Ketose (Wiederkäuer)
Synonym: Acetonämie
Englisch: ketosis
Definition
Als Ketose der Wiederkäuer bezeichnet man eine Stoffwechselstörung, die durch eine vermehrte Ansammlung von Ketonkörpern im Blut gekennzeichnet ist.
Nomenklatur
In der veterinärmedizinischen Literatur werden zur Beschreibung des Krankheitsbildes einer Ketose verschiedene Begriffe verwendet. Je nach Autor wird die Bezeichnung Hyperketonämie synonym für Ketose oder auch als eigener Begriff für eine erhöhte Ketonkörperkonzentration ohne klinische Symptome (subklinische Ketose) verwendet.
Biochemie
Ketonkörper (Acetoacetat, ß-Hydroxybutyrat und Aceton) sind chemische Verbindungen, die vor allem in katabolen Stoffwechsellagen in der Leber gebildet werden. Die Leber kann so in Mangelsituationen durch die Bildung von Ketonkörper die extrahepatischen Gewebe - v.a. die quergestreifte Muskulatur - mit Energie versorgen.
Zu einer klinisch manifesten Ketose kommt es, sobald die Bildung von Ketonkörpern den Verbrauch und die Ausscheidung überschreitet. Die Akkumulation dieser Stoffwechselprodukte bedingt eine vermehrte Ausscheidung über die Milch und den Harn (Ketonurie).
Formen
Die Ketose kann anhand der Ausprägung und Ätiologie in zwei Formen unterteilt werden. Man unterscheidet zwischen einer
- subklinischen Ketose und einer
- klinischen Ketose.
Subklinische Ketose
Eine subklinische Ketose kann nur durch eine Messung der Ketonkörper in Blut, Harn oder Milch nachgewiesen werden. Eine frühzeitige Detektion dieser Ketoseform (auf Bestandsebene) ist besonders wichtig, da ein chronisches Bestehen zu einem Nachlassen der Milchleistung und einer Verschlechterung der Fruchtbarkeit führt.
Klinische Ketose
Die klinische Ketose wird in drei Gruppen unterteilt.
Alimentäre Ketose
Die alimentäre Ketose ist unabhängig vom Energiemangel. Sie entsteht durch qualitative Fütterungsmängel, wie z.B. verdorbene buttersäurehaltige Silagen. Die Buttersäure wird vom Pansen zu ß-Hydroxybutyrat umgewandelt und dann resorbiert. Anschließend gelangen die Ketonkörper ins Blut und werden dann über die Milch und den Harn ausgeschieden - sobald die Verarbeitungsmöglichkeiten überschritten werden.
Die alimentäre Ketose führt selten zu klinischen Symptomen, da sie nicht mit einer Hypoglykämie in Verbindung steht.
Primäre Ketose
Die primäre Ketose entsteht in Glukosemangelsituationen (Energiebedürfnis überschreitet die Energieaufnahme). Es können zwei Subtypen unterschieden.
- Typ 1: Entsteht bei normal konditionierten Tieren in den ersten Laktationswochen, da viele Kühe in der Hochlaktation (ca. 2 bis 8 Wochen post partum) an einer Glukosemangelsituation leiden. Der Energieverbrauch übersteigt in dieser Zeit die Futteraufnahme, da diese (die Futteraufnahme) ihren Höhepunkt erst wieder frühestens 8 Wochen post partum erreicht wird.
- Typ 2: Entsteht bei überkonditionierten Tieren als Bestandteil des Lipomobilisationssyndroms.
Sekundäre Ketose
Die sekundäre Ketose gleicht in ihrem klinischen Bild einer primären Ketose - es bestehen jedoch deutlich Unterschiede in der Ätiologie. Sie resultiert aus einer verminderten Futteraufnahme, die durch eine Sekundärerkrankung ausgelöst wird (z.B. Labmagenverlagerung, Klauenerkrankung etc.). Die daraus resultierende Inappetenz führt zu einer Glukosemangelsituation, die durch die Bildung von Ketonkörpern ausgeglichen wird.
Klinik
- unspezifische Symptome (Unruhe u.ä.)
- verminderter Appetit (v.a. Kraftfutter wird verweigert)
- Obstipationen (dunkler Kot)
- sinkende Milchleistung
- typischer Ketosegeruch der Ausatemluft
- Gewichtsverlust
- eventuelle neurologische Symptome - ausgelöst durch Azetoazetat und Azeton (z.B. Speicheln, Paresen, Blindheit, Aggression)
Differentialdiagnosen
Bei einer chronischen Abmagerung kommen verschiedenste Differenzialdiagnosen in Betracht, z.B. Endoparasiten, Malabsorption und andere Störungen. Bei neurologischen Symptomen müssen Vergiftungen, Tetanus, Listeriose und Tollwut berücksichtigt werden.
Diagnostik
- Nachweis von Ketonkörpern in Harn, Milch und Blut
- niedrige Blutglukose (< 2 mmol/l)
- Herdendiagnostik: Milchfettgehalt von über 5 % mit einem gleichzeitigen Milcheiweißgehalt von unter 3,2 %
Therapie
- Infusionen mit Glukose
- orale Gabe von glukoplastischen Substanzen, wie z.B. Prophylenglykol oder Natriumproprionat
- Injektion von Glukokortikoiden (steigert die Glukoneogenese)
Bei der subklinischen Ketose steht die Beseitigung der zugrundeliegenden Ursachen im Vordergrund. Zusätzlich kann Propylenglykol in der kritischen Zeit (ca. zwei Wochen post partum) prophylaktisch ins Futter eingemischt werden.
Prophylaxe
Die Fütterungsoptimierung steht im Vordergrund. Eine Energieüberversorgung muss (besonders ante partum) unbedingt vermieden werden - wobei das Futter möglichst geschmackvoll sein sollte. Kurz vor der Abkalbung sollte keine zu rasche Futterumstellung erfolgen, wobei nach der Geburt besonders energiereiches Futter einer Ketose vorbeugen kann.
Quellen
- Rinderskript LMU München (aufgerufen am 17.06.2019)
- Ketokörper Wikipedia (aufgerufen am 17.06.2019)
- VO-Unterlagen, Wittek, Thomas. EWG 11, 5. Semester Konvers. Ätiologie und Pathogenese von Störungen des Energie- und Protein- und Mineralstoffwechsels beim WDK (1).