Fragiles-X-Syndrom: Unterschied zwischen den Versionen

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* 45 bis 54 Repeats: dieser Bereich wird als Grauzone bezeichnet und weist keine klinische Relevanz auf
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* 55 bis 200 Repeats: hier spricht man von einer [[Prämutation]]
* 55 bis 200 Repeats: hier spricht man von einer [[Prämutation]]
** die Prämutation ist noch kein Auslöser für das fra(X)-Syndrom, das [[Allel]] ist allerdings vererblich und erhöht das Risiko der Erkrankung bei den Nachkommen
** Die Prämutation ist noch kein Auslöser für das fra(X)-Syndrom, das [[Allel]] ist allerdings vererblich und erhöht das Risiko der Erkrankung bei den Nachkommen.
** führt zu erhöhtem Risiko für eine [[primäre Ovarialinsuffizienz]] bei Frauen und kann ein [[Fragiles-X-Tremor-Ataxie-Syndrom]] (FXTAS) bei beiden Geschlechtern auslösen
** Die Repeatanzahl führt zu einem erhöhtem Risiko für eine [[primäre Ovarialinsuffizienz]] bei Frauen und kann ein [[Fragiles-X-Tremor-Ataxie-Syndrom]] (FXTAS) bei beiden Geschlechtern auslösen.
* > 200 Repeats: hier spricht man von einer [[Vollmutation]], die das fra(X)-Syndrom auslöst
* > 200 Repeats: hier spricht man von einer [[Vollmutation]], die das fra(X)-Syndrom auslöst. Ab dieser Repeatanzahl wird die [[Expression]] von FMR1 unterdrückt und kein Protein mehr gebildet.
** ab dieser Größe wird die [[Expression]] von FMR1 unterdrückt und es wird kein Protein mehr gebildet


In seltenen Fällen wurden andere Mutationen ([[Deletion]]en oder [[Punktmutation]]en) im FMR1-Gen als Auslöser für das fra(X)-Syndrom beschrieben.
In seltenen Fällen wurden andere Mutationen ([[Deletion]]en oder [[Punktmutation]]en) im FMR1-Gen als Auslöser für das fra(X)-Syndrom beschrieben.

Version vom 16. Februar 2022, 18:58 Uhr

Synonyme: Syndrom des fragilen X-Chromosoms, Marker-X-Syndrom, Martin-Bell-Syndrom
Englisch: fragile X syndrome

Definition

Fragiles-X-Syndrom, kurz fra(X)-Syndrom, ist eine Erbkrankheit, die vor allem – jedoch nicht ausschließlich – bei Männern auftritt und bei den Betroffenen unter anderem zu einer Intelligenzminderung führt.

Hintergrund

Beim fra(X)-Syndrom ist eine genetische Antizipation möglich. Das bedeutet, dass die Erkrankung bei nachfolgenden Generationen immer früher auftritt und schwerer verläuft.

Unter bestimmten Bedingungen kann eine Bruchstelle am X-Chromosom (fragiler Bereich) nachgewiesen werden, die dem Syndrom seinen Namen gibt.

Ätiologie

Ursache der Erkrankung ist eine Mutation auf dem X-Chromosom, die das FMR1-Gen am Genlokus Xq27.3 betrifft. FMR1 ist essentiell für die Neurogenese und neuronale Plastizität.

Es handelt sich um eine dynamische Mutation innerhalb der Promoterregion, die zur Expansion der CGG-Repeats (sich wiederholende Abfolge von drei Nukleotiden) führt. Dabei ist die Häufigkeit dieser Repeats entscheidend für Erkrankung:

  • 5 bis 44 Repeats: diese Anzahl liegt bei einer gesunden Person vor
  • 45 bis 54 Repeats: dieser Bereich wird als Grauzone bezeichnet und weist keine klinische Relevanz auf
  • 55 bis 200 Repeats: hier spricht man von einer Prämutation
    • Die Prämutation ist noch kein Auslöser für das fra(X)-Syndrom, das Allel ist allerdings vererblich und erhöht das Risiko der Erkrankung bei den Nachkommen.
    • Die Repeatanzahl führt zu einem erhöhtem Risiko für eine primäre Ovarialinsuffizienz bei Frauen und kann ein Fragiles-X-Tremor-Ataxie-Syndrom (FXTAS) bei beiden Geschlechtern auslösen.
  • > 200 Repeats: hier spricht man von einer Vollmutation, die das fra(X)-Syndrom auslöst. Ab dieser Repeatanzahl wird die Expression von FMR1 unterdrückt und kein Protein mehr gebildet.

