Difelikefalin
Handelsname: Kapruvia®
Synonyme: Difelikefalinum, Difelikefalini acetas, Difelikefalinacetat, CKD-943, MR13A9
Englisch: difelikefalin
Definition
Difelikefalin ist ein selektiver Kappa-Opioidrezeptor-Agonist (KOR), der gegen Pruritus bei dialysepflichtigen Patienten (CKD-aP) eingesetzt wird.
Chemie
Difelikafelin ist ein Peptidomimetikum, das der Sequenz Phe-Phe-Leu-Lys entspricht. Am C-Terminus befindet sich ein Piperidin, das an 4-Position mit einer Carbonsäure- und Amino-Funktion substituiert ist. Die Summenformel ist C36H53N7O6. Der chemische Name lautet
- 4-Amino-1-[(2R)-6-amino-2-[[(2R)-2-[[(2R)-2-[[(2R)-2-amino-3-phenylpropanoyl]amino]-3-phenylpropanoyl]amino]-4-methylpentanoyl]amino]hexanoyl]piperidin-4-carbonsäure (IUPAC)
Die molare Masse beträgt 679,8 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) -0.6. Die CAS-Nummer lautet 1024828-77-0. Als Arzneistoff wird Difelikefalinacetat verwendet, das bei Raumtemperatur als weißes Pulver vorliegt und in Wasser löslich ist.
Wirkmechanismus
Viele Dialysepatienten leiden unter Pruritus, dessen genaue Pathophysiologie derzeit (2023) nicht geklärt ist. Der Juckreiz entsteht infolge der chronischen Nierenerkrankung auf der Basis metabolischer, immunologischer, neuropathischer und psychischer Einflussfaktoren.[1] Unter anderem geht er auch mit einem Ungleichgewicht des endogenen Opioidsystems einher, das bei der Modulation von Juckreiz eine Rolle spielt. Während die μ-Opioidrezeptoren hochreguliert werden, werden die κ-Opioidrezeptoren herunterreguliert.
Die Aktivierung von κ-Rezeptoren reduziert den Juckreiz. Difelikefalin aktiviert selektiv κ-Rezeptoren und lindert so die Symptomatik, ohne dass der Wirkmechanismus im einzelnen geklärt ist. Das Einsetzen der juckreizlindernden Wirkung ist zwei bis drei Wochen nach Beginn der Behandlung zu erwarten.[2][3]
Pharmakokinetik
Das Verteilungsvolumen beträgt 145 bis 189 ml/kgKG bei Gesunden und 214 bis 301 ml/kgKG bei Dialysepatienten. Die Plasmaproteinbindung ist gering (23 - 28 % bei Dialysepatienten). Aufgrund seiner physikochemischen Eigenschaften ist davon auszugehen, dass Difelikafelin die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann, sodass die Rezeptoren lediglich in der Peripherie aktiviert werden. Bei einer klinischen Studie (2023) sind aber zentrale (Neben-)Wirkungen aufgetreten.[4] Bei gesunden Probanden beträgt die Plasmahalbwertszeit zwei bis drei Stunden, die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal. Bei Dialysepatienten ist die Halbwertszeit ohne Dialyse ist um den Faktor 10 erhöht (23 bis 31 Stunden) und die Ausscheidung erfolgt zum Großteil über die Fäzes. Difelikafelin wird nicht durch Enzyme des Cytochrom-P450-Systems metabolisiert und ist kein Inhibitor oder Induktor von CYP-Enzymen.[2]
Indikation
Difelikefalin ist indiziert zur Behandlung von mittelschwerem bis schwerem Pruritus im Zusammenhang mit chronischen Nierenerkrankungen (CKD-aP) bei Erwachsenen, die sich einer Hämodialyse unterziehen müssen
Klinische Studien werden auch für weitere Indikationen durchgeführt, so bei Juckreiz im Zusammenhang mit atopischer Dermatitis oder primärer biliärer Cholangitis. In einer klinischen Studie der Phase II konnte gezeigt werden, dass Difelikefalin die Beschwerden von Patienten mit Notalgia paraesthetica bessert.[4]
Darreichungsform
Difelikefalin steht in Form einer Injektionslösung zur intravenösen Anwendung zur Verfügung.
