Bakteriurie
Hintergrund
Physiologischerweise ist der Urin steril. Bei der Miktion wird der Urin jedoch durch Bakterien der residenten Hautflora kontaminiert. Diese Bakterienzahl erhöht sich rasch, wenn der Urin gelagert wird, weshalb stets frischer Urin untersucht werden sollte.
Einteilung
- signifikante Bakteriurie: ab einer Zahl von 105 Keimen pro ml im Mittelstrahlurin (Keimzahl)
- asymptomatische Bakteriurie: signifikante Bakteriurie ohne Symptome einer Harnwegsinfektion
- bei Frauen: Nachweis in zwei aufeinanderfolgenden Untersuchungen
- bei Männern: Nachweis in einer einzelnen Untersuchung
- bei Uringewinnung per suprapubischer Blasenpunktion bereits ab 102 Keimen pro ml in Reinkultur (nur eine Bakterienspezies)
Die asymptomatische Bakteriurie ist von der klinisch symptomatischen Harnwegsinfektion abzugrenzen. Der Begriff "asymptomatischer Harnwegsinfekt" sollte aufgrund seiner Missverständlichkeit nicht mehr verwendet werden.
Bakterien
Zu den häufigen Auslösern einer Bakteriurie gehören:
Labormedizin
Indikation
Ein routinemäßiges Screening auf eine Bakteriurie, ohne dass Symptome eines Harnwegsinfektes vorliegen, wird nicht empfohlen. Die prophylaktische Urinkultur ist lediglich bei Patienten vor Eingriffen im Harntrakt und unter Umständen bei Risikoschwangerschaften sinnvoll.
Material
Der Nachweis von Erregern im Urin erfolgt mittels kultureller Anzucht aus dem Mittelstrahlurin. Zur Differenzierung bzw. Lokalisierung der Besiedelung oder Infektion kann zudem ein Harnröhren- bzw. Zervixabstrich durchgeführt werden.
Mittelstrahlurin
- Urin in sterilem Becher auffangen und in ein steriles Versandgefäß geben (sofortige Weiterleitung in das Labor)
- bei verzögertem Transport gelbe Urinröhrchen mit Zusatz benutzen (Proben-Stabilisator vermindert eine Verschiebung des Keimspektrums und Erhöhung der Keimzahlen
- statt Mittelstrahlurin kann genauso mit Katheterurin (Einmalkatheter) oder Blasenpunktionsurin verfahren werden
Abstrich
- Spezialbesteck mit dünnem Abstrichtupfer vom Labor anfordern.
- Abstrich durchführen und Tupfer in Röhrchen mit Transportmedium stechen.
- Für Chlamydien- und Mykoplasmen-Nachweis tiefen Harnröhrenabstrich durchführen
Therapie
In der Regel wird bei einer asymptomatischen Bakteriurie von einer Kolonisation ausgegangen, die keiner Therapie bedarf. Bei bestimmten Patientengruppen ist jedoch eine kausale Behandlung mittels Antibiotika indiziert, da bei ihnen das Risiko eines aszendierenden Harnwegsinfektes (Pyelonephritis) mit den dazugehörigen Komplikationen erhöht ist:
- Patienten vor einer Intervention im Harntrakt mit potentieller Schleimhautschädigung (v.a. TUR-P)
- ggf. bei Schwangeren mit Risikokonstellation (Zustand nach Frühgeburt oder später Fehlgeburt)
Liegt eine Indikation für eine antibiotische Behandlung vor, sollte die Antibiotika-Resistenzbestimmung abgewartet werden, um eine gezielte, antibiogrammgerechte Therapie einzuleiten.
Quelle
- Laborlexikon.de; abgerufen am 11.07.2021