Synonyme: Rhesus-Antigen, Rhesusfaktor-Antigen
Englisch: Rh factor
Der Rhesusfaktor ist ein Oberflächenprotein auf der Zellmembran der Erythrozyten und gehört zu den Blutgruppenmerkmalen des menschlichen Bluts.
Das Rhesussystem beschreibt eine Gruppe verwandter Proteine, deren fünf wichtigste Vertreter (C, c, D, E, e) mit Testseren geprüft werden können. Neben dem ABO-System hat es die größte klinische Bedeutung. Der wichtigste Rhesusfaktor trägt die Abkürzung "D".
Der Rhesusfaktor wurde 1940 von Karl Landsteiner und Alexander Solomon Wiener bei Rhesusaffen entdeckt. Bei der Immunisierung von Nicht-Primaten (Kaninchen und Meerschweinchen) mit Blut von Rhesusaffen (und Menschen) fiel eine Antikörperbildung auf (Rhesus-Antikörper).
Je nachdem, ob der Rhesusfaktor vorhanden ist oder nicht unterscheidet man:
Die wichtigsten Vertreter der Rhesusfaktoren sind C, D, E und c, d, e. Der Rhesusfaktor D besitzt darunter die höchste Antigenität. Er wird auch als Blutgruppen-Polypeptid Rh(D), Rhesus-D Antigen, Rhesusfaktor-D-Antigen bezeichnet.
Darüber hinaus grenzt man Patienten mit einem schwachen D-Merkmal (früher: Du) ab.
Die Mehrzahl der Mitteleuropäer ist Rhesus-positiv. Der Anteil Rhesus-negativer Menschen an der Bevölkerung Mitteleuropas liegt zwischen 15 und 17 %. Auf anderen Kontinenten ist dieser Anteil deutlich niedriger. Die Ureinwohner Amerikas, Australiens und Ostasiens sind beispielweise zu 100 % rhesus-positiv.
Die folgende Tabelle zeigt die Häufigkeitsverteilung der Rhesusformeln (Genotypen) in Deutschland:
Rh-positiv | |
Cc D.ee | 35,0 % |
CC D.ee | 18,5 % |
Cc D.Ee | 13,0 % |
cc D.Ee | 11,9 % |
cc D.EE | 2,3 % |
cc D.ee | 2,1 % |
Cc D.EE | < 0,1 % |
Rh-negativ | |
cc dd ee | 15,1 % |
Cc dd ee | 0,76 % |
cc dd Ee | 0,92 % |
Die Antikörper gegen den Rhesusfaktor bestehen im Gegensatz zu den Antikörpern des ABO-Systems nicht physiologisch, sondern werden erst nach einer Sensibilisierung gebildet. Das bedeutet, dass das Immunsystem erst mit fremden Rhesus-Antigenen in Kontakt kommen muss, z.B. durch eine Bluttransfusion oder während einer Schwangerschaft. Rhesus-Antikörper sind daher immer irreguläre erythrozytäre Antikörper. Biochemisch gesehen handelt es sich um inkomplette (IgG-)Antikörper, die plazentagängig sind.
Die genaue Funktion des Rhesusfaktor ist bislang (2021) nicht geklärt. Es wird aufgrund von tierexperimentellen Daten vermutet, dass das Produkt des RhD-Gens die Untereinheit eines Membrantransporters für Ammoniumionen (NH4+) und Ammoniak (NH3) ist. Ferner soll es an der Regulation des Blut-pH-Werts beteligt sein.
Der Rhesusfaktor wird nach den Mendelschen Regeln vererbt. Der Erbgang ist dominant-rezessiv, d.h. die Ausprägung des Faktors ist dominant gegenüber dem Rhesus-negativen Phänotyp.
Der Rhesusfaktor besitzt in der Transfusionsmedizin und in der Geburtshilfe ein große Bedeutung. Eine Rhesus-Inkompatibilität zwischen Mutter und Kind kann zur Hämolyse kindlicher Erythrozyten führen (Morbus haemolyticus neonatorum).
siehe auch: Coombs-Test, Blutgruppe, Anti-D
Tags: Blut, Blutgruppe, Erythrozyt, Rhesusfaktor
Fachgebiete: Transfusionsmedizin
Diese Seite wurde zuletzt am 10. Februar 2021 um 18:26 Uhr bearbeitet.
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