Synonyme: Schläfenlappenepilepsie, psychomotorische Epilepsie
Englisch: temporal lobe epilepsy
Die Temporallappenepilepsie, kurz TLE, ist eine zu den Epilepsie-Syndromen zählende fokale Form der Epilepsie, deren Fokus im Schläfenlappen lokalisiert ist.
ICD-Code 40.2
Die Temporallappenepilepsie ist die häufigste Epilepsieform des Kindes- und Erwachsenenalters mit Erstmanifestation zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr.
In Abhängigkeit der Fokuslokalisation unterscheidet man zwischen mesialer und neokortikaler TLE:
Kryptogene Formen mit unklarer Ursache sind etwa ebenso häufig wie hirnorganische Läsionen, z.B.
Die Anfallscharakteristik ist individuell und je nach Form unterschiedlich:
Bei der mesialen Temporallappenepilepsie können vor der Erstmanifestation der Anfälle Fieberkrämpfe im Kindesalter als Prodromi auftreten. Der zeitliche Abstand kann dabei mehrere Jahre betragen.
Bei über 80 % der Patienten beginnt der Anfall mit einer Aura, gefolgt von einem Verharren mit starrem Blick, frühen oralen Automatismen, einer kontralateralen Tonisierung in Kombination mit vegetativen Symptomen und einer Bewusstseinsstörung. Postiktal haben die Patienten häufig eine lange Reorientierungsphase. Die Dauer solcher Anfälle beträgt in der Regel 1-3 Minuten und wiederholt sich wöchentlich bis monatlich.
Die neokortikale Temporallappenepilepsie manifestiert sich bei Anlagestörungen der Hirnrinde meist früh, bei vaskulärer oder neoplastischer Ursache sowie bei neurodegenerativen Erkrankungen hingegen später. Die Patienten erleben oft eine Aura mit auditorischen Halluzinationen (Geräusche, Stimmen), Illusionen und komplexen visuellen Phänomenen (Mikropsie, Makropsie). Es kann ein Spracharrest vorliegen sowie eine frühe kontralaterale Tonisierung.
Im EEG oder Langzeit-EEG zeigen sich epilepsietypische uni- oder bitemporale Spikes und Sharp-Waves. Die weitere Ursachenabklärung erfolgt durch bildgebende Verfahren (MRT, CCT).
Die Wahl des Antikonvulsivums sollte stets patientenorientiert und möglichst nebenwirkungsarm sein. Zu den Medikamenten der 1. Wahl zählen:
Als Mittel der 2. Wahl kommen Carbamazepin, Oxcarbazepin, Topiramat, Valproat, Gabapentin und Pregabalin zum Einsatz.
Bei vergeblichem Einsatz von mindestens zwei in maximal verträglicher Dosis eingesetzten Antiepileptika oder spätestens nach 5 Jahren vergeblicher medikamentöser Therapie sollte die Zuweisung in ein spezielles epilepsiechirurgisches Zentrum erfolgen, um die Frage der Operabilität des Anfallsleidens zu prüfen.
Die operativen Verfahren setzen eine aufwändige prächirurgische Epilepsiediagnostik voraus. Neben der Fokuslokalisation wird geprüft, ob die identifizierte anfallsgenerierende Struktur ohne zusätzliche neurologische und neuropsychologische Defekte entfernt werden kann.
Man unterscheidet bei der operativen Therapie zwischen:
Eine rein medikamentöse Therapie führt bei Patienten mit Temporallappenepilepsie in etwa 30-40% der Fälle nicht zur einer suffizienten Anfallskontrolle. Die Ergebnisse der Epilepsiechirurgie sind besser, die Therapie ist allerdings mit höheren Risiken verbunden. Eine Anfallsfreiheit kann bei Behandlung in einem spezialisierten Zentrum bei über 60% der Patienten erreicht werden (unter Fortführung der Antiepileptikabehandlung).
Fachgebiete: Kinderheilkunde, Neurochirurgie, Neurologie
Diese Seite wurde zuletzt am 18. Dezember 2020 um 17:59 Uhr bearbeitet.
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