Temporallappenepilepsie
Synonyme: Schläfenlappenepilepsie, psychomotorische Epilepsie
Englisch: temporal lobe epilepsy
Definition
Die Temporallappenepilepsie, kurz TLE, ist eine zu den Epilepsie-Syndromen zählende fokale Form der Epilepsie, deren Fokus im Schläfenlappen lokalisiert ist.
ICD-Code 40.2
Epidemiologie
Die Temporallappenepilepsie ist die häufigste Epilepsieform des Kindes- und Erwachsenenalters mit Erstmanifestation zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr.
Formen
In Abhängigkeit der Fokuslokalisation unterscheidet man zwischen mesialer und neokortikaler TLE:
- Mesiale Temporallappenepilepsie (mTLE): Häufigste Form der Schläfenlappenepilepsie. Der epileptische Fokus liegt im Hippocampus oder in hippocampusnahen Arealen (Area entorhinalis, Amygdala).
- Neokortikale oder laterale Temporallappenepilepsie (nTLE/lTLE): Der Fokus ist im temporalen Neocortex lokalisiert.
Ätiologie
Kryptogene Formen mit unklarer Ursache sind etwa ebenso häufig wie hirnorganische Läsionen, z.B.
- Tumoren
- vaskuläre Malformationen mit ischämischer Parenchymdegeneration
- Hirnblutungen
- Schädel-Hirn-Traumata
- Folgekomplikationen entzündlicher Prozesse (Meningitis, Enzephalitis)
- Hippocampussklerose (mTLE)
- Anlagestörungen der Hirnrinde
- Neurodegenerative Erkrankungen
Klinik
Die Anfallscharakteristik ist individuell und je nach Form unterschiedlich:
Mesiale Temporallappenepilepsie
Bei der mesialen Temporallappenepilepsie können vor der Erstmanifestation der Anfälle Fieberkrämpfe im Kindesalter als Prodromi auftreten. Der zeitliche Abstand kann dabei mehrere Jahre betragen.
Bei über 80 % der Patienten beginnt der Anfall mit einer Aura, gefolgt von einem Verharren mit starrem Blick, frühen oralen Automatismen, einer kontralateralen Tonisierung in Kombination mit vegetativen Symptomen und einer Bewusstseinsstörung. Postiktal haben die Patienten häufig eine lange Reorientierungsphase. Die Dauer solcher Anfälle beträgt in der Regel 1-3 Minuten und wiederholt sich wöchentlich bis monatlich.
Neokortikale Temporallappenepilepsie
Die neokortikale Temporallappenepilepsie manifestiert sich bei Anlagestörungen der Hirnrinde meist früh, bei vaskulärer oder neoplastischer Ursache sowie bei neurodegenerativen Erkrankungen hingegen später. Die Patienten erleben oft eine Aura mit auditorischen Halluzinationen (Geräusche, Stimmen), Illusionen und komplexen visuellen Phänomenen (Mikropsie, Makropsie). Es kann ein Spracharrest vorliegen sowie eine frühe kontralaterale Tonisierung.
Diagnostik
Im EEG oder Langzeit-EEG zeigen sich epilepsietypische uni- oder bitemporale Spikes und Sharp-Waves. Die weitere Ursachenabklärung erfolgt durch bildgebende Verfahren (MRT, CCT).
Therapie
Medikamentöse Therapie
Die Wahl des Antikonvulsivums sollte stets patientenorientiert und möglichst nebenwirkungsarm sein. Zu den Medikamenten der 1. Wahl zählen:
Als Mittel der 2. Wahl kommen Carbamazepin, Oxcarbazepin, Topiramat, Valproat, Gabapentin und Pregabalin zum Einsatz.
Operative Therapie
Bei vergeblichem Einsatz von mindestens zwei in maximal verträglicher Dosis eingesetzten Antiepileptika oder spätestens nach 5 Jahren vergeblicher medikamentöser Therapie sollte die Zuweisung in ein spezielles epilepsiechirurgisches Zentrum erfolgen, um die Frage der Operabilität des Anfallsleidens zu prüfen.
Die operativen Verfahren setzen eine aufwändige prächirurgische Epilepsiediagnostik voraus. Neben der Fokuslokalisation wird geprüft, ob die identifizierte anfallsgenerierende Struktur ohne zusätzliche neurologische und neuropsychologische Defekte entfernt werden kann.
Man unterscheidet bei der operativen Therapie zwischen:
- resektiven (kurativen) Verfahren: Mit dem Ziel der Anfallsfreiheit. Die überwiegende Mehrzahl der Resektionen (ca. 60 %) erfolgt im Schläfenlappen.
- nicht-resektiven (palliativen) Verfahren: Mit dem Ziel der Anfallsverbesserung und der positiven Beeinflussung der Sturzanfälle.
- Kallosotomie: Die kognitiven Folgen einer Kallosotomie können lebensbeeinträchtigend sein. Das Verfahren sollte daher erst am Ende der Therapiekette stehen.
Prognose
Eine rein medikamentöse Therapie führt bei Patienten mit Temporallappenepilepsie in etwa 30-40% der Fälle nicht zur einer suffizienten Anfallskontrolle. Die Ergebnisse der Epilepsiechirurgie sind besser, die Therapie ist allerdings mit höheren Risiken verbunden. Eine Anfallsfreiheit kann bei Behandlung in einem spezialisierten Zentrum bei über 60% der Patienten erreicht werden (unter Fortführung der Antiepileptikabehandlung).
um diese Funktion zu nutzen.