In seltenen Fällen wurden andere Mutationen (Deletionen oder Punktmutationen) im FMR1-Gen als Auslöser für das fra(X)-Syndrom beschrieben.

Epidemiologie

Für die Häufigkeit des Syndroms gibt es in der Literatur sehr unterschiedliche Angaben. Die Angaben zur Inzidenz schwanken zwischen 1:1.200 bis 1:4.000 bei Männern und 1:2.500 bis 1:6.000 bei Frauen. Damit ist es nach der Trisomie 21 die zweithäufigste Form einer genetisch bedingten geistigen Behinderung. Bei 7 % der betroffenen Kinder ist das fragile X-Chromosom Ursache für schwerste geistige Behinderung, in 4 % der Fälle die Ursache für einen leichten Intelligenzdefekt.

Männer, die ein fragiles X-Chromosom haben, jedoch gesund sind, übertragen das Gen auf ihre Nachkommen: Söhne tragen hierbei kein Krankheitsrisiko, Töchter werden jedoch Trägerinnen der Prämutation, zum Teil auch der Vollmutation.

Symptome

Leitsymptom des fra(X)-Syndroms ist eine Intelligenzminderung, die bei den Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Dazu kommen häufig weitere Auffälligkeiten des Verhaltens und der Gehirnfunktion, von denen einige in der folgenden Auflistung genannt werden:

Darüber hinaus gibt es körperliche Auffälligkeiten beim fra(X)-Syndrom:

  • auffälliges Gesicht
    • lange, ovale Gesichtsform
    • große und abstehende Ohren
    • Progenie: Vorstehen des Kinns
    • hervorspringende Stirn
  • Hodenvergrößerung (bei Jungen)
  • gelegentlich Skoliose und Fußdeformitäten

All diese Symptome können, müssen aber nicht, im Rahmen eines fra(X)-Syndroms auftreten.

Die Erkrankung kann sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftreten. Da bei Frauen jedoch eines der beiden X-Chromosomen in den Körperzellen inaktiviert wird, sind die Symptome bei betroffenen Frauen oft weniger schwer ausgebildet als bei Männern.

Diagnose

Eine mögliche, jedoch relativ unsichere diagnostische Methode ist der Nachweis der brüchigen Stelle am X-Chromosom (fra(X)(q)) im Karyogramm. Oft wird der Nachweis einer Triplettexpansion zur Diagnostik herangezogen: hierbei testet man die Anzahl der Wiederholungen der CGG-Basentripletts in der fraX-Gensequenz.

Als Tests dienen heute vor allem PCR (Polymerasekettenreaktion) und immunhistochemische Methoden zur direkten Bestimmung der Proteinkonzentration von FMR1 (Markierung mit monoklonalen Antikörpern).

Als pränatale Diagnosemethoden stehen die Chorionzottenbiopsie (10.-12. Schwangerschaftswoche) und die Amniozentese (16.-18. Schwangerschaftswoche) zur Verfügung.

Therapie

Das fra(X)-Syndrom ist eine angeborene Erkrankung, die an sich nicht geheilt werden kann. Die Therapie ist somit auf die Symptome beschränkt.

Wichtig ist die Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachrichtungen (z.B. Psychiatrie, Pädiatrie, Neurologie etc.) um eine optimale Behandlung des Patienten zu ermöglichen. Bestandteile der Therapie sind beispielsweise logopädische Förderung und Verhaltenstherapie.

Quelle