Makrolidantibiotikum: Unterschied zwischen den Versionen

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''Synonym: Makrolid''<br>
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==Definition==
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'''Makrolidantibiotika''' sind [[bakteriostatisch]] wirksame [[Antibiotikum|Antibiotika]].
'''Makrolidantibiotika''' sind [[bakteriostatisch]] wirksame [[Antibiotikum|Antibiotika]].


* ''Anmerkung'': Die gebräuchliche Kurzform '''Makrolid''' ist eigentlich nur die Bezeichnung für das in allen Makrolidantibiotika vorkommende Makrolid, ein Lacton mit 12-18 Gliedern und glykosidisch gebundenallen Zuckern . allen Makrolidantibiotika vorkommende Makrolid, ein Lacton mit 12-18 Gliedern und glykosidisch gebundenen Zuckern .
== Nomenklatur ==
Die gebräuchliche Kurzform '''Makrolid''' ist eigentlich nur die Bezeichnung für das in allen Makrolidantibiotika vorkommende Makrolid, ein [[Lacton]] mit 12–18 Gliedern und [[Glykosidische Bindung|glykosidisch]] gebundenen [[Zucker|Zuckern]].
 
==Wirkmechanismus==
==Wirkmechanismus==
Makrolidantibiotika hemmen die [[Proteinbiosynthese]] des [[Bakterium]]s durch Anlagerung an die 50S-Untereinheit der [[Ribosom]]en. Das Weiterwandern und Wachsen einer entstehenden [[Polypeptid]]kette wird dabei durch die Blockade des [[Enzym]]s Translokase verhindert.
Makrolidantibiotika hemmen die [[Proteinbiosynthese]] des [[Bakterium]]s durch Bindung an die 50 S-[[Untereinheit]] der [[Ribosom]]en. Durch Blockade des Auslasstunnels für die entstehende [[Polypeptid]]kette wird nach einigen [[Translation (Biologie)|Translation]]sschritten die [[Peptidyltransferase]]-Funktion des Ribosoms unterbunden. Folge ist die Dissoziation unreifer Peptidyl-tRNA vom Ribosom, was sowohl zur Unterbindung der Translation als auch zum Verbrauch des tRNA-Pools führt.<ref name="Kristallanalyse">Tenson et al. [https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0022283603006624?via%3Dihub The mechanism of action of macrolides, lincosamides and streptogramin B reveals the nascent peptide exit path in the ribosome] Journal of Molecular Biology, 2003</ref>


Daher wirken Makrolide bakteriostatisch und treffen vor allem Bakterien, die aktiv Stoffwechsel betreiben. Gegen ruhende Bakterien sind Makrolide wenig wirksam.
Makrolide wirken bakteriostatisch und treffen somit vornehmlich Bakterien mit aktivem Stoffwechsel. Gegen ruhende Bakterien sind Makrolide wenig wirksam.


==Erregerspektrum==
==Erregerspektrum==
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Ist ein Bakterium gegen ein Makrolid resistent, so ist es gegen alle anderen ebenfalls resistent (''Kreuzresistenz'').
Ist ein Bakterium gegen ein Makrolid resistent, so ist es gegen alle anderen ebenfalls resistent (''Kreuzresistenz'').
==Gruppenspezifische Nebenwirkungen==
Makrolidantibiotika gehören zu den sicheren Antibiotika. Die typischen Nebenwirkungen sind harmlos, ernsthafte Nebenwirkungen selten.
Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören Beschwerden des [[Gastrointestinaltrakt]]s:
* [[Übelkeit]]
* [[Erbrechen]]
* [[Durchfall]]
Sehr selten sind allergische Reaktionen und [[Leber]]schädigung.


==Substanzen==
==Substanzen==
Prototyp der Makrolidantibiotika ist das aus einer [[Pilz]]art gewonnene [[Erythromycin]]. Weiterhin stehen die ebenfalls aus Pilzarten zu gewinnenden [[Josamycin]] und [[Spiramycin]] zur Verfügung.
Prototyp der Makrolidantibiotika ist das aus [[Streptomyces|Streptomyceten]] gewonnene [[Erythromycin]]. Andere Streptomyces-Spezies produzieren u.a. [[Josamycin]] und [[Spiramycin]].


Im Streben nach Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften der Makrolide wurden halbsynthetische Derivate hergestellt, die eine bessere Säurestabilität, ein breiteres Erregerspektrum im gramnegativen Bereich und längere Halbwertszeiten aufweisen:
Im Streben nach Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften der Makrolide wurden halbsynthetische Derivate hergestellt, die eine bessere Säurestabilität, ein breiteres Erregerspektrum im gramnegativen Bereich und längere Halbwertszeiten aufweisen:
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* [[Azithromycin]]
* [[Azithromycin]]


[[Telithromycin]] (Ketek®) ähnelt chemisch den Makrolidantibiotika, wird aber aufgrund seiner strukturellen Besonderheiten von einigen Autoren in eine eigene Wirkstoffklasse, die so genannte "[[Ketolid]]e" eingeordnet.
[[Telithromycin]] ähnelt chemisch den Makrolidantibiotika, wird aber aufgrund seiner strukturellen Besonderheiten von einigen Autoren in eine eigene Wirkstoffklasse, die so genannte "[[Ketolid]]e" eingeordnet.
 
