Crizanlizumab
Handelsname: Adakveo®
Definition
Crizanlizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der gegen P-Selektin gerichtet ist. Er wird zur Prävention vasookklusiver Krisen bei der Sichelzellanämie eingesetzt. Nachdem der klinische Nutzen in einer Phase-III-Studie (STAND) nicht bestätigt werden konnte, wurde die Marktzulassung in der EU 2023 widerrufen.[1]
Chemie
Crizanlizumab ist ein selektiver humanisierter monoklonaler IgG2-kappa-Antikörper.[2]
Wirkmechanismus
P-Selektin ist ein Adhäsionsprotein, das auf der Oberfläche von aktivierten Endothelzellen und aktivierten Thrombozyten vorkommt. Das Glykoprotein spielt eine wichtige Rolle bei der Rekrutierung von Leukozyten und bei der Aggregation von Thrombozyten bei Gefäßverletzungen. Bei einer Sichelzellanämie wird es überexprimiert. Die durch P-Selektin vermittelte, multizelluläre Adhäsion spielt eine zentrale Rolle bei der Vasookklusion und der Auslösung vasookklusiver Krisen (VOC).
Crizanlizumab bindet selektiv an P-Selektin und verhindert dadurch die Bindung des natürlichen Liganden P-Selektin-Glykoprotein-Ligand-1 (PSGL-1) oder dissoziiert P-Selektin/PSGL-1- Komplexe. Durch die Bindung von Crizanlizumab an P-Selektin auf der Oberfläche des aktivierten Endothels und der Thrombozyten wird die Interaktionen zwischen Endothelzellen, Thrombozyten, Erythrozyten und Leukozyten wirksam blockiert und so eine Vasookklusion verhindert.[2]
Pharmakokinetik
Crizanlizumab wird intravenös verabreicht. Sein Verteilungsvolumen (Vd) beträgt etwa 4,26 Liter (ca. 0,06 L/kgKG). Die Biotransformation erfolgt in der Leber durch lysosomale Proteolyse zu Peptiden und Aminosäuren, die in den Intermediärstoffwechsel einfließen. Die Elimination erfolgt bei Patienten mit Sichelzellanämie mit einer mittleren terminalen Halbwertszeit von 11,2 Tagen.[2]
Indikation
- Prävention wiederkehrender vasookklusiver Krisen bei Sichelzellanämie. Die Anwendung kann als Monotherapie oder als Zusatztherapie zur Gabe von Hydroxyurea erfolgen.[3]
Darreichungsform und Dosierung
Crizanlizumab wird als intravenöse Infusion verabreicht. Die empfohlene Dosis beträgt 5 mg/kgKG, verabreicht über 30 Minuten in Woche 0 und 2 und danach alle vier Wochen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Mögliche Nebenwirkungen von Crizanlizumab sind:[3]
- Infusionsbedingte Reaktionen: Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen, Ermüdung, Schwindelgefühl
- Schmerzen im Mund-Rachen-Bereich
- Nausea, Abdominalschmerz, Diarrhö, Erbrechen
- Arthralgien, Rückenschmerzen, Myalgien
- Beeinträchtigung der Untersuchung zur Bestimmung der Thrombozytenzahl, insbesondere bei Verwendung von EDTA-Röhrchen. Durch ein Verklumpen der Thrombozyten ist das Ergebnis der Untersuchung nicht mehr aussagekräftig; eine Beeinträchtigung der Thrombozyten in vivo wurde nicht gezeigt.
Wechselwirkungen
Mögliche Wechselwirkungen wurden nicht in Studien untersucht. Wechselwirkungen auf Ebene des Cytochrom-P450-Systems sind nicht zu erwarten. Wechselwirkungen mit Hydroxyurea wurden nicht beobachtet.[3]
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder gegen Bestandteile von CHO-Zellen
Zulassung
Crizanlizumab wurde im November 2019 in den USA durch die FDA zugelassen. Der Wirkstoff wird von Novartis entwickelt. Im Januar 2019 erhielt er von der FDA den Status einer "Breakthrough Therapy". Im Juli 2020 empfahl der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA die Zulassung von Crizanlizumab unter „Besonderen Bedingungen”. Im Oktober desselben Jahres wurde der Arzneistoff zugelassen.
Die Ergebnisse der randomisierten Phase-III-Studie CSEG101A2301 (STAND) zeigten keinen Unterschied zwischen Crizanlizumab und Placebo in Bezug auf die jährliche Rate an vasookklusiven Krisen, die zu einem Arztbesuch führten.[4] Somit konnte der klinische Nutzen nicht bestätigten werden. Der CHMP gelangte daher zu dem Schluss, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht länger als positiv einzuschätzen ist und die Zulassung in der EU widerrufen wird.[1]
ATC-Code
- B06AX01- Andere Hämatologika
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Adakveo® (Crizanlizumab): Widerruf der EU-Zulassung aufgrund fehlender therapeutischer Wirksamkeit. Rote Hand Brief vom 15.06.2023. Abgerufen am 15.06.2023
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Adakveo®. EMA-Fachinformation, aufgerufen am 14.02.2022
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Fachinformation: Adakveo® 10 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Fachinfo-Service online, aufgerufen am 14.02.2023
- ↑ Adakveo® (Crizanlizumab): Phase-Ill-Studie (CSEG101A2301) zeigt keine Überlegenheit für Crizanlizumab gegenüber Placebo. Rote Hand Brief Novartis 2023-02-14
um diese Funktion zu nutzen.