Akuter Gichtanfall
Englisch: acute gouty arthritis
Definition
Ein akuter Gichtanfall ist ein Stadium der schmerzhaften Manifestation der Gicht. Er entsteht bei Ausfällung von Uratkristallen in den Gelenkinnenräumen.
Pathophysiologie
Häufig treten Gichtanfälle in der Nacht, am Morgen oder nach dem Genuss von Alkohol und Fleisch ("gutes Essen in geselliger Runde") auf. Durch den Verzehr purinhaltiger Kost fallen vermehrt Purine an.
Alkoholgenuss führt zur vermehrten Produktion von Laktat, das in der Niere mit der Harnsäure um die Ausscheidung konkurriert. Zusätzlich hat Alkohol durch die Suppression der Sekretion von ADH einen diuretischen Effekt, sodass ein geringeres Plasmavolumen eine höhere Harnsäurekonzentration bedingt.
Bei Überschreiten der Löslichkeitsgrenze von Harnsäure fallen Kristalle aus. Ausfallende Uratkristalle wirken via NLRP3-Inflammasom als starker Entzündungsreiz. Auf der rauen, kristallinen Oberfläche führt der Kontakt mit Komplementfaktor C5 zur dessen Aktivierung und Ausbildung von C5a, einem starken endogenen Chemotaxin für neutrophile Granulozyten. Das gleiche gilt für andere endogene Chemotaxine, wie Kallikrein[1]. Dadurch kommt es zur Einwanderung von Leukozyten. Die neutrophilen Granulozyten phagozytieren die Uratkristalle und degranulieren. Dabei setzen sie Entzündungsmediatoren und Laktat frei, das als Stoffwechselendprodukt im Gelenkinnenraum angereichert wird.
Der resultierende Abfall des pH-Wertes ist sehr ungünstig für den Krankheitsverlauf, da die Löslichkeit der Harnsäure bei saurem pH-Wert abnimmt. Es fallen erneut Kristalle aus, die wiederum eine neue Entzündung hervorrufen. Zusätzlich werden Peptidasen aktiviert, die das Gewebe enzymatisch auflösen, so dass es zu einer Verbreitung der Entzündung kommt. Dieser Circulus vitiosus muss durch therapeutische Maßnahmen während eines Gichtanfalls adäquat unterbunden werden.
Symptome
Prädilektionsstellen
Der akute Gichtanfall befällt nicht alle Gelenke, sondern zeigt ein typisches Verteilungsmuster. Meist ist die untere Extremität betroffen. Die Prädilektionsstellen für einen Gichtanfall sind:
Seltener manifestiert sich die Erkrankung an der oberen Extremität, z.B. an den/am:
- Hand- und Fingergelenken (Chiragra)
- Schultergelenk (Omagra)
Laborbefunde
- Leukozytose
- Erhöhung der ESR
Der Harnsäurespiegel im Serum ist häufig nicht erhöht, da im akuten Anfall die Harnsäure bereits auskristallisiert ist. Ein normaler Harnsäurewert schließt einen akuten Gichtanfall daher nicht aus.
Therapie
Vorderstes Ziel ist die Linderung von Schmerz und Entzündung mit Unterbrechung des Krankheitspozesses. Dies wird durch hoch dosierte NSAR (z.B. Diclofenac, Ibuprofen, Indometacin) und Glukokortikoide erreicht. Colchicin gilt wegen seiner Nebenwirkungen (z.B. Diarrhoe) als Reservemittel. Sind diese Substanzen nicht einsetzbar, können auch Interleukin-1-Antagonisten (z.B. Canakinumab) gegeben werden.
Colchicin unterbindet die Chemotaxis der Leukozyten und die Phagozytose der Uratkristalle. Dadurch verhindert es eine weitere Ansäuerung des Gelenkinnenraumes und unterbricht den o.a. Circulus vitiosus.
Quellen
- ↑ Egger G: Die akute Entzündung; ISBN-13-978—3-211-24491-3, 2005
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