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Anionenlücke

Synonym: Anionen-Gap
Englisch: anion gap

1. Definition

Als Anionenlücke bezeichnet man das rechnerische Anionen-Defizit im Blut. Es entsteht dadurch, dass im klinischen Routinelabor nicht alle Anionen bestimmt werden.

Klinisch relevant ist die Anionenlücke im Zusammenhang mit der Bewertung einer metabolischen Azidose und erlaubt Rückschlüsse auf deren Genese.

2. Hintergrund

Eigentlich herrscht im Blut ein Gleichgewicht von Anionen und Kationen. Da jedoch normalerweise nicht alle Elektrolyte im Blut bestimmt werden (meist nur Natrium, Kalium, Chlorid und Bicarbonat), überwiegen bei diesem Vergleich die positiven Ionen (Kationen). So entsteht eine rechnerische Lücke, die den nicht gemessenen Anionen entspricht. Das können z.B. Laktat, Harnsäure oder Ketone sein. Wenn mehr dieser Anionen im Blut vorhanden sind, z.B. bei einer Laktatazidose, vergrößert sich die Anionenlücke. Das Berechnen dieser Anionenlücke kann helfen, die Ursachen einer metabolischen Azidose einzugrenzen.

3. Berechnung

Da Kalium überwiegend intrazellulär vorkommt, wird es im alltäglichen Gebrauch oftmals nicht in der Berechnung berücksichtigt. Folglich ergibt sich daraus die Formel:

4. Referenzbereich

Bei Analysegeräten mit ionenselektiven Elektroden liegt der Referenzbereich zwischen 3 und 11 mmol/l. Eine vergrößerte Anionenlücke liegt ab 11 mmol/l vor, eine verkleinerte Anionenlücke bei einem Wert < 3 mmol/l.

Bei älteren Messverfahren, wie der Flammenphotometrie oder der Kolorimetrie, liegt der Referenzbereich zwischen 8 und 16 bzw. 10 und 20 mmol/L, je nachdem, ob K+ mitgemessen wird, oder nicht.


Hinweis: Referenzwerte sind häufig vom Messverfahren abhängig und können von den o.a. Werten abweichen. Ausschlaggebend sind die Referenzwerte, die vom Labor angegeben werden, das die Untersuchung durchführt.

5. Interpretation

5.1. Additionsazidose mit vergrößerter Anionenlücke

Ursächlich für eine vergrößerte Anionenlücke (> 11 mmol/L) ist, dass der vermehrte Anfall an Anionen, die in die Gleichung zur Berechnung der Anionenlücke nicht einfließen, zu einem reaktiven Abfall der Bikarbonatkonzentration führt. Da rechnerisch allerdings lediglich die Bikarbonatkonzentration berücksichtigt wird, kommt es zu einer Zunahme der Anionenlücke. Der umgekehrte Fall, dass eine Abnahme der Bikarbonatkonzentration durch nicht berücksichtigte Anionen kompensiert wird, führt ebenfalls zu einer vergrößerten Anionenlücke.

Die Ursachen einer Anionenlücke können gut mit dem Akronym "Kussmaul" zusammengefasst werden:

Akronym Ursache
K Ketoazidose (z.B. bei extremem Fasten)
U Urämie
SS Salicylate oder Acetylsalicylsäure
M Methanol
A Aethylenglykol
U Urämie (Wiederholung)
L Laktatazidose


Weitere Ursachen können sein:

Eine Azidose mit vergrößerter Anionenlücke kann grundsätzlich bei jeder Vergiftung auftreten, die mit Leberversagen, Nierenversagen oder Lungenversagen einhergeht.

5.2. Subtraktionsazidose mit normaler Anionenlücke

Bei der Subtraktionsazidose (auch: hyperchlorämische Azidose) wird der Verlust von Bikarbonat durch einen Anstieg der Cl--Ionen ausgeglichen. Da diese in der Berechnung der Anionenlücke berücksichtigt werden, kommt es zu keiner Veränderung der Anionenlücke. Für die weitere Differenzierung kann die Anionenlücke im Harn bestimmt werden.

Typisches Auftreten unter anderem bei:

Mögliche beikommende Komplikation bei:

6. Störfaktoren

Die Serumkonzentrationen der nicht-gemessenen Anionen Albumin und Phosphat hat einen Einfluss auf die Anionenlücke.

Eine Hypoalbuminämie führt zu einer Verminderung der Anionenlücke, da Albumin die Hauptfraktion der nicht gemessenen Anionenfraktion ausmacht. Jede Verminderung des Albumins um 1 g/dl senkt die Anionenlücke jeweils um ca. 2,5 mmol/l. Daher wird bei Patienten mit Hypoalbuminämie eine vergrößerte Anionenlücke als normale Anionenlücke maskiert.

Eine Erhöhung des Serumphosphats wiederum führt zu einer Vergrößerung der Anionenlücke.

7. Quellen

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11.09.2024, 20:10
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