Actinomyces viscosus
Englisch: actinomyces viscosus
Definition
Actinomyces viscosus ist ein Bakterium aus der Familie der Aktinomyzeten und verursacht die sogenannte Aktinomykose.
Erreger
Aktinomyceten sind gram-positive Stäbchen und gehören zu den fakultativen Anaerobiern. Somit zeigen sie zwar ein kapnophiles Verhalten auf und bevorzugen die Anwesenheit von CO2, können jedoch auch unter sauerstoffreichen Bedingungen wachsen und sind folglich mikroaerophil. Im Gegensatz zu anderen Anaerobiern wie den Clostridien sind Aktinomyceten nicht in der Lage Sporen auszubilden. Allerdings wachsen sie filamentös in Form von Verzweigungen, was ihnen auch den Namen Strahlenpilz eingebracht hat. Actinomyces viscosus gehört zur residenten oder transienten Normalflora des Menschen.
Klinik
Actinomyces viscosus führen außer zu Zahnkaries und Parodontitis vor allem zu Aktinomykosen im Zervikofazial- und Genitalbereich. Über 90% aller Aktinomykosen werden durch den Erreger Actinomyces israelii hervorgerufen, jedoch auch durch Actinomyces viscosus. Bei einer solchen Infektion handelt es sich meistens um eine Mischinfektion. Somit sind auch die Erreger Actinomyces actinomycetemcomitans, Fusobacterium nucleatum oder Bacteriodaceae oft als Begleitflora Bestandteil einer Aktinomykose. Die endogene Infektion mit dem Erreger verursacht eine zervikofaziale, chronisch destruktive, granulomatöse Entzündungsreaktion unter häufiger Einbeziehung von Gesicht, Unterkiefer, Nacken und Zunge. Im Algemeinen manifestieren sich 98% aller Aktinomykosen im Zervikofazialbereich, wobei eher jüngere Erwachsene betroffen sind. Dies ist auf die besonders dichte Anaerobierbesiedlung der Mundhöhle und vor allem deren Anfälligkeit für Verletzungen zurückzuführen, was letztendlich eine Infektion mit dem Erreger ermöglicht. Typische Symptome sind brettharte, kaum schmerzhafte, livide verfärbte Indurationen im betroffenen Bereich. Komplikationen sind meistens nicht nur Vernarbungen des erkrankten Areals, sondern auch die Entstehung eitriger Abszesse, die sich oft durch zahlreiche Fistelgänge nach außen selbst drainieren. Eine Blutstrominvasion könnte sogar mit lebensgefährlichen Hirnabszessen einhergehen. Männer erkranken ungefähr drei mal so oft wie Frauen.
Diagnostik
- Eine kulturelle Anzucht des Erregers unter anaeroben Bedingungen ist zum Nachweis nötig. Als Untersuchungsmaterial dienen hierbei Eiter, Fistelsekret oder Granulationsgewebe. Actinomyces viscosus wachsen nur langsam, weshalb Kolonien erst nach ungefähr zwei Wochen makroskopisch auf einer Agarplatte zu sehen sind.
- In der Ziehl-Neelsen-Färbung, die normalerweise in der Diagnostik von Mykobakterium tuberculosis eingesetzt wird, zeigt das Bakterium eine partielle Säurefestigkeit.
- In der Gram-Färbung zeigt Actinomyces viscosus ein positives Verhalten.
Therapie
Aktinomykosen zeigen eine sehr hohe Rezidivneigung auf. Daher gelingt eine komplette Ausheilung durch alleinige chirurgische Entfernung der Abszesse und Fistelgänge nur in sehr seltenen Fällen. Eine Ergänzung mit Antibiotika zur Therapie einer Infektion mit Actinomyces viscosus ist notwendig. Aufgrund dessen, dass es sich bei der Aktinomykose um eine Mischinfektion handelt, muss ein Breitbandantibiotikum verabreicht werden, da sonst Aktinomyceten, aber nicht die Begleitkeime erfasst würden. Aminopenicilline wie Amoxicillin und Ampicillin erweisen sich als zuverlässige Medikation, jedoch bevorzugt in Kombination mit Beta-Laktamase-Inhibitoren wie Sulbactam oder Clavulansäure, um die Begleitflora ebenfalls zu bekämpfen. Auch Tetracycline wie Doxycyclin in Zusammenwirkung mit Metronidazol oder Clindamycin sind denkbar.
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