Blutgruppenbestimmung
Englisch: blood typing
Definition
Eine Blutgruppenbestimmung ist eine Untersuchung der Blutgruppeneigenschaften von Patienten nach einem genau festgelegten Prozedere. Die Diagnostik ist in den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Hämotherapie detalliert geregelt.
Indikationen
Eine Blutgruppenbestimmung kann durchgeführt werden bei:
- Schwangerschaft (Mutterschafts-Vorsorge)
- geplanten Bluttransfusionen: blutgruppenkompatibel ausgewählt werden müssen z.B. Erythrozytenkonzentrate, Thrombozytenkonzentrate, Granulozytenkonzentrate, Gerinnungsaktives Plasma
- geplanten Organtransplantationen
Die Blutgruppenbestimmung spielte früher auch bei der Erstellung von Abstammungsgutachten (Vaterschaftstest) und in der Forensik eine wichtige Rolle, wurde hier jedoch weitgehend durch molekulargenetische Verfahren abgelöst.
Formen
Das Basisprogramm der Blutgruppenbestimmung besteht aus der AB0-Blutgruppe und dem Rhesusfaktor (Rhesus-D). In aller Regel wird zusammen mit der Blutgruppenbestimmung auch ein Antikörpersuchtest durchgeführt.
Die zweite Stufe der Blutgruppenbestimmung umfasst zusätzlich die Rhesusformel und die Kell-Eigenschaft. Dies ist z.B. notwendig, um für Patienten, die eine längerfristige Transfusionstherapie benötigen, Rhesus-Kell-kompatible Blutprodukte auswählen zu können.
Darüber hinaus können Merkmale aus vielen weiteren Blutgruppensystemen untersucht werden. Diese spielen u.a. eine Rolle in der Abklärung von Transfusionsreaktionen.
Klinik
Erhält ein Patient im lebensbedrohlichen Notfall eine Transfusion, noch bevor eine Bestimmung der eigentlichen Blutgruppe möglich war, so sollte dennoch vor Gabe der Transfusion eine Blutprobe abgenommen werden, um die Blutgruppe im Anschluss zu evaluieren. Nach Transfusion ist die Bestimmung der Blutgruppeneigenschaften erschwert oder unmöglich (Mischblut).
Die Blutgruppenbestimmung mit Antikörpersuchtest sollte bei Patienten, die im weiteren Verlauf möglicherweise eine Erythrozytentransfusion benötigen, möglichst frühzeitig veranlasst werden, um Probleme durch seltene Blutgruppenkonstellationen oder irreguläre erythrozytäre Antikörper vorab zu erkennen (Type-and-screen-Strategie).
Der AB0-Identitätstest (Bedside-Test) ist keine Blutgruppenbestimmung lege artis, sondern dient als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme zum Ausschluss von Verwechslungen.
Labormedizin
Für die Blutgruppenbestimmung werden 10 ml Vollblut benötigt. Entsprechend der Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) entspricht die Bestimmung folgenden Einzelaufträgen:[1]
- AB0-Bestimmung
- Rh-Bestimmung
- Antikörpersuchtest
Ein Labor darf sich bei der Vorbereitung von Transfusionen nicht auf fremde Blutgruppenbestimmungen verlassen, sondern muss diese Diagnostik selbst erneut durchführen.
Hinweise
- Nur korrekt beschriftete Blutröhrchen können bearbeitet werden. Die Röhrchen müssen daher immer mit dem Namen, Vornamen und Geburtsdatum des Patienten versehen sein.
- Bestimmte Blutgruppenmerkmale bedingen weiterführende Untersuchungen.
- Der Antikörpersuchtest ist nach den Richtlinien der BÄK Bestandteil der Blutgruppenbestimmung.
Untersuchungsmethode
Die Blutgruppeneigenschaften werden im immunhämatologischen Labor nach einem aufwändigen Algorithmus bestimmt, der Fehler so gut wie unmöglich machen soll (doppelte Untersuchung mit verschiedenen Reagenzien, Doppelbestimmung aus zwei getrennten Blutproben, Bestätigung durch einen zweiten Untersucher nach dem Vier-Augen-Prinzip).
- Untersuchung der Probe:
- Patientenerythrozyten werden gegen Anti-A-, Anti-B- und Anti-AB-Antikörper getestet.
- Patientenerythrozyten werden gegen 3 verschiedene Rhesus-Antikörper getestet.
- Serum-Gegenprobe:
- Testerythrozyten der Blutgruppen A1, A2, B und 0 werden gegen das Patientenserum (Antikörper) getestet.
- Das Testprinzip beruht auf der Landsteiner-Regel, die besagt, dass im Serum eines Menschen immer die Antikörper vorkommen, die nicht zur Agglutination der eigenen oder gruppengleichen Blutkörperchen führen.
- Bei Reaktionen gegen 0-Erythrozyten: Individuen des Typs Bombay (hh), diese haben Antikörper gegen 0-Erythrozyten.
Beispiel
Es folgt ein Beispiel einer Blutgruppenbestimmung im Mikrotiterplattenformat. In der Auswertung gilt als positiv, wenn es zu einer Koagulation ("Knopfbildung") kommt, als negativ, wenn die Erythrozyten suspendiert bleiben (homogene rote Flüssigkeit).
Die verschiedenen Testschritte bestehen aus:
- Austestung der Patientenerythrozyten gegen Antikörper gegen die Merkmale A, B und AB.
- Austestung der Patientenerythrozyten gegen 3 verschiedene Rhesus-Antikörper.
- Rhesus-Kontrolle: Patientenerythrozyten plus Zugabe von Albumin → eventuell vorhandene inkomplette (IgG-)Antikörper können koagulieren → Nachweis von Störfaktoren bei der Rhesusbestimmung können erkannt werden
- Untersuchung des Patientenserums auf A1, A2, B, und 0-Antikörper mittels Test-Erythrozyten. Dabei weisen die jeweiligen Blutgruppen folgende Antikörper auf:
Blutgruppe (Erythrozytenmerkmal) | Plasma-Antikörper |
---|---|
0 | Anti-A und Anti-B |
A | Anti-B |
B | Anti-A |
AB | keine |
Anmerkung: Antikörper gegen 0-Testerythrozyten kommen physiologisch nicht vor. In einem solchen Fall sollte eine Abklärung auf irreguläre Antikörper (Typ Bombay) erfolgen.
5. Eigenkontrolle: mit Patientenserum und Patientenerythrozyten; Prüfung auf Autoagglutination.
Komplikationen
Bei fehlerhafter Blutgruppenbestimmung können schwerwiegende Inkompatibilitätsprobleme auftreten:
- Bluttransfusionen: Zwischenfällen bis hin zum Tod des Empfängers
- Organtransplantationen: Transplantatabstoßung
- Schwangerschaft: Blutgruppenunterschiede (insbesondere Rhesusunverträglichkeit) zwischen der Schwangeren und ihrem Kind können zu schweren Kindsschäden bis zu dessen Tod führen (Morbus haemolyticus neonatorum)
Literatur
- Laborlexikon.de, abgerufen am 09.02.2021
Quellen
- ↑ Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (2017), abgerufen am 09.02.2021