresen im Bereich der Gesichts-, Schulter-, Oberarm- und Beckengürtelmuskulatur auf.
Diagnostik
Labormedizinische Untersuchungen zeigen meist eine leichte Erhöhung der Creatinkinase (CK). Im EMG ist eine Mischung aus neurogenen und myopathischen Veränderung erkennbar. Elektronenmikroskopisch kann in den Muskelbiopsien eine Akkumulation von Vakuolen, tubulären Filamenten und kleinen angulierten Fasern nachgewiesen werden. Weiterhin können Ragged-Red-Fasern vorkommen.
Die Diagnosesicherung erfolgt durch den molekulargenetischen Nachweis der Triplett-Repeat-Expansion des PABPN1-Gens. Hierbei spielt die Anzahl der Repeats eine zentrale Rolle. Heterozygote mit 11 bis 18 Repeats werden mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % erkranken. Eine Antizipation wird i.d.R. nicht beobachtet.
Differentialdiagnosen
Therapie
Die Therapie erfolgt rein symptomatisch. Um Komorbiditäten wie z.B. eine Aspirationspneumonie zu vermeiden, erfolgt eine Anpassung der Ernährung. Impfungen sowie andere präventive Maßnahmen für Krankheiten der oberen Atemwege werden ebenfalls empfohlen.
Quellen
- Berlit, Klinische Neurologie, 4. Auflage, 2020, Springer Berlin Heidelberg
- orpha.net - Muskeldystrophie, okulopharyngeale, abgerufen am 04.09.2024
- Trollet et al., Oculopharyngeal Muscular Dystrophy, GeneReviews 2001
- Schröder und Kley, Muskelerkrankungen. In: Hacke, W. (eds) Neurologie, 2016, Springer, Berlin, Heidelberg
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