Epilepsie (Pferd)
Definition
Epilepsie ist beim Pferd ein Sammelbegriff für verschiedene Funktionsstörungen des Gehirns, die zu krampfartigen Zuständen führen. Aufgrund der hohen Krampfschwelle tritt diese Erkrankung bei dieser Tierart nur selten auf.
Ätiopathogenese
Verschiedene lokale Entladungen im Gehirn, die zu einer vorübergehenden Störung der Gehirnfunktion führen, können epileptische Anfälle verursachen. Anhand der Ätiopathogenese können drei Formen der Epilepsie unterschieden werden:
- symptomatische Epilepsie
- idiopathische Epilepsie
- benigne Epilepsie
Symptomatische Epilepsie
Symptomatische Epilepsien haben ihren Ursprung entweder im Gehirn (intrazerebral) oder treten reaktiv als Folge von metabolisch-toxischen Störungen auf (extrazerebral).
Idiopathische Epilepsie
Bei der idiopathischen Epilepsie können weder bei der klinischen Untersuchung noch im Rahmen der Labordiagnostik oder bei der pathologischen Untersuchung morphologische Veränderungen gefunden werden. Es wird daher angenommen, dass die pathophysiologischen Veränderungen auf zellulärer Ebene stattfinden (z.B. Ionenkanäle).
Benigne Epilepsie
Diese Form der Epilepsie tritt bei Fohlen (v.a. Araber) auf und wird auch als juvenil-idiopathisch bezeichnet, da meist keine Ursachen festgestellt werden können. In der Regel erholen sich die Tiere innerhalb eines Jahres wieder vollständig.
Klinik
Das klinische Bild einer Epilepsie kann sehr variabel sein. Am häufigsten treten generalisierte Anfälle auf, die fokal beginnen. Insbesondere bei Fohlen können vor dem eigentlichen Anfall in der prodromalen Phase Wesensänderungen festgestellt werden.
Im Iktus selbst treten tonisch-klonische Krämpfe mit oder ohne Bewusstseinsstörungen auf. Die tonische Phase ist durch eine Versteifung aller Extensormuskeln charakterisiert. In der klonischen Phase hingegen kommt es gehäuft zu Lauf- und Kaubewegungen. Parallel dazu können unkontrollierter Kot- und Harnabsatz auftreten. Während eines ausgeprägten und generalisierten Anfalls kommt es häufig zu Verletzungen, wobei am häufigsten der Kopf betroffen ist.
Die postiktale Phase kann unterschiedlich lange andauern (Sekunden bis Tage). In dieser Zeit sind die Tiere desorientiert, zeigen Drangwandern und abnormales Verhalten.
Diagnostik
Die Diagnosestellung stützt sich auf folgende Punkte:
- Allgemeine klinische Untersuchung
- Neurologische Untersuchung
- Blut- und Harnuntersuchung (v.a. Glukose, Elektrolyte, Leberenzyme, Ammoniak, Nierenwerte)
- Liquoruntersuchung
- Bildgebende Verfahren (Röntgen, CT, MRT)
- EEG (nur in Spezialkliniken, diagnostische Aussagekraft beim Pferd derzeit noch limitiert)
Differentialdiagnosen
Als intrakranielle Ursachen kommen unter anderem Enzephalitiden, Neoplasien, Traumata, Fehlbildungen oder degenerative Veränderungen in Frage. Bei fraglichen reaktiven Krampfanfällen müssen Hepatopathien, portokavale Shunts, Hypoglykämie oder Intoxikationen in Betracht gezogen werden.
Therapie
Bei einer symptomatischen Epilepsie steht die Behandlung der Grundkrankheit im Vordergrund. Idiopathische Epilepsien sind antikonvulsiv zu behandeln, wobei das Führen eines "Anfallskalenders" hilft, den Therapieerfolg zu überprüfen. Am häufigsten wird als Dauermedikation Phenobarbital verwendet. Als add-on-Medikament ist Kaliumbromid geeignet. Bei ausreichend langer Anfallsfreiheit (etwa 6 Monate bis 1 Jahr) kann versucht werden, die Medikation sukzessive über einen Zeitraum von etwa drei Monaten abzusetzen.
Im Status epilepticus wird Phenobarbital intravenös verabreicht. Beim Fohlen wird Diazepam oder Midazolam bevorzugt.
Bei der benignen Epilepsie des Fohlens kann beim Auftreten von nur ein bis zwei Anfällen vorerst abgewartet werden. Kommt es jedoch häufiger zu Symptomen, sollten auch diese Patienten über einen Zeitraum von mehreren Monaten behandelt und die Medikation dann langsam wieder abgesetzt werden.
Quellen
- Brehm W, Gehlen H, Ohnesorge B, Wehrend A (Hrsg.). 2017. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219621-6
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