Prostatakarzinom
Synonyme: Prostata-Ca, Prostatakrebs
Englisch: carcinoma of the prostate, prostate cancer
Definition
Epidemiologie
Beim Prostatakarzinom handelt es sich um den häufigsten malignen Tumor beim Mann. Prostatakrebs macht in Deutschland etwa 22,7 % aller Krebserkrankungen aus. Dabei werden etwa 65.800 Neuerkrankungen pro Jahr diagnostiziert.
Des Weiteren ist das Prostatakarzinom die zweithäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle bei Männern. Im Jahr 2020 verstarben 15.400 Patienten an einem Prostatakarzinom.
Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei ca. 72 Jahren. Es wird davon ausgegangen, dass sowohl die Prävalenz als auch die Inzidenz aufgrund des demographischen Wandels ansteigen werden.[1]
Ätiologie
Die Ätiologie des Prostatakarzinoms ist wie bei vielen anderen Krebserkrankungen noch nicht eindeutig geklärt. Es existieren jedoch verschiedene gesicherte Risikofaktoren:
- Alter: Das Risiko für ein Prostatakarzinom steigt mit dem Lebensalter
- Familiäre Veranlagung: Männer, deren Väter und/oder Brüder an einem Prostatakarzinom erkrankt sind bzw. waren, haben ein zweifach erhöhtes Risiko, ebenfalls an einem Prostatakarzinom zu erkranken.[2]
Weitere Risikofaktoren sind beispielsweise Rauchen und der Konsum von Alkohol.
Klinik
Im Frühstadium ist Prostatakrebs meist asymptomatisch. Im späteren Stadium können unter anderem folgende Beschwerden auftreten:
- Miktionsstörungen
- Pollakisurie
- Dysurie (Algurie)
- Schwacher Harnstrahl
- Nachtropfen
- Unterbrechung des Harnstrahls
- Restharnbildung
- Nykturie
Bei ausgedehnten Tumoren kann es weiterhin zu Erektionsstörungen kommen. Eine Hämaturie oder Hämatospermie sind selten.
Das Prostatakarzinom kann sich durch lokale Invasion (typischerweise in die Blase und die Samenblasen, selten in Harnröhre oder Rektum), durch lymphatische Ausbreitung (zuerst pelvine, dann paraaortale und inguinale Lymphknoten) oder durch hämatogene Metastasen ausbreiten. Häufige Lokalisationen für hämatogene Metastasen sind:
- Knochen (90 %)
- Lunge (45 %)
- Leber (25 %)
- Pleura (20 %)
- Nebennieren (15 %)
Tritt im fortgeschrittenen Stadium eine Metastasierung auf, können neben Allgemeinsymptomen wie Anämie und ungewolltem Gewichtsverlust weitere Beschwerden hinzukommen, die von der Lokalisation der Metastasen abhängig sind, z.B.
- pathologische Frakturen und neurologische Ausfälle bei Knochenmetastasen
- Lymphödem der Beine oder des Hodensacks bei Lymphknotenmetastasen
Pathologie
95 % der Prostatakarzinome sind Adenokarzinome, die sich aus den Azini der Prostatagänge entwickeln. Sie entstehen häufiger in der posterioren bzw. peripheren Prostata (70 %) als in den anterioren oder zentralen Zonen (30 %).
Diagnose
Die Primärdiagnostik bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom umfasst u.a. folgende Untersuchungsverfahren:[2]
Zur Staging-Untersuchung werden darüber hinaus beispielsweise eine PSMA-PET-Untersuchung, Abdomensonographie, Skelettszintigraphie oder Computertomographie eingesetzt. Zur Verlaufskontrolle wird der PSA-Wert bestimmt.
