Bornavirus
Synonyme: Borna-Virus, Virus der Bornaschen Krankheit (BDV), Aviäres Bornavirus (ABDV)
Englisch: Borna disease virus, BoDV
Definition
Das Bornavirus, kurz BoDV, ist ein behülltes Virus mit einer negativsträngigen RNA, das zur Familie der Bornaviridae gehört. Es ist u.a. der Verursacher der Borna-Krankheit beim Pferd und beim Schaf sowie der aviären Bornavirusinfektion bei Vögeln.
Taxonomie
Das Bornavirus gehört zur Familie der Bornaviridae und ist deshalb der Ordnung Mononegavirales untergeordnet. Der Gattung Bornavirus gehören derzeit (2021) acht Spezies an, die wiederum mehrere Virustypen aufweisen.
Spezies | Viren | Wirt |
---|---|---|
Schlangen-Bornavirus 1 | LGSV-1 | Schlangen |
Säugetier-Bornavirus 1 | BoDV-1, BoDV-2 | Säugetiere |
Bunthörnchen-Bornavirus 1 | VSBV-1 | Nagetiere |
Sperlingsvögel-Bornavirus 1 | CnBV-1, CnBV-2, CnBV-3 | Vögel |
Sperlingsvögel-Bornavirus 2 | EsBV-1 | Vögel |
Papageien-Bornavirus 1 | PaBV-1, PaBV-2, PaBV-3, PaBV-4, PaBV-7 | Vögel |
Papageien-Bornavirus 2 | PaBV-5 | Vögel |
Wasservögel-Bornavirus 1 | ABBV-1, ABBV-2 | Wasservögel |
Etymologie
Das Bornavirus kann bis in das Jahr 1885 zurückverfolgt werden. Damals kam es bei Kavalleriepferden in der sächsischen Stadt Borna zu einer Endemie. Da ein gesamtes Gestüt von dieser damals unbekannten Erkrankung betroffen war, vermutete der Gießener Virologe Wilhelm Zwick 1924, dass ein Virus der Verursacher der Krankheit sein könnte. Das Bornavirus konnte erst in den 1970er Jahren identifiziert werden.
Eigenschaften
Die behüllten Virionen sind sphärisch geformt und ca. 80 bis 100 nm groß. Das Genom ist aus einer linearen einzelsträngigen RNA mit negativer Polarität aufgebaut und ca. 9 kb groß. Die Replikation des neurotropen Virus findet im Zellkern statt. Es kodiert 9 Proteine, von denen einige näher charakterisiert sind:
Protein | Aufgabe |
---|---|
N | Helikales Nukleoprotein |
G | Envelope-Glykoprotein |
L | Virale Polymerase |
P | Phosphoprotein für die Replikation |
M | Matrixprotein |
X | unbekannt |
Übertragung
Virusvermehrung
Das Virus heftet sich durch Glykoproteine an die Wirtszelle und wird von ihr durch Clathrin-vermittelte Endozytose aufgenommen. Es besteht ein Zelltropismus für Neuronen, Astrozyten, Oligodendrozyten und Ependymzellen.
Durch Fusion der Virusmembran mit der Vesikelmembran wird das Nucleocapsid freigesetzt und anschließend in den Zellkern eingeschleust. Die Transkription erfolgt in mehreren Schritten mit Capping und Polyadenylierung der viralen mRNA. Teils wird sie durch "Stottern" der Polymerase, teils durch alternatives Spleißen (M-, G- und L-Protein) realisiert. Die neu synthetisierten Ribo-Nucleocapside werden durch Kernporen aus dem Zellkern befördert. Sie binden im Zytoplasma an das Matrixprotein an der Innenseite der Zellmembran und knospen als neue Virionen aus.
Erkrankungen
Das Bornavirus ist der Verursacher der Borna-Krankheit. Es führt zur Meningoenzephalitis beim Pferd sowie beim Schaf. Selten können auch Rinder, Kaninchen und Zootiere betroffen sein.
Das Bornavirus steht im Verdacht als Zoonose vom Tier auf den Menschen übertragen werden zu können. Zwischen 2011 und 2013 wurden vereinzelte Krankheitsfälle durch VSBV-1 beobachtet, bei denen das Bornavirus von Bunthörnchen auf den Menschen gelangte und diese an einer Enzephalitis erkrankten. Im Frühjahr 2018 traten erneut 3 Enzephalitisfälle auf, die in Verbindung mit BoDV-1 gebracht wurden. Bei 2 Patienten handelte es sich um Organempfänger, bei denen die Übertragung wahrscheinlich durch Organe eines infizierten Spenders erfolgte.
Quellen
- Rümenapf, Till, vetmeduni vienna, Institut für Virologie. Virologie-Skript für die Module Tierseuchen, Verdauung, Respiration und Kreislauf, ZNS, Reproduktion. Für Studierende der Veterinärmedizin. Stand 1/2017.
- viralzone.expasy.org
- Schlottau K, Jenckel M et al.: Variegated Squirrel Bornavirus 1 in Squirrels, Germany and the Netherlands. Emerg Infect Dis. 2017 Mar;23(3):477-481. doi: 10.3201/eid2303.161061.
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