Kallosotomie
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Synonyme: Split-Brain-Operation, Callosotomie
Englisch: corpus callosotomy
Definition
Die Kallosotomie ist ein palliatives neurochirurgisches Verfahren, bei dem das Corpus callosum teilweise oder vollständig durchtrennt wird. Sie dient der Unterbrechung interhemisphärischer Verbindungen, um die Ausbreitung epileptischer Aktivität zu verhindern.
Technik
Der Eingriff erfolgt über eine interhemisphärische Kraniotomie in Rückenlage unter Vollnarkose. Nach Duraeröffnung werden das Corpus callosum und die perikallösen Gefäße dargestellt und der Balken mikrochirurgisch – meist vom Balkenknie nach hinten – durchtrennt. Die vordere Grenze wird durch die Arteriae cerebri anteriores, die hintere durch die Cisterna venae magnae cerebri gebildet. Häufig erfolgt zunächst eine anteriore Kallosotomie. Bei unzureichender Wirkung kann sie in einem zweiten Eingriff posterior erweitert werden. Endoskopische Verfahren reduzieren die Kraniotomiedimension und verbessern die Visualisierung. Bei Bedarf wird zur besseren Orientierung eine Neuronavigation eingesetzt.
Neuere minimal-invasive Alternativen sind die MRT-gesteuerte laserinduzierte Thermotherapie (LITT) und die stereotaktische Radiochirurgie.
Indikationen
Indiziert ist die Kallosotomie bei:
- therapieresistenter generalisierter oder multifokaler Epilepsie ohne klar abgegrenzte resezierbare Läsion
- gehäuften Sturzanfällen mit Verletzungsgefahr trotz adäquater medikamentöser Therapie
- fehlendem Erfolg alternativer Behandlungsansätze.
Voraussetzung ist eine sorgfältige präoperative Evaluation in einem interdisziplinären Epilepsiechirurgie-Board mit klinisch-neurologischer, elektrophysiologischer, bildgebender und neuropsychologischer Diagnostik.
Risiken
Zu den allgemeinen Operationsrisiken zählen Infektionen, Blutungen, Liquorfisteln und postoperativer Hydrozephalus. Spezifisch ist das Risiko eines Split-Brain-Syndroms, das sich in einer gestörten Kommunikation zwischen den Hemisphären äußern kann, etwa durch Schwierigkeiten beim Benennen von Gegenständen, die nur in einer Gesichtsfeldhälfte wahrgenommen werden.
Im Vergleich zur partiellen Durchtrennung treten solche Phänomene nach kompletter Kallosotomie häufiger auf, sind jedoch meist transient. Da das Verfahren nicht kurativ ist, kann eine vollständige Anfallsfreiheit nur selten erreicht werden.
Kontraindikationen
Eine Kallosotomie sollte nicht durchgeführt werden, wenn schwerwiegende kognitive oder medizinische Begleiterkrankungen das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig beeinflussen.
Prognose
Studien belegen, dass nach Kallosotomie insbesondere die Häufigkeit von Sturzanfällen deutlich abnimmt. Bei partieller Durchtrennung wird bei rund der Hälfte der Patienten eine Anfallsreduktion um mehr als 50 % erreicht, bei vollständiger Kallosotomie sind die Erfolgsraten häufig höher.
Neben der Anfallskontrolle berichten viele Patienten über Verbesserungen in Aufmerksamkeit, sozialer Interaktion und Selbstständigkeit. Bei milden kognitiven Einschränkungen und unauffälligem MRT vor der Operation ist der Outcome generell günstiger.
Literatur
- S2k-Leitlinie: Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter, 2023, zuletzt abgerufen am 22.10.2025
- Barrit et al., Complete Corpus Callosotomy for Refractory Epilepsy in Children, World Neurosurg, 2022
- Markosian et al., Corpus Callosotomy in the Modern Era: Origins, Efficacy, Technical Variations, Complications, and Indications, World Neurosurg, 2022
- Malmgren et al., Reappraisal of corpus callosotomy, Curr Opin Neurol, 2015