siehe Hauptartikel: multiparametrische MRT der Prostata, PI-RADS, Prostatakarzinom (Radiologie)
Einteilung
...nach TNM-Klassifikation
Das Prostakarzinom kann nach der TNM-Klassifikation wie folgt eingeteilt werden:[3]
Tumorgröße
T-Kategorie | Bedeutung |
---|---|
T1 | Klinisch unauffälliger, nicht tastbarer Tumor T1a - > Höchstens 5 % des untersuchten Präparats (operativ entferntes Prostatagewebe) betroffen |
T2 | Tumor tastbar und auf Prostata beschränkt T2a - > Maximal die Hälfte eines Prostatalappens betroffen |
T3 | Ausdehnung des Tumors über die Prostatakapsel hinaus T3a - > Tumorausbreitung ein- oder beidseitig über Prostatakapsel hinaus, die Samenblasen sind nicht betroffen |
T4 | Nachbarorgane sind von dem Tumor infiltiert (z.B Rektum, Beckenboden) |
Lymphknoten
N-Kategorie | Bedeutung |
---|---|
N0 | Keine regionale Lymphknotenmetastasen nachweisbar |
N1 | Regionale Lymphknotenmetastasen nachweisbar |
Fernmetastasen
M-Kategorie | Bedeutung |
---|---|
M0 | Keine Fernmetastasen |
M1 | Fernmetastasen M1a - > Nichtregionale Lymphknoten betroffen |
...nach UICC-Stadien
Die Union Internationale Contre le Cancer (UICC) teilt das Prostatakarzinom auf der Basis der TNM-Kassifikaton in folgende Stadien ein:
Stadium | TNM-Befund |
---|---|
I | bis T2a |
II | T2b oder T2c |
III | T3 |
IV | T4 oder N1 oder M1 |
...nach Hormonempfindlichkeit
...nach dem Gleason-Score
Das Grading anhand des Gleason-Scores dient der prognostischen Beurteilung des Prostatakarzinoms und beruht auf der histologischen Morphologie des Drüsenmusters. Dabei wird die Summe der häufigsten und zweithäufigsten Dysplasietypen auf einer Skala von 1 bis 5 dargestellt.
Therapie
Da das Prostatakarzinom häufig nur langsam fortschreitet, werden in Abhängigkeit vom Tumorstadium, vom Gesamtzustand und Alter des Patienten unterschiedliche Therapiekonzepte gewählt. Dazu zählen:
- Zeitnahe lokale Therapie mir kurativer Intention
- Active Surveillance (regelmäßige engmaschige Kontrollen, kurative Therapie bei Befundverschlechterung)
- Watchful Waiting (palliative Therapie, Intervention nur bei Komplikationen)
Chirurgische Entfernung
Strahlentherapie
Medikamentöse Therapie
- Chemotherapie
- Hormontherapie mit Antiandrogenen
- Androgenrezeptor-Antagonisten (z.B. Cyproteronacetat, Flutamid, Apalutamid oder Bicalutamid)
- Androgensynthesehemmer (z.B. Abirateron)
- Hemmung des Androgenrezeptor-Signalwegs
Andere Verfahren
- Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU)
- Immuntherapie (Sipuleucel-T)
Die Therapie des Prostatakarzinoms mit Hilfe gentechnisch veränderter Viren ist derzeit Gegenstand der Grundlagenforschung. Im Tiermodell konnte durch die Vakzination mit Viren, die Oberflächenantigene von Krebszellen enthalten, eine starke Immunreaktion gegen den Tumor ausgelöst werden.
Früherkennung
Männer ab 45 Jahren können einmal jährlich eine gesetzliche Früherkennung des Prostatakarzinoms in Anspruch nehmen. Diese umfasst neben einem ärztlichen Gespräch auch eine digital-rektale Untersuchung. Aussagekräftiger ist eine transrektale Sonographie, die jedoch als Vorsorgeuntersuchung in Deutschland keine GKV-Leistung ist.
Zudem kann eine Bestimmung des PSA-Wertes erfolgen, die ebenfalls keine GKV-Leistung ist. Ein Erkrankungsverdacht besteht, falls der PSA-Wert über ≥ 4 ng/ml liegt. Das Gleiche gilt, wenn bei regelmäßiger Kontrolle ein starker Anstieg des PSA-Werts zu beobachten ist.[4] Die Aussagekraft des PSA-Werts wird kontrovers diskutiert, da er im Einzelfall eine Überdiagnostik oder Übertherapie auslösen kann.
Liefert die Früherkennungsuntersuchung Verdachtsmomente für ein Prostatakarzinom, sollte eine Stanzbiopsie durchgeführt werden.
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Quellen
- ↑ Aktualisierung S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom, Pressemitteilung der Deutschen Krebsgesellschaft 01.07.2024, abgerufen am 05.07.2024
- ↑ 2,0 2,1 Leitlinie Prostata-Ca, abgerufen am 27.01.2022
- ↑ Onko Internetportal - Klassifikation des Krankheitsstadiums, abgerufen am 31.01.2022
- ↑ Onko Internetportal - Früherkennung von Prostatakrebs, abgerufen am 27.01.2022
Bildquelle
Weblinks
- S3-Leitlinie Prostatakarzinom. AWMF Registernummer 043 - 022OL, Stand: 31.05.2024, abgerufen am 05.07.2024