Dosierung
Difelikefalin wird dreimal wöchentlich am Ende der Hämodialysebehandlung beim oder nach dem Rückspülen als intravenöse Bolusinjektion in den venösen Zugang des extrakorporalen Kreislaufes verabreicht. Die Dosis beträgt 0,5 µg/kg Trockengewicht (d.h. das Zielgewicht nach der Dialyse). Es sollen nicht mehr als vier Dosen pro Woche angewendet werden. Difelikefalin ist dialysabel und wird deshalb erst verabreicht, wenn kein Blut mehr durch den Dialysator fließt.[2]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Difelikefalin kann folgende Nebenwirkungen auslösen:[2]
- Hyperkaliämie: Unter der Behandlung wurde über eine erhöhte Rate an Hyperkaliämien berichtet. Eine Kausalität konnte jedoch nicht gezeigt werden, da Hyperkaliämien generell bei dialysepflichtigen Patienten auftreten können.
- Schwindel, Somnolenz
- Parästhesie, Kopfschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
Wechselwirkungen
Wirkstoffe mit ZNS-depressiver Wirkung (Sedativa, sedierende Antihistaminika, Opioid-Analgetika) können das Auftreten von Schwindel und Somnolenz fördern.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen Difelikafelin oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.
Bei Erkrankungen, bei denen die Blut-Hirn-Schranke beeinträchtigt ist (z.B. Hirntumore, Multiple Sklerose, Morbus Alzheimer), sollte Difelikafelin mit Vorsicht eingesetzt werden, da zentrale Wirkungen auftreten können.
Toxizität
In klinischen Studien wurden Dialysepatienten Dosierungen bis zum 12-fachen der empfohlenen Einzeldosis von 0,5 µg/kgKG und bis zum 5-fachen der empfohlenen wiederholten Dosierung verabreicht. Dabei wurde ein dosisabhängiger Anstieg der Nebenwirkungen, einschließlich Hypertonie, Schwindel, Müdigkeit, Somnolenz und psychische Störungen sowie Erbrechen beobachtet.
Im Falle einer Überdosierung kann Difelikefalin durch eine 4-stündige Hämodialyse mit einem High-Flux-Dialysegerät zu 70 bis 80 % aus dem Plasma entfernt werden. Am Ende eines zweiten Dialysezyklus war Difelikefalin im Plasma nicht mehr nachweisbar.[5]
Zulassung
Difelikefalin ist in der EU seit 2022, in den USA seit 2021 zugelassen.
ATC-Code
- V03AX04 - Andere therapeutische Mittel
Quellen
- ↑ Schricker S, Kimmel M. Unravelling the pathophysiology of chronic kidney disease-associated pruritus. Clin Kidney J. 2021 Dec 24;14(Suppl 3):i23-i31. doi: 10.1093/ckj/sfab200. PMID: 34987780; PMCID: PMC8702819.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Kapruvia 50 Mikrogramm, Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels (Fachinformation); aufgerufen am 04.10.2022
- ↑ Maucher, V. Neueinführung Kapruvia bei Hämodialysepatienten mit starkem Pruritus. gelbe Liste online (2022); aufgerufen am 04.10.2022
- ↑ 4,0 4,1 Kim BS et al. Phase 2 Trial of Difelikefalin in Notalgia Paresthetica. N Engl J Med. 2023
- ↑ Full prescribing information Korsuva™, FDA, abgerufen am 21.03.2023
Weblinks
- Drugs.com - Difelikefalin, abgerufen am 21.03.2023
- Drugbank - Difelikefalin, abgerufen am 21.03.2023
- Pharmazeutische Zeitung Arzneistoffe - Difelikefalin, abgerufen am 21.03.2023
- Gelbe Liste Wirkstoffe - Difelikefalin, abgerufen am 21.03.2023
- PharmaWiki - Difelikefalin , abgerufen am 21.03.2023
- PubChem: 24794466 , abgerufen am 21.03.2023
- MeSH: C000657129 , abgerufen am 21.03.2023