Pankreas
von altgriechisch: pánkreas, πᾶν ("pán") - "alles", κρέας ("kréas") - "Fleisch"
Synonyme: Bauchspeicheldrüse, Pancreas
Englisch: pancreas
Definition
Das Pankreas ist ein quer im Oberbauch liegendes Drüsenorgan, das Verdauungsenzyme und Hormone produziert.
Anatomie
Dimensionen
Das Pankreas ist ein ca. 14 bis 18 cm langes, keilförmig gebautes Organ, das in unregelmäßige Läppchen unterteilt ist. Das Organgewicht weist große interindividuelle Unterschiede auf und liegt zwischen 60-100 g, nach anderen Quellen sogar zwischen 40-120 g.[1]
Aufbau
Das Pankreas liegt sekundär retroperitoneal zwischen Magen und den großen Bauchgefäßen (Aorta und Vena cava inferior) auf Höhe des 2. Lendenwirbels und steht in enger Beziehung zum Zwölffingerdarm, der den Pankreaskopf umfasst. Es wird grob in drei Abschnitte unterteilt:
- Caput pancreatis: Der Pankreaskopf ist der dickste Teil der Bauchspeicheldrüse, er liegt rechts von der Wirbelsäule im Duodenalbogen. Er besitzt einen hakenförmigen Fortsatz (Processus uncinatus), der die Arteria mesenterica superior umgreift. Sie tritt an dieser Stelle (Incisura pancreatis) von dorsal auf die Vorderseite des Pankreas.
- Corpus pancreatis: Der längliche, horizontal verlaufende Körper der Bauchspeicheldrüse liegt in etwa auf Höhe von LWK I-II. Seine hintere Seite ist mit der dorsalen Bauchwand verwachsen, jedoch ist die ventrale Seite von Peritoneum überzogen und bildet somit die dorsale Wand der Bursa omentalis. Als Tuber omentale wird der vor der Aorta abdominalis liegende Teil des Corpus genannt, der sich in die Bursa omentalis vorwölbt.
- Cauda pancreatis: Der Pankreasschwanz verjüngt sich, während er leicht nach kranial-links bis zur Milz reicht. Er besitzt intraperitoneale Anteile, die sich im Ligamentum splenorenale befinden.
Aufgrund seiner Funktion als Verdauungsdrüse besitzt das Pankreas einen Ausführungsgang, den Ductus pancreaticus (Ductus Wirsungianus), der gemeinsam mit dem von Leber und Gallenblase kommenden Hauptgallengang (Ductus choledochus) oder nahe diesem in einer warzenförmigen Erhebung – der sog. Papilla duodeni major – in den Zwölffingerdarm mündet. Dieser Ausführungsgang ist ca 2 mm weit und nimmt die aus den Pankreasläppchen führenden kurzen, senkrechten Zuflüsse auf. Mitunter ist auch ein weiterer Pankreasgang vorhanden, der Ductus pancreaticus accessorius, welcher auf der Papilla duodeni minor mündet (siehe Abschnitt "Embryologie").
Arterielle Versorgung
Das Pankreas wird arteriell versorgt aus:
- Arteria pancreaticoduodenalis superior aus der Arteria gastroduodenalis
- Arteria pancreaticoduodenalis inferior aus der Arteria mesenterica superior
- Arteria splenica aus dem Truncus coeliacus mit ihren Ästen:
- Arteria pancreatica dorsalis
- Arteria pancreatica inferior: Sie ist eine Fortsetzung der Arteria pancreatica dorsalis
- Arteria pancreatica magna
- Arteria caudae pancreatis
- Arteria pancreatica dorsalis
Die beiden Arteriae pancreaticoduodenales anastomosieren im Pankreasstromgebiet, damit besteht ein Kollateralkreislauf zwischen dem Truncus coeliacus und der Arteria mesenterica superior.
Die Arteria splenica und Arteria pancreatica inferior verlaufen beide horizontal auf der dorsalen Seite des Pankreas in Richtung Pankreasschwanz bzw. Milzhilus. In diesem Verlauf anastomosieren sie vertikal, wobei die Arteria splenica am oberen und die Arteria pancreatica inferior am unteren Rand des Pankreas verlaufen.
Venöse Abflüsse
Der venöse Abfluss des Pankreas erfolgt über die Venae pancreaticoduodenales, welche u.a. in die Vena mesenterica superior münden. Kleinere Venen an der Dorsalseite des Pankreas (Venae pancreaticae) münden zudem in die Vena lienalis.
Nervöse Versorgung
Die Bauchspeicheldrüse wird wie andere Bauchorgane durch das vegetative Nervensystem versorgt. Die parasympathische Versorgung erfolgt durch Fasern des Nervus vagus. Die sympathische Versorgung wird von Fasern aus dem Ganglion coeliacum übernommen. α2-Adrenozeptoren inhibieren die Sekretion der β- und δ-Zellen und steigern die Sekretion der α-Zellen. β2-Adrenozeptoren steigern die Sekretion der β- und δ-Zellen.
