Inneres Schulterimpingement
Englisch: internal impingement of the shoulder
Definition
Das innere Schulterimpingement ist eine Sonderform des Schulterimpingements. Im Gegensatz zum subakromialen Impingement entsteht es primär bei jungen Personen, die Überkopf- und Wurfsportarten ausüben.
Epidemiologie
Haupterkrankungsalter ist das 15. bis 35. Lebensjahr. Männner sind häufiger betroffen.
Pathomechanismus
Posterosuperiores inneres Impingement
Mit der Bezeichnung "inneres Schulterimpingement" ist in der Regel das posterosuperiore Impingement (PSI) gemeint. Überkopf- und Wurfsportarten wie Baseball, Tennis oder Volleyball können zu komplexen Überlastungsschäden der Schulter führen ("Sportlerschulter"). Ursächlich sind verschiedene zusammenwirkende Faktoren:
- Repetitiver und forcierter Kontakt zwischen Tuberculum majus humeri und posterosuperiorem Glenoidrand
- übermäßige Außenrotation durch Hyperlaxizität der anterioren Gelenkkapsel
- glenohumerales Innenrotationsdefizit (GIRD)
- Dyskinesie der Scapula und Ermüdung der dynamischen Schulterstabilisatoren: erhöht die Impaktionskräfte in Abduktion und Außenrotation
Die Dezelerationsphasen während der Würfe verursachen wiederholte Verletzungen und schließlich eine Fibrose des posterioren Zügels des Ligamentum glenohumerale inferius (IGHL) am Glenoid. Die entstehende Verkürzung der posterioren Gelenkkapsel bedingt eine verminderte Innenrotation bei hoher Abduktion (GIRD). Folglich wird der Humeruskopf in der späten Ausholphase des Wurfes abnormal nach posterosuperior verschoben. Dies erhöht die Impaktionskraft zwischen Tuberculum majus und Glenoidrand und verstärkt die Längsverdrehung des Bizepsankers und der Rotatorenmanschette.
Normalerweise wirkt der Humeruskopf wie eine Nockenwelle ("cam effect"), wenn sich die Schulter in Abduktion und Außenrotation befindet. Die posterosuperiore Dezentrierung des glenohumeralen Kontaktpunktes aufgrund der straffen posterioren Gelenkkapsel reduziert diesen Effekt. Dadurch entsteht eine relative Redundanz der anteroinferioren Gelenkkapsel.[1] Dies ermöglicht eine übermäßige Außenrotation und somit:
- Eine Längsverdrehung der langen Bizepssehne an ihrem labralen Ansatz. Infolge kann es zu Pulley-Läsionen, posterosuperioren Labrum- und SLAP-Läsionen kommen.
- Eine Längsverdrehung der Rotatorenmanschette mit partiellen gelenkseitigen oder transmuralen Rupturen der posterioren Supraspinatus- oder anterioren Infraspinatussehne.
Anterosuperiores inneres Impingement
Eine Sonderform stellt das anterosuperiore innere Impingement (ASI) dar. Dabei kommt es vor allem bei Innenrotation, Flexion und Adduktion durch den Kontakt des Bizeps-Pulley mit der Subscapularissehne und dem anterosuperioren Glenoidrand zu persistierenden Schmerzen.
Begleitverletzungen
- Mikroinstabilität der Schulter
- Bennett-Läsion: Ossifikation an der Insertion des posterioren Zügels des Ligamentum glenohumerale inferius bzw. der hinteren Gelenkkapsel am Glenoid.[2]
Klinik
Das innere Schulterimpingement führt zu posterior lokalisierten Schulterschmerzen, insbesondere bei Abduktion und Außenrotation. Weitere Symptome sind eine verringerte Wurfgeschwindigkeit, eine übermäßige Außenrotation und eine verringerte Innenrotation.
Jobe-Stadien
Klinisch werden nach Jobe drei Stadien unterschieden:
- Stadium I: Steifheit, Schmerzen in der späten Ausholphase des Werfens
- Stadium II: konstante posteriore Schulterschmerzen
- Stadium III: persistierende Schmerzen trotz Ruhe und konservativer Therapie
Diagnostik
Ein inneres Schulterimpingement wird klinisch diagnostiziert. Weiterhin können bildgebende Verfahren zusätzliche Hinweise geben.
Konventionelles Röntgen
Im konventionellen Röntgenbild können mehrere Veränderungen am posterioren Humeruskopf mit einem inneren Impingement assoziiert sein:
- intraossäre Zysten
- Sklerose
- kleine Einkerbung ("Pseudo-Hill-Sachs-Läsion")
Außerdem kann eine Ossifikation im Bereich der hinteren Gelenkkapsel auffallen (Bennett-Läsion).
Magnetresonanztomographie
In der Magnetresonanztomographie (MRT) finden sich häufig gelenkseitige Ausfransungen oder kleine Partialrupturen der posterioren Supraspinatus- oder anterioren Infraspinatussehne. Am posterosuperioren Labrum kann es ebenfalls zu einem Riss und ggf. zu einer SLAP-Läsion kommen. Nur selten finden sich paralabrale Zysten.
