Löslicher Transferrin-Rezeptor
Synonym: sTfR
Englisch: soluble transferrin receptor
Definition
Lösliche Transferrinrezeptoren sind Transferrin-Rezeptoren (TfR), die frei im Blutplasma flottieren (sTfR). Sie entstehen durch proteolytische Ablösung des Rezeptors von Zellmembranen.
Physiologie
Der lösliche Transferrinrezeptor ist ein Glykoprotein. Es liegt im Plasma zusammen mit Transferrin als Komplex mit einem Molekulargewicht von ca. 320.000 Dalton vor. Der Transferrinrezeptor ermöglicht den Transport von Transferrin in das Zellinnere.
Die Serumkonzentration von sTfR ist direkt proportional zur Rezeptorkonzentration auf den Zellmembranen, da sich die Rezeptoren kontinuierlich durch Proteolyse von den Zellen ablösen. 80–95% der Transferrin-Rezeptoren befinden sich auf Erythropoesezellen. Daher spiegelt die sTfR-Konzentration den Eisenbedarf, aber auch die Anzahl dieser Zellen wider:
- Bei Eisenmangel steigt die sTfR-Konzentration im Serum an, da die Erythropoesezellen mehr TfR exprimieren. Dieser Effekt tritt bereits vor dem Absinken des Hb auf.
- Bei hämolytischen Anämien steigt die sTfR-Konzentration ebenfalls an, da sich die Anzahl der Erythropoesezellen und damit der Transferrin-Rezeptoren erhöht.
Aussagefähigkeit
Die Bestimmung des löslichen Transferrinrezeptors gehört zur Anämiediagnostik bei komplizierten Fällen, besonders wenn der Verdacht auf einen latenten Eisenmangel besteht. Der sTfR-Wert wird in der Regel nicht isoliert, sondern gemeinsam mit Serum-Eisen, Serum-Transferrin, Serum-Ferritin und der Retikulozytenzahl mit Retikulozytenhämoglobin beurteilt. Mit dem sTfR-Wert kann man den aktuellen Eisenbedarf abschätzen, während Ferritin die vorhandenen Eisenspeicher widerspiegelt. Beide Werte zusammen liefern ein genaueres Bild des Eisenstatus, das man mittels des sTfR-Index (= sTfR-Konzentration/log Ferritinkonzentration) auch quantifizieren kann.
Im Gegensatz zum Serum-Ferritin und Serum-Transferrin wird die Konzentration von sTfR nicht durch akute Leberfunktionsstörungen, maligne Tumoren oder Entzündungszustände beeinflusst. Das ermöglicht die diagnostische Beurteilung, ob eine Anämie von einer chronischen Erkrankung bzw. einer Entzündung ausgelöst wird oder durch einen Eisenmangel. Hier kommen häufig Mischformen vor. Anhand der sTfR-Konzentration kann dann beurteilt werden, ob eine Eisensubstitution sinnvoll ist. Auch eine Therapie mit Erythropoetin bei renaler Anämie kann so überwacht werden.
Als Alternative zum löslichen Transferrinrezeptor kann Hepcidin gemessen werden.
Material
Für die nephelometrische Bestimmung des sTfR-Werts wird 1 ml Serum benötigt.
Referenzbereich
- 0,9-2,8 mg/l
Die Referenzbereiche variieren labor- und methodenspezifisch und sollten dem jeweiligen Befundausdruck entnommen werden.
Interpretation
Erhöhte Werte
Der sTfR-Wert ist erhöht bei:
- Eisenmangelanämie
- Anämie bei chronischer Erkrankung
- Tumoranämie
- Polycythaemia vera
- hämolytischer Anämie (Thalassämie, Sphärozytose, Sichelzellanämie)
- Megaloblastenanämie
- Vitamin-B12-Mangel
- myelodysplastischem Syndrom
- Schwangerschaft
Normale Werte
Normale sTfR-Werte können im Rahmen folgender Zustände vorliegen:
- chronische Erkrankungen ohne Eisenmangel
- akute Entzündung
- maligner Tumor
- Schwangerschaft ohne Eisenmangel
Erniedrigte Werte
Erniedrigte sTfR-Werte treten auf bei:
- chronischen Nierenerkrankungen (renale Anämie)
- Knochenmarksdepression
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 20.05.2021