Histologie
Das Pankreas hat sowohl exokrine, als auch endokrine Funktionen, die sich entsprechend in der Gewebearchitektur der Drüse niederschlagen.
Exokrines Pankreas
Das exokrine Pankreas macht etwa 95 bis 98 % des Gewebevolumens aus. Es besteht aus dicht gepackten tubuloazinösen, rein serösen Drüsen, die hierarchisch in Form von Lobi (Lappen) und Lobuli (Läppchen) organisiert sind. Die Drüsenendstücke selbst werden Pankreas-Acini genannt. Sie bestehen aus pyramidenförmigen Epithelzellen, den Acinuszellen, die einen breiten basalen Zellpol und einen schmalen apikalen Zellpol besitzen. Sie sind in einer Zelllage konzentrisch um das kleine zentrale Drüsenlumen angeordnet. Die Sekrete entleeren sich aus diesem Lumen in ein Schaltstück, dessen Zellen teilweise in den Acinus hineinragen (zentroazinäre Zellen). Darauf folgen intralobuläre und interlobuläre Ausführungsgange, die mit Zylinderepithel ausgekleidet sind. Sie münden schließlich in den Ductus pancreaticus.
Die sekretorische Funktion der Acinuszellen ist durch das reichlich vorhandene raue endoplasmatische Retikulum (RER) und die zahlreichen Golgi-Apparate leicht erkennbar. In das Zytoplasma des apikalen Zellpols sind azidophile Zymogengranula eingelagert, in denen die Acinuszellen inaktive Proenzyme speichern. Von hier aus werden sie durch Exozytose freigesetzt und erst im Extrazellulärraum aktiviert. Der basale Zellpol der Acinuszellen reagiert hingegen basophil.
Endokrines Pankreas
Der deutlich kleinere endokrine Anteil der Bauchspeicheldrüse stellt etwa 2 bis 5 % des Gewebevolumens. Er setzt sich aus ca. 1-2 Millionen rundlicher Zellansammlungen, den Pankreasinseln bzw. Langerhans-Inseln, zusammen. Sie sind dispers in das exokrine Gewebe eingebettet. Die Langerhans-Inseln bestehen jeweils aus mehreren Tausend großen polygonalen Zellen, die sich durch ihre schwache Anfärbbarkeit optisch deutlich vom exokrinen Gewebe abgrenzen. Man unterscheidet bis zu 6 Zelltypen, die verschiedene stoffwechselrelevante Hormone produzieren (siehe unten).
Die Inselzellen sind durch Desmosomen und Gap junctions miteinander zu Zellsträngen verbunden. Sie grenzen an fenestriertes Kapillarendothel, das einen schnellen Übergang der sezernierten Hormone in das Blut ermöglicht.
Die Pankreasinseln sind vom umgebenden Parenchym durch eine dünne Schicht aus retikulärem Bindegewebe abgetrennt. Die höchste Dichte von Pankreasinseln besteht im Pankreaskörper und im Pankreasschwanz.
Embryologie
Das Pankreas entsteht aus zwei zunächst getrennten Strukturen. Beide Anlagen sind Aussprossungen des Entoderms auf der Höhe des Duodenums. Auf der Rückseite des Duodenums entsteht zunächst das dorsale Pankreas, das in das dorsale Mesoduodenum hineinwächst. Etwas später bildet sich aus der Anlage des Ductus choledochus unter der Leberanlage das ventrale Pankreas. Mit der Rotation des Magens wird das ventrale Pankreas um das Duodenum herum nach dorsal verlagert und fusioniert dort mit dem dorsalen Pankreas. Dabei verschmelzen normalerweise beide Gangsysteme. Manchmal bleibt der Ausführungsgang des dorsalen Pankreas auch als eigenständiger Ductus pancreaticus accessorius bzw. Ductus pancreaticus minor bestehen. Er mündet dann unabhängig vom Hauptgang etwas weiter kranial in das Duodenum, und bildet dort die Papilla duodeni minor.
Die Langerhans-Inseln leiten sich nicht von einer getrennten Embryonalstruktur ab, sondern von Epithelzapfen des exokrinen Anteils. Die Zellen verlieren die Verbindung zum Gangsystem und werden schließlich durch gefäßreiches Bindegewebe vom exokrinen Anteil abgegrenzt. Durch Aktivierung bestimmter Transkriptionsfaktoren (u.a. Neurogenin3, Rfx6) differenzieren sie sich ohne erkennbares Verteilungsmuster zu den verschiedenen endokrin aktiven Zellen.
