Cornu ammonis 1
Synonyme: CA-1, CA-Region 1, Ammonshorn-Region 1
Definition
Das Cornu ammonis 1, kurz CA1, ist eine wichtige Region im Hippocampus, die eine zentrale Rolle bei Prozessen wie dem deklarativen Gedächtnis, der räumlichen Orientierung und der Informationsverarbeitung zwischen Kortex und Hippocampus spielt. Das Cornu ammonis 1 ist entscheidend für die Verarbeitung von Informationen, die in Gedächtnis- und Lernprozesse involviert sind.
Anatomie
Das CA1 liegt im Ammonshorn des Hippocampus, zwischen den Bereichen CA2 und dem Subiculum. Seine Afferenzen kommen vor allem über die Schaffer-Kollateralen sowie ergänzend über Eingänge aus dem entorhinalen Kortex (primär der Lamina III) entlang des temporoammonischen Pfades. Die Efferenzen von CA1 projizieren unter anderem zum Subiculum, dem entorhinalen Kortex (primär der Lamina V), dem präfrontalen Kortex, dem Nucleus accumbens und anderen limbischen Strukturen.
Eine besondere funktionelle Bedeutung hat das CA1 in der zeitlichen Sequenzierung von Ereignissen und der Mustertrennung oder -ergänzung. Dieses wird durch die enge Integration von kortikalen Eingängen und intrahippocampaler Verarbeitung (primär aus CA3) ermöglicht.
Histologie
Zellstruktur
- Glutamaterge Pyramidenzellen mit charakteristischer somatodendritischer Polarität
- Netzwerk von GABAergen Interneuronen (u.a. parvalbuminpositive Korbzellen) zur Modulation der Oszillationsmuster
Schichtung (von innen nach außen)
- Stratum oriens (I): Interneurone, basale Dendriten der Pyramidenzellen
- Stratum pyramidale (II): dicht gepackte Pyramidenzell-Somata
- Stratum radiatum (III): proximale apikale Dendriten; Eingänge aus Schaffer-Kollateralen
- Stratum lacunosum-moleculare (IV): distale apikale Dendriten; Eingänge aus entorhinalem Kortex
Besonderheiten der Neurophysiologie
Das CA1 zeichnet sich durch eine hohe Dichte von NMDA- und AMPA-Rezeptoren an den dendritischen Synapsen aus, was es besonders empfänglich für synaptische Plastizität macht. Diese Plastizität ist insbesondere für die Langzeitpotenzierung (LTP) und die Langzeitdepression (LTD) von Bedeutung, die an den Schaffer-CA1-Synapsen auftreten. Diese Veränderungen spielen eine Schlüsselrolle in der Koinzidenzdetektion und der zeitlichen Verarbeitung von Informationen.
Klinik
Die CA1-Region ist besonders anfällig für verschiedene Pathologien:
Hypoxie/Ischämie
Das CA1 zeigt eine ausgeprägte selektive Vulnerabilität gegenüber globaler zerebraler Ischämie ("Sommersektorneuronenschaden“). Schon kurze Perioden von Hypoxie können zu verzögerter neuronaler Degeneration führen, einem Phänomen, das als "delayed neuronal death“ bezeichnet wird.
Epilepsie
Das CA1 ist häufig von Sklerose betroffen, besonders bei Temporallappenepilepsie, und spielt dabei eine Schlüsselrolle in der hippocampalen Sklerose. Hierbei kommt es zu neuronalem Verlust und gliotischen Umbauprozessen.
Alzheimer-Krankheit
Frühe tauopathische Veränderungen und synaptischer Verlust im CA1, insbesondere die Beeinträchtigung der Signalübertragung von CA3 nach CA1, sind zentrale Mechanismen der episodischen Gedächtnisstörung bei Alzheimer. Bereits im Frühstadium treten hier neurofibrilläre Tangles sowie "Ghost-Tangles“ auf.
Stress/Glukokortikoidgabe
Chronische Überexposition gegenüber Cortisol führt zu strukturellen Veränderungen in den CA1-Pyramidenzellen, insbesondere zu einer Retraktion der Dendriten. Diese Veränderungen können kognitive Defizite verursachen, die sowohl reversibel als auch irreversibel sein können.
Schizophrenie und affektive Störungen
Bildgebende Verfahren zeigen bei Schizophrenie und affektiven Störungen häufig eine veränderte Aktivität des Hippocampus. Das CA1 wird als ein möglicher Ursprung dysregulierter hippocampaler Outputsignale diskutiert, was zu den pathologischen Symptomen dieser Erkrankungen beitragen könnte.