Aufmerksamkeit

Aufgenommene Sinnesreize werden im sensorischen Gedächtnis in Bruchteilen einer Sekunde mit dem Inhalt des Langzeitgedächtnisses verglichen und bewertet. In Routinesituationen (z.B. im Straßenverkehr) geschehen diese Abläufe unbewusst (automatisierte Aufmerksamkeit). Dadurch kommt es nur nur zu einer geringen Interferenz mit anderen kognitiven Prozessen, z.B. einem gleichzeitig geführten Gespräch.

Orientierungsreflexe sichern die Hinwendung der Aufmerksamkeit auf neue Reize. Habituation verhindert die Beachtung bekannter Reize.

Neuartige, komplexe oder mehrdeutige Reize erregen die bewusste, kontrollierte (gerichtete) Aufmerksamkeit. Die Reaktion darauf (z.B. Prioritäten setzen) involviert weite Teile des Gehirns. Da die Kapazität für gerichtete Aufmerksamkeit begrenzt ist, kann diese nur auf eine Reizsituation gerichtet werden.

Das limitierte Kapazitätskontrollsystem (LCCS) bestimmt die Grenzen der Aufmerksamkeit. Es ist sowohl für die Herstellung tonischer (anhaltender) Wachheit als auch phasischer (kurzfristiger) selektiver Aufmerksamkeit verantwortlich. Beim Eingang von neuen und potentiell wichtigen Reizen wird das Bewusstsein hinzugeschaltet (gerichtete Aufmerksamkeit). Für die verschiedenen Aufgaben der kontrollierten Aufmerksamkeit (Prioritäten setzen, Aufgeben von alten Zielen, Selektion und Mobilisierung) werden unterschiedliche Hirnsysteme im LCCS bevorzugt aktiviert. Dazu zählen u.a. die perisylvische Region, der posteriore Parietallappen, der präfrontale Kortex, der Thalamus und der Gyrus cinguli.

Ein weiterer eigenständiger Mechanismus im LCCS ist das Unterbrechen gerade ablaufender Konzentrationsvorgänge bei Eintreffen von Warnsignalen.

...nach Kontrolle der Aufmerksamkeit

• automatisierte, nicht-bewusste Aufmerksamkeit
• kontrollierte, bewusste, gerichtete Aufmerksamkeit

...nach Umfang der Aufmerksamkeit

• Fixierende Aufmerksamkeit: beschränkt sich eng auf ein Objekt bzw. Konstrukt
• Fluktuierende Aufmerksamkeit: hat einen weiten Umfang, ist vielseitig und gleitend

...nach dem Kanal der Aufmerksamkeit

• visuelle Aufmerksamkeit
• auditive Aufmerksamkeit
• motorische Aufmerksamkeit

Bei einer reduzierten Aufmerksamkeit spricht man von einem Aufmerksamkeitsdefizit, z.B. im Rahmen eines ADHS. Aufmerksamkeitsdefizite gehören zu den Konzentrationsstörungen. Die Diagnostik erfolgt durch spezielle Testverfahren, z.B. durch einen d2-Test.

• Silbernagl S, Agamemnon D. Taschenatlas der Physiologie. 6. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2003.
• Birbaumer & Schmidt. Aufmerksamkeit & Bewußtsein. 1999. Kap. 22