Funktion
Exokrine Funktion
Das Pankreas ist die wichtigste Verdauungsdrüse des Menschen und sezerniert zahlreiche Verdauungsenzyme bzw. Proenzyme (Pankreasenzyme). Daneben produzieren die zentroazinären Zellen der Ausführungsgänge Bicarbonat, das im Duodenum für die Neutralisation der Magensäure wichtig ist. Die Menge und Zusammensetzung des Pankreassekrets hängt von der Art der aufgenommenen Nahrung ab. Beim Menschen können bis zu 1,5 Liter Sekret täglich produziert werden. Es enthält unter anderem:
- Enzyme zur Eiweißspaltung (Proteasen, Peptidasen)
- Endopeptidasen
- Trypsinogen
- Chymotrypsinogen
- Elastase (Proelastase)
- Exopeptidasen
- Carboxypeptidasen (Procarboxypeptidasen)
- Aminopeptidasen (Proaminopeptidasen)
- Endopeptidasen
- Enzyme zur Kohlenhydratspaltung
- Enzyme zur Nukleinsäurespaltung
- Enzyme zur Fettspaltung (Lipasen)
- Pankreaslipase mit Prokolipase
- Pankreasesterase
- Lysophospholipase
- Cholesterinesterase
- Phospholipase A (Prophosphatase A)
- Gallensalz-aktivierte Lipase (BAL)
Insbesondere die Proteasen, die Kolipase und die Phospholipase A liegen innerhalb der Drüse zunächst in einer inaktiven Form vor, um eine Selbstverdauung des Drüsegewebes zu vermeiden. Sie werden erst im Duodenum aktiviert.
Endokrine Funktion
Neben der exokrinen Drüsenfunktion werden vom endokrinen Drüsenanteil Hormone direkt ins Blut abgegeben. Die zahlreichen Langerhans-Inseln werden insgesamt als Inselorgan adressiert. Abhängig vom produzierten Hormon unterscheidet man:
Zelltyp | Produziertes Hormon | Anteil an den humanen Inselzellen |
---|---|---|
α-Zellen | Glucagon | 15–20 % |
β-Zellen | Insulin | 60–80 % |
δ-Zellen | Somatostatin | 5–15 % |
PP-Zellen | Pankreatisches Polypeptid | 1-2 % |
ε-Zellen | Ghrelin | ca. 1 % |
EC-Zellen | Serotonin | < 1 % |
Weitere Funktionen
In den pankreatischen Acini befinden sich die Pankreassternzellen, die den hepatischen Ito-Zellen morphologisch und funktionell sehr ähnlich sind. Sie sind in der Lage, Lipide und Vitamin A zu speichern. Im angeregten Zustand nehmen sie die Eigenschaften von Myofibroblasten an und sorgen im Fall einer Gewebeverletzung für die Produktion von Bindegewebe.[2]
Klinik
Erkrankungen
Erkrankungen des Pankreas sind:
- Pankreatitis
- Pankreastumoren (z. B. Pankreaskarzinom)
- Fehlbildungen des Gangsystems
- Pankreaspseudozysten
- Shwachman-Diamond-Syndrom
- Missbildungen des gesamten Organs
Durch den häufig vorkommenden Zusammenschluss des Ductus pancreaticus mit dem Ductus choledochus in der Papilla duodeni major können Pankreaserkrankungen zu Störungen der Leberfunktion führen und umgekehrt. Eine Cholangiolithiasis mit Verlegung des gemeinsamen Ausführungsgangs führt beispielsweise zu einer Pankreatitis, da der Bauchspeichel nicht mehr abfließen kann. Im Gegenzug können Tumore des Pankreaskopfes den Ductus choledochus verlegen und damit den Abfluss der Galle behindern. Dann entsteht ein posthepatischer Ikterus.
Pathologien, die vom endokrinen Pankreas ausgehen, sind der pankreoprive Diabetes mellitus und hormonproduzierende Tumoren wie das Insulinom oder Glukagonom.
Untersuchungsmethoden
Neben der Anamnese spielt die laborchemische Untersuchung des Blutes bei Pankreaserkrankungen zur Bestimmung der Blutkonzentration von Amylase, Lipase oder Elastase eine herausragende Rolle. Als Funktionstest kommt der Sekretin-Pankreozymin-Test in Frage. Daneben sind noch die Diagnostik mittels (endoskopischem) Ultraschall, Computertomografie und Magnetresonanztomografie sowie die ERCP von Bedeutung.
HowTo: Endosonografie des Pankreas
Chirurgie
Da das Foramen omentale als Zugang zum Pankreas zu klein ist, wird die Bursa omentalis durch die Durchtrennung des Ligamentum gastrocolicum, Ligamentum hepatogastricum und Ligamentum gastrosplenicum eröffnet, um den operativen Zugang zu ermöglichen.
Durch die starke Blutversorgung darf bei einem Pancreas anulare das Pankreas nicht durchschnitten werden. Das Duodenum muss geteilt und neben dem Pankreas wieder zusammengefügt werden.
siehe auch: Verdauung, Alkohol, Diabetes mellitus
Podcast
Fortbildung
Quellen
- ↑ John H. Schaefer: The normal weight of the pancreas in the adult human being: A biometric study Volume32, p. 119-132, Issue2 February 1926
- ↑ Omary MB et al.:The pancreatic stellate cell: a star on the rise in pancreatic diseases. In: Journal of Clinical Investigation. Band 117, Nr. 1, Juni 2007, S. 50–59, doi:10.1172/JCI30082, PMID 17200706.
Literatur
- Physiologie; Pape, Kurtz, Silbernagl, Georg Thieme Verlag Stuttgart; 7. Auflage
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: Rayyu Maldives/ Unsplash