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Klarzellsarkom

Englisch: clear cell sarcoma (CCS)

1. Definition

Das Klarzellsarkom, kurz CCS, ist ein seltener, aggressiver, maligner Tumor der Weichteile.

2. Epidemiologie

Vom Klarzellsarkom betroffen sind vor allem jüngere Erwachsene und Jugendliche im Alter von 15 bis 40 Jahren, ein Auftreten ist aber in jedem Alter möglich. Insgesamt ist das Klarzellsarkom selten. Es macht lediglich etwa 1 % aller malignen Weichteiltumoren bei Erwachsenen und etwa 15 % aller malignen Weichteiltumoren im Kindesalter aus. Eine Geschlechtspräferenz lässt sich insgesamt nicht nachweisen, da sich die unterschiedlichen Studien hier widersprechen.

3. Ätiologie

Die Ursache für das Entstehen von Klarzellsarkomen ist derzeit (2024) unklar.

4. Lokalisation

Am häufigsten tritt ein Klarzellsarkom des Weichteilgewebes (soft tissue clear cell sarcoma, SCCS) auf, wobei meist die Sehnenscheiden, Aponeurosen und/oder Faszien, insbesondere der unteren Extremitäten, betroffen sind. Man spricht dabei auch von einem "Clear Cell Sarcoma of Tendon and Aponeurosis" (CCSTA). Typisch ist eine spindelförmige Expansion entlang des Bindegewebes, oft mit Bezug zu angrenzenden neurovaskulären Strukturen.

Seltenere Lokalisationen sind:

5. Klinik

Das Klarzellsarkom zeigt sich anfangs meist als schmerzlose Erhabenheit an den Extremitäten und wird häufig als Synovialzyste oder Lipom fehldiagnostiziert. Eine Verbindung zu Sehnen, Aponeurosen und Sehnenscheiden ist beschrieben.

Es wächst in der Regel langsam oder bleibt über Jahre hinweg konstant. Typischerweise ist es eine gut mit der Umgebung verschiebliche, feste Raumforderung. Im Verlauf tritt (manchmal auch erst nach 15 Jahren oder später) ein Wachstum ein und/oder der Tumor wird schmerzhaft. Einige Klarzellsarkome werden im Verlauf dunkler und bilden einzelne Höcker auf der Oberfläche.

Die genaue Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation.

Im weiteren Verlauf bildet der Tumor häufig Metastasen. Diese finden sich vor allem in den Lymphknoten, in den Knochen und in der Lunge. Zum Diagnosezeitpunkt liegen bei ca. 40 % der Patienten Lymphknotenmetastasen vor.

6. Diagnose

6.1. Sonographie

Diagnostisch sollte zunächst eine Ultraschalluntersuchung erfolgen. Klarzellsarkome zeigen dabei ein unspezifisches Bild. Teilweise lassen sich andere benigne Tumoren der Weichteile abgrenzen. Eine Synovialzyste enthält typischerweise Flüssigkeit, während ein Klarzellsarkom solide Anteile aufweist.

6.2. MRT

Die MRT gilt als bildgebendes Verfahren der Wahl. Klarzellsarkome zeigen sich als meist homogene, lobuläre, gut umschriebene Raumforderungen. Eine Destruktion des angrenzenden Knochens wird nur selten beobachtet. Das Malignom zeigt häufig folgende Signalcharakteristika:

Bei der Befundung sollten folgenden Aspekte berücksichtigt werden:

  • Form, Lage, Größe
  • Tumorränder und Übergangszone
  • Beziehung zur Muskelfaszie, zum Knochen und zu angrenzenden neurovaskulären Strukturen

Eine genaue Diagnose mittels Bildgebung ist nicht möglich. Häufig wird dieses Malignom im MRT als benigne Raumforderung, z.B. als Lipom, fehldiagnostiziert. Eine Abgrenzung zu anderen gutartigen Tumoren, wie z.B. der Synovialzyste und einer entzündlichen Reaktion ist jedoch annähernd möglich.

6.3. Histopathologie

Die Sicherung der Diagnose ist nur durch Biopsie, Probeexzision oder vollständige Exzision der Raumforderung mit anschließender histopathologischer Untersuchung möglich. Eine unzureichende Probenentnahme kann zu fehlerhaften Ergebnissen führen. Intraoperativ ist die entnommene Masse eine gut abgrenzbare, lobuläre Struktur von weißer, gummiartiger bis fester Konsistenz und ggf. pigmentierter Oberfläche. Zystische Veränderungen oder Nekrosen können vorkommen.

