Narkolepsie (Pferd)
Synonyme: Schlafattacke, Fainting-Foal-Syndrom
Englisch: narcolepsy
Definition
Als Narkolepsie bezeichnet man episodisch auftretende und zwanghafte Schlafanfälle beim Pferd, die minutenlang andauern können.
Formen
Bei der Narkolepsie unterscheidet man anhand des Alters der betroffenen Tiere zwischen einer im Fohlenalter auftretenden und einer im Erwachsenenalter vorkommenden Form.
Vorkommen
Narkolepsie tritt familiär gehäuft bei Vollblutpferden, Quarter Horses, Trabern und Miniaturpferden auf. Eine Erblichkeit konnte jedoch bis heute (2020) nicht nachgewiesen werden.
Ätiologie
Die genauen Pathomechanismen der Erkrankung sind noch nicht vollständig geklärt. Beim Menschen sowie bei verschiedenen Hunderassen geht man von einer Fehlfunktion des im Hypothalamus lokalisierten Orexin-Hypocretin-Systems aus. Hypocretin ist ein im Hypothalamus spezifisch vorkommendes Neuropeptid, das an der Regulation des Schlafes beteiligt ist und bei der Narkolepsie vermindert gebildet wird.
Pferde mit Narkolepsie weisen ebenfalls einen erniedrigten Hypocretin-1-Spiegel im Liquor cerebrospinalis auf, sodass auch beim Pferd eine Fehlfunktion des Orexin-Hypocretin-Systems als Auslöser der Narkolepsie vermutet wird.
Klinik
Bei der Narkolepsie treten die Schlafanfälle meist zusammen mit einer Kataplexie auf. Anfangs senken die Pferde ihren Kopf und Hals, bis dieser den Boden erreicht. In weiterer Folge kommt es meist zu einem Einknicken der Vordergliedmaßen, das v.a. bei Fohlen und Miniaturpferden zu einem vollständigen Zusammenstürzen führen kann.
Betroffene Pferde liegen oft wenige Sekunden bis Minuten in Seitenlage. In dieser Phase besteht eine Areflexie. Oftmals können auch schnelle Augenbewegungen (REM-Schlaf) beobachtet werden. Sowohl nach einem Anfall als auch zwischen den einzelnen Anfällen weisen die Pferde keine neurologischen Ausfallserscheinungen auf.
Die Schlafanfälle können in seltenen Fällen auch durch unterschiedliche äußere Reize ausgelöst werden, z.B. durch Streicheln des Kopfes, Abspritzen mit Wasser, Anschalten des Lichtes oder Immobilisierungsmaßnahmen (Fohlen). Durch das plötzliche Niedergehen kommt es oftmals zu oberflächlichen Verletzungen im Bereich von Fesselkopf und/oder Karpus.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch müssen ausgeschlossen werden:
- Epilepsie
- Synkope
- erhöhtes Schlafbedürfnis (z.B. durch chronische Schmerzen)
Diagnose
Anamnese und typische klinische Symptomatik (v.a. Kataplexie) sind hinweisend auf eine Erkrankung.
Hämatologische bzw. serologische Untersuchungen und Liquoranalysen zeigen meist keine Abweichungen von den Normwerten. Plötzlich eintretende Schlafanfälle können bei einigen Pferden durch die Injektion von Physostigmin (0,05 bis 0,1 mg/kgKG langsam i.v.) getriggert werden. Bei der Verabreichung von Parasympathomimetika müssen jedoch die anticholinergen Nebenwirkungen (z.B. Koliken) beachtet werden.
Therapie
Pferde mit Narkolepsie können mit Imipramin (0,5 bis 2 mg/kgKG BID p.o. oder i.m.) behandelt werden. Imipramin ist ein trizyklisches Antidepressivum und verhindert, dass Serotonin und Noradrenalin in die Zellen aufgenommen werden, wodurch auch der REM-Schlaf reduziert wird.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Eine intravenöse Verabreichung von Imipramin (insbesondere in hohen Dosierungen) führt oft zu Nebenwirkungen wie Muskelzittern, Tachykardie, Geräuschempfindlichkeit und Hämolyse.[1] Obwohl die orale Verabreichung nebenwirkungsarm ist, kommt es aufgrund der schlechten Bioverfügbarkeit oft nicht zu zufriedenstellenden Therapieergebnissen.
Prognose
Bei Fohlen kann es zu einer spontanen Ausheilung der Erkrankung kommen. Erwachsene Pferde hingegen (bei denen die Erkrankung erst im Alter aufgetreten ist) leiden lebenslänglich unter Narkolepsie. Da es auch zu narkoleptischen Anfällen während des Reitens kommen kann, sollte von einer sportlichen Nutzung des Tieres strikt abgesehen werden.
Literatur
- Brehm W., Gehlen H., Ohnesorge B. et al., Hrsg. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag; 2016.
Quelle
- ↑ K E Peck et al. Pharmacokinetics of Imipramine in Narcoleptic Horses Am J Vet Res. 2001 May;62(5):783-6. (abgerufen am 21.05.2020)
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