Insertio velamentosa
von lateinisch: inserere, insertus - einfügen, einlassen; velamentum - Deckmantel, Hülle
Synonym: velamentöse Insertion
Englisch: velamentous insertion
Definition
Die Insertio velamentosa ist eine Ansatzanomalie der Nabelschnur. Die Nabelschnur inseriert nicht an der Plazenta, sondern setzt direkt an den Eihäuten an, sodass die umbilikalen Gefäße zum Teil ohne den Schutz der Wharton-Sulze verlaufen. Die größten Komplikationen sind intrauterine Blutungen, die zur kindlichen Hypoxie bis hin zum Exitus letalis führen können.
Epidemiologie
Die Insertion der Nabelschnur findet sich in 70 % der Schwangerschaften in der Mitte der Plazenta (Insertio centralis). Seltener setzt die Nabelschnur seitlich an der Plazenta an (Insertio paracentralis, Insertio marginalis), oder inseriert direkt in die Eihäute (Insertio velamentosa). Die Häufigkeit der Insertio velamentosa beträgt circa 1 % bei allen Einlingsschwangerschaften, bei Mehrlingsschwangerschaften ist die Inzidenz höher. Die Insertio velamentosa ist in 25 % der Fälle mit nicht-chromosomalen fetalen Fehlbildungen kombiniert.
Pathophysiologie
Da die Gefäße frei in den Eihäuten zur Plazenta verlaufen, kann es bereits frühzeitig in der Schwangerschaft zur Kompression einzelner Nabelschnurgefäße kommen. In der Embryonalperiode führt die auf diese Art entstandene fetale Hypoxie zu fetalen Fehlbildungen. Zirkulationsstörungen zu einem späteren Zeitpunkt bedingen oftmals eine Mangelentwicklung.
Während des Blasensprungs oder bei einer Amniozentese kann ein größeres Gefäß verletzt werden. Die Blutung führt zur fetalen Hypoxie, oder - bei sehr starkem Blutverlust - zum Tod des Kindes. Die Verletzung eines Nabelschnurgefäßes bei Insertio velamentosa ist die häufigste Ursache für eine fetale Blutung. Besonders eine Blutung die gleichzeitig mit dem Blasensprung auftritt, lenkt den Verdacht auf eine Insertio velamentosa.
Verlaufen die umbilikalen Gefäße entlang des inneren Muttermundes, bezeichnet man sie als Vasa praevia.
Symptomatik
- vaginale Blutung
- fetale Fehlbildungen
- fetale Entwicklungsstörungen
- fetale Hypoxie
Diagnostik
Die Insertio velamentosa kann je nach Expertise des Untersuchenden schon ab der 11. Schwangerschaftswoche (SSW) oder im Organscreening (zwischen der 19. und 22. SSW) im Ultraschall festgestellt werden. Die Sicherung der Diagnose erfolgt per Farbduplexsonographie.
Bei jeder uterinen Blutung muss durch Bestimmung des fetalen Hämoglobins (HbF) überprüft werden, ob es sich um eine fetale Blutung handelt. Unabhängig davon wird der Zustand des Feten sofort per Kardiotokographie (CTG), Sonographie und Doppler-Sonographie beurteilt. In der Kardiotokographie finden sich bei einer Hypoxie ausgeprägte variable Dezelerationen.
Therapie
Bei diagnostizierter Insertio velamentosa wird meist eine elektive Sectio caesarea ab der Schwangerschaftswoche 36 oder 37 geplant.
Ist der Nachweis einer fetalen Blutung erbracht, leitet man unverzüglich die Entbindung ein. Je nach Grad der fetalen Gefährdung wird eine Sectio caesarea oder eine vaginale Geburt durchgeführt. In fetal sehr bedrohlichen Fällen, kann die Zeit für eine Sectio nicht ausreichen. Dann ist die Indikation für eine Perfusion Toulousaine zu stellen: mittels Vakuumextraktion wird das Kind - auch bei noch nicht vollständig geöffnetem Muttermund - vom Beckeneingang aus durch das gesamte mütterliche Becken gezogen. Unmittelbar davor wird eine frühzeitige intrauterine Reanimation als Notfalltokolyse mit Fenoterol i.v. als Bolus (Partusisten®) durchgeführt. Nach der erfolgten Geburt muss das Kind unter intensivmedizinischen Bedingungen versorgt werden.
Prognose
Die kindliche Prognose bei Insertio velamentosa und anschließender Blutung ist in der Regel sehr ungünstig.
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