Histopathologisch zeigt sich ein hoher Gehalt an intrazellulärem Glykogen. Das Zytoplasma ist vergrößert und enthält viele Mitochondrien sowie Zellkerne. Man spricht auch von einer girlandenkranzartigen Erscheinung ("wreath-like appearance").

Das Klarzellsarkom wurde früher auch als "malignes Melanom der Weichteile" bezeichnet, da der Tumor in über 70 % der Fälle Melanin synthetisiert. Dementsprechend kann die darüber liegende Haut dunkler erscheinen. Die Abgrenzung zum malignen Melanom erfolgt durch den Nachweis spezifischer genetischer Aberrationen (EWSR1-ATF1, EWSR1-CREB1, FUS-ATF1). Mutationen in BRAF, NRAS und KIT werden beim CCS nicht gefunden. Immunhistochemisch sind die Marker HMB-45, Melan-A und/oder S-100-Protein bei den meisten Tumoren positiv.

6.4. WHO-Diagnosekriterien

Diagnosekriterien nach der WHO-Klassifikation der Weichteil- und Knochentumoren (5. Auflage) sind:

  • Faszikuläre oder nestartige Architektur
  • plumpe bis epitheloide Spindelzellen mit prominenten Nukleoli und blassem eosinophilem Zytoplasma
  • girlandenkranzartige, vielkernige Riesenzellen
  • positive Immunreaktivität für melanozytäre Marker wie S-100-Protein, SOX10, Melan A und HMB-45
  • EWSR1-ATF1-Fusionen in einer hohen Anzahl von Fällen

6.5. Staging

Nach der Diagnosesicherung ist eine weiterführende Diagnostik notwendig, um die Ausbreitung des Tumors korrekt einschätzen zu können (Staging). In der Regel erfolgt eine Ganzkörper-CT mit Kontrastmittel oder eine 18F-FDG-PET-CT. Bei letzterer zeigt sich ein starker Uptake durch eine hohe metabolische Aktivität.

7. Differenzialdiagnosen

8. Therapie

Die Therapie der Wahl besteht in einer radikalen chirurgischen Exzision des Tumors mit ausreichendem Sicherheitsabstand. Zur Reduktion des Rezidivrisikos, insbesondere bei schmalen Resektionsrändern, kommt eine adjuvante Strahlentherapie infrage. Postoperativ sind engmaschige Kontrollen notwendig. Die Chemotherapie kommt vorwiegend im metastasiertem Zustand infrage – jedoch sind CCS häufig refraktär gegenüber einer Chemotherapie. Auch intensive Kombinationsschemata (z.B. Doxorubicin und Ifosfamid) erzielen oft nur geringe Remissionsraten. Eine gezielte Therapie steht aktuell (2024) nicht zur Verfügung. Bei MET-positiven CCS liegt die Ansprechrate unter Therapie mit Crizotinib nur bei ca. 4 %. Auch bei bereits erfolgter Metastasierung ist, je nach Metastasenlokalisation, eine chirurgische Vorgehensweise noch möglich. Insgesamt ist aufgrund der unzureichenden Studienlage eine individuelle Therapie notwendig.

9. Prognose

Die Langzeitprognose ist schlecht. Zwar zeigen verschiedene Studien eine 5-Jahres-Überlebensrate von 50 bis 60 %, jedoch leben 10 Jahre nach Diagnosestellung nur noch etwa 33 % der Patienten. Nach 20 Jahren sind es noch etwa 10 %. Insgesamt handelt es sich um das Weichteilsarkom mit der schlechtesten Langzeitprognose. Das Klarzellsarkom hat eine sehr hohe Lokalrezidivrate bis zu 40 % und neigt zu früher, vor allem lymphogener und pulmonaler Metastasierung (30 bis 50 % der Fälle).

Tumoren kleiner als 5 cm und ohne histopathologisch nachweisbare Nekrosen haben eine günstigere Langzeitprognose. Bei nachweisbaren Nekrosen ist die Prognose, unabhängig von der Tumorgröße, insgesamt sehr schlecht.

10. Relevanz

Da es sich um einen seltenen malignen Tumor handelt, der primär wie eine gutartige Raumforderung erscheint, sollte auch die Diagnose eines gutartigen Tumors nicht ohne Bildgebung erfolgen. Fast alle Patienten mit Klarzellsarkom wurden zunächst mit einer Synovialzyste (Ganglion) fehldiagnostiziert. Die Diagnose "Ganglion" sollte daher niemals ohne einen sonographischen Nachweis der Synovialzyste erfolgen.

11. Quellen

Bijan Fink
Peer reviewed am 30.01.2023 von Bijan Fink

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05.06.2024, 13:31
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