New onset refractory status epilepticus
Synonym: (kryptogener) neu auftretender refraktärer Status epilepticus
Englisch: (cryptogenic) new-onset refractory status epilepticus, NORSE
Definition
New onset refractory status epilepticus, kurz NORSE, beschreibt einen Status epilepticus, der nicht auf antikonvulsive Erst- und Zweitlinientherapie anspricht und initial nicht auf eine strukturelle Ursache, toxisch-metabolische Faktoren oder eine neurologische Vorerkrankung zurückzuführen ist.
Hintergrund
Der Begriff NORSE wurde erstmals im Jahre 2005 definiert. Seither wurden weitere, weniger etablierte Begriffe wie "severe refractory status epilepticus due to presumed encephalitis", "idiopathic catastrophic epileptic encephalopathy presenting with acute onset intractable status", "devastating epileptic encephalopathy in school-age children", "acute encephalitis with refractory repetitive partial seizures (AERRPS)" und "febrile infection-related epilepsy syndrome (FIRES)" beschrieben, wobei die meisten Autoren diese Begriffe mittlerweile unter einer gemeinsamen Entität zusammenfassen. Dem FIRES geht typischerweise Fieber voraus und es tritt vor allem im Kinder- und Jugendalter auf.
Epidemiologie
Aufgrund der uneinheitlichen Verwendung der Begrifflichkeiten ist die Inzidenz schwer abzuschätzen.
Ätiologie
Nur in etwa 50 % der Fälle kann eine Ursache gefunden werden. Am häufigsten wird eine Enzephalitis als Ätiologie identifiziert. Diese kann autoimmun, paraneoplastisch oder infektassoziiert sein. Seltener finden sich Mitochondriopathien und Veränderungen in bestimmten Genen (z.B. IL1RN, SCN1A und SCN2A).
Wird keine Ursache gefunden, spricht man von einem sogenannten kryptogenen NORSE.
In der Literatur ist teilweise das gleichzeitige Auftreten von NORSE mit anderen Ereignissen (z.B. Impfungen) beschrieben, jedoch ist aktuell (2023) nicht klar, ob ein Kausalzusammenhang besteht.[1]
Diagnostik
Die Diagnostik ist aufgrund der zahlreichen möglichen Ursachen komplex. Sie umfasst die klinisch-neurologische Untersuchung, EEG, MRI, die mikrobiologisch-infektiologische sowie die metabolisch-toxikologische Diagnostik. Zudem können die Suche nach Autoantikörpern, die Bestimmung von Zytokinen und molekulargenetische Untersuchungen indiziert sein.
Bei Verdacht auf eine paraneoplastische Genese sucht man mit bildgebender Diagnostik nach dem Primärtumor.
Therapie
Bisher (2023) gibt es keine einheitlichen Behandlungsempfehlungen. Grundpfeiler der Therapie sind die antikonvulsive und immunmodulatorische Therapie. Wird ein Infekt als Ursache identifiziert, erfolgt eine antimikrobielle Therapie.
Folgende medikamentöse Therapien kommen zum Einsatz:
- Antikonvulsive Therapie (häufig frustran)
- Anästhetika (u.a. Ketamin)
- Glukokortikoide
- Intravenöse Immunglobuline (IVIG)
- Rituximab
- Anakinra
- Cyclophosphamid
- Azathioprin
- Bortezomib
- Tocilizumab
- Weitere Immunmodulatoren
Nicht-medikamentöse Therapieansätze sind:
Prognose
Die Prognose ist schwer abzuschätzen und sehr variabel. In einigen Fällen kommt es zur völligen Remission, häufig leiden die Betroffenen jedoch unter schweren neurologische Spätfolgen oder die Erkrankung endet letal.
In Studien konnte eine Assoziation zwischen der Höhe der Zytokinkonzentration und dem Outcome nachgewiesen werden.[2]
Ebenso gibt es Hinweise, dass ein prolongierter NORSE und eine späte immunmodulatorische Therapie mit einem schlechten Outcome assoziiert sind.[3]
Literatur
- Gaspard et al., New-onset refractory status epilepticus (NORSE) and febrile infection-related epilepsy syndrome (FIRES): State of the art and perspectives, Epilepsia, 2018
- Teneille et al., New onset refractory status epilepticus research, Neurology, 2019
- NORSE Institute, abgerufen am 11.08.2023
- Jun, Jin‐Sun, et al. "Tocilizumab treatment for new onset refractory status epilepticus." Annals of neurology 84.6 (2018): 940-945.
- Dinoto, A., Ferrari, S. & Mariotto, S. Treatment Options in Refractory Autoimmune Encephalitis. CNS Drugs 36, 919–931 (2022).
- Dibue-Adjei, Maxine, et al. "Vagus nerve stimulation in refractory and super-refractory status epilepticus–a systematic review." Brain stimulation 12.5 (2019): 1101-1110.
- Sobstyl, Michał, Angelika Stapińska-Syniec, and Marcin Rylski. "Deep brain stimulation for the treatment of refractory and super-refractory status epilepticus." Seizure 81 (2020): 58-62.
- Rosati, Anna, Salvatore De Masi, and Renzo Guerrini. "Ketamine for refractory status epilepticus: a systematic review." CNS drugs 32 (2018): 997-1009.
Quellen
- ↑ Aladdin et al., New-onset refractory status epilepticus following the ChAdOx1 nCoV-19 vaccine, J Neuroimmunol., 2021
- ↑ Hanin et al., Cytokines in New-Onset Refractory Status Epilepticus Predict Outcomes, Ann Neurol., 2023
- ↑ Sculier et al., New onset refractory status epilepticus (NORSE), Seizure, 2019
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