==Nebenwirkungen==
Makrolidantibiotika gehören zu den relativ sicheren Antibiotika. Die typischen [[Nebenwirkung]]en sind in der Regel harmlos, ernsthafte Nebenwirkungen selten. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören Beschwerden des [[Gastrointestinaltrakt]]s:
* [[Übelkeit]]
* [[Erbrechen]]
* [[Durchfall]]
Gelegentlich kann es zu [[QT-Verlängerung]]en kommen, wobei Azithromycin die geringste Prolongation verursacht, gefolgt von Clarithromycin und Erythromycin, die eine klinisch signifikante Verlängerung erzeugen können. Sehr selten sind allergische Reaktionen und [[Leber]]schädigung.


==Wechselwirkungen==
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Die Anwendung in der [[Schwangerschaft]] sollte nur unter strenger Indikationsstellung erfolgen.
Die Anwendung in der [[Schwangerschaft]] sollte nur unter strenger Indikationsstellung erfolgen.


==Referenzen==
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''siehe auch:'' [[Ketolidantibiotikum]], [[Lincosamid]], [[Antibiotikaresistenz]]
''siehe auch:'' [[Ketolidantibiotikum]], [[Lincosamid]], [[Antibiotikaresistenz]]
[[Fachgebiet:Infektiologie]]
[[Fachgebiet:Infektiologie]]

Aktuelle Version vom 21. März 2024, 09:52 Uhr

Synonym: Makrolid
Englisch: macrolide antibiotic

Definition

Makrolidantibiotika sind bakteriostatisch wirksame Antibiotika.

Nomenklatur

Die gebräuchliche Kurzform Makrolid ist eigentlich nur die Bezeichnung für das in allen Makrolidantibiotika vorkommende Makrolid, ein Lacton mit 12–18 Gliedern und glykosidisch gebundenen Zuckern.

Wirkmechanismus

Makrolidantibiotika hemmen die Proteinbiosynthese des Bakteriums durch Bindung an die 50 S-Untereinheit der Ribosomen. Durch Blockade des Auslasstunnels für die entstehende Polypeptidkette wird nach einigen Translationsschritten die Peptidyltransferase-Funktion des Ribosoms unterbunden. Folge ist die Dissoziation unreifer Peptidyl-tRNA vom Ribosom, was sowohl zur Unterbindung der Translation als auch zum Verbrauch des tRNA-Pools führt.[1]

Makrolide wirken bakteriostatisch und treffen somit vornehmlich Bakterien mit aktivem Stoffwechsel. Gegen ruhende Bakterien sind Makrolide wenig wirksam.

Erregerspektrum

Das Erregerspektrum von Makrolidantibiotika umfasst grampositive Kokken und Stäbchen und gramnegative Kokken. Daneben sind Makrolide auch gegen folgende Bakterienarten wirksam:

Resistenzbildung

Die Antibiotikaresistenz gegenüber Makroliden ist unter den Bakterien verbreitet. Der Resistenzerwerb ist relativ einfach, da die Modifikation des ribosomalen Enzymsystems ausreicht.

Ist ein Bakterium gegen ein Makrolid resistent, so ist es gegen alle anderen ebenfalls resistent (Kreuzresistenz).

Substanzen

Prototyp der Makrolidantibiotika ist das aus Streptomyceten gewonnene Erythromycin. Andere Streptomyces-Spezies produzieren u.a. Josamycin und Spiramycin.

Im Streben nach Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften der Makrolide wurden halbsynthetische Derivate hergestellt, die eine bessere Säurestabilität, ein breiteres Erregerspektrum im gramnegativen Bereich und längere Halbwertszeiten aufweisen:

Telithromycin ähnelt chemisch den Makrolidantibiotika, wird aber aufgrund seiner strukturellen Besonderheiten von einigen Autoren in eine eigene Wirkstoffklasse, die so genannte "Ketolide" eingeordnet.

Nebenwirkungen

Makrolidantibiotika gehören zu den relativ sicheren Antibiotika. Die typischen Nebenwirkungen sind in der Regel harmlos, ernsthafte Nebenwirkungen selten. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören Beschwerden des Gastrointestinaltrakts:

Gelegentlich kann es zu QT-Verlängerungen kommen, wobei Azithromycin die geringste Prolongation verursacht, gefolgt von Clarithromycin und Erythromycin, die eine klinisch signifikante Verlängerung erzeugen können. Sehr selten sind allergische Reaktionen und Leberschädigung.

Wechselwirkungen

Makrolide werden über die Leber abgebaut und hier bei der Biotransformation durch das Cytochrom P450-Isoenzym CYP3A4 metabolisiert. Bei der gleichzeitigen Einnahme von Makroliden mit Medikamenten oder Nahrungsmitteln, die ebenfalls von CYP3A4 abgebaut werden (z.B. Cimetidin, Statine, Theophyllin, Ciclosporin, Grapefruit), kommt es zu Wechselwirkungen. Makrolide hemmen den Abbau anderer Medikamente über CYP3A4 und erhöhen dadurch deren Wirkspiegel.

Kontraindikationen

Bei bestehenden Leberfunktionsstörungen und bekannter Allergie gegen Makrolide sollte auf andere Antibiotika ausgewichen werden.

Die Anwendung in der Schwangerschaft sollte nur unter strenger Indikationsstellung erfolgen.

Referenzen