Am posterioren Humeruskopf sieht man teilweise T2w-hyperintense Zysten, meist im Bereich der medialen "Bare Area" auf Höhe des superioren Anteils des Tuberculum majus. Die Zysten verschwinden in der Regel nach Behandlung, sodass es sich möglicherweise um dilatierte Gefäßkanäle handelt.
In der gleichen Stelle wie die Zysten kann auch eine kleine Einkerbung auffallen. Diese Pseudo-Hill-Sachs-Läsion ist im Vergleich zur echten posterolateralen Hill-Sachs-Delle weiter superior in der Nähe der Insertion der Supraspinatussehne lokalisiert und mit < 1 cm kleiner. Die osteochondrale Impaktion entsteht durch den repetitiven Kontakt mit dem Glenoidrand und kommt bei 50 % der Baseballspielern mit innerem Impingement vor.
Durch die mechanische Abrasion ist der posterosuperiore Glenoidrand abgerundet. Die posteriore Kapsel und der posteriore Zügel des IGHL sind an der glenoidalen Insertion verdickt. Hier kann außerdem eine Bennett-Läsion auffallen. In der axialen PDw-FS-Sequenz zeigt sich weiterhin eine laxe vordere Gelenkkapsel.
Die Sensitivität der T2w-Sequenz bei Patienten mit innerem Impingement und Rotatorenmaschettenläsionen beträgt 27 % und bei Labrumläsionen 50 %.
MR-Arthrographie
Bei der MR-Arthrographie entsteht ein hohes Kontrastmittel-Signal entlang der Rotatorenmanschettenruptur oder der Labrumläsion. Sequenzen in ABER-Position weisen folgende Vorteile auf:
- Die Sehnen der posterosuperioren Rotatorenmanschette sind entspannt, sodass eine Ruptur besser erkennbar ist.
- Das posterosuperiore Labrum liegt orthogonal, sodass Partialvolumeneffekte reduziert werden und Labrumläsionen besser erkennbar sind.
Die Sensitivität bei Patienten mit innerem Impingement und Rotatorenmaschettenläsionen beträgt 54 % und bei Labrumläsionen 50 %.
Differenzialdiagosen
- SLAP-Läsionen anderer Genese: normalerweise eher anterosuperior oder nur superior.
- Subakromiales Impingement: meist anteriore Schulterschmerzen, insbesondere bei Flexion und älteren Patienten. Rotatorenmanschettenrupturen sind typischerweise in der anterioren Hälfte der Supraspinatussehe lokalisiert.
Therapie
Initial wird eine Physiotherapie durchgeführt, um die hintere Kapsel zu dehnen. In therapieresistenten Fällen erfolgt eine arthroskopische posteroinferiore Kapsulotomie. Bei Rotatorenmanschetten- und posterioren SLAP-Läsionen ist ein chirurgisches Débridement oder eine Reparatur indiziert.
Literatur
- Giaroli EL et al. MRI of internal impingement of the shoulder, AJR Am J Roentgenol. 2005;185(4):925-929
- Burkhart SS Internal impingement of the shoulder, Instr Course Lect. 2006;55:29-34
- Myers JB et al. Glenohumeral range of motion deficits and posterior shoulder tightness in throwers with pathologic internal impingement, Am J Sports Med. 2006;34(3):385-391
- Tuite MJ et al. Shoulder MR arthrography of the posterior labrocapsular complex in overhead throwers with pathologic internal impingement and internal rotation deficit, Skeletal Radiol. 2007;36(6):495-502
- Grainger AJ Internal impingement syndromes of the shoulder, Semin Musculoskelet Radiol. 2008;12(2):127-135
- Heyworth BE et al. Internal impingement of the shoulder, Am J Sports Med. 2009;37(5):1024-1037
- Drakos MC et al. Internal impingement of the shoulder in the overhead athlete, J Bone Joint Surg Am. 2009;91(11):2719-2728
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- Manske RC et al. Shoulder posterior internal impingement in the overhead athlete, Int J Sports Phys Ther. 2013;8(2):194-204
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- Spiegl UJ et al. Symptomatic internal impingement of the shoulder in overhead athletes, Sports Med Arthrosc Rev. 2014;22(2):120-129
- Mistry A, Campbell RS Microinstability and internal impingement of the shoulder, Semin Musculoskelet Radiol. 2015;19(3):277-283
- Fessa CK et al. Posterosuperior glenoid internal impingement of the shoulder in the overhead athlete: pathogenesis, clinical features and MR imaging findings, J Med Imaging Radiat Oncol. 2015;59(2):182-187
Quellen
- ↑ Burkhart SS, Lo IK. The cam effect of the proximal humerus: its role in the production of relative capsular redundancy of the shoulder, Arthroscopy. 2007;23(3):241-246
- ↑ Karcich J et al. Bennett lesions in overhead athletes and associated shoulder abnormalities on MRI, Skeletal Radiol. 2019;48(8):1233-1240