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Tibiakopffraktur

Synonyme: Tibiaplateaufraktur, proximale Tibiafraktur
Englisch: tibial plateau fracture

1. Definition

Die Tibiakopffraktur ist ein Knochenbruch (Fraktur) des Schienbeins (Tibia) im Bereich des Schienbeinkopfes (Caput tibiae) bzw. des Tibiaplateaus.

ICD10-Code: S82.18

2. Ätiopathogenese

Die Tibiakopffraktur ereignet sich meist durch ein Trauma. In der Regel liegt dabei ein Sturz aus großer Höhe auf das Bein vor. Dabei entstehen enorme Stauchungskräfte entlang der Längsachse zwischen Femur und Tibia, durch welche die Femurkondylen den Tibiakopf imprimieren und seitlich absprengen können. Ein weiterer typischer Unfallmechanismus sind Gewalteinwirkungen auf das Kniegelenk bei Autounfällen, z.B. durch den Anprall unter dem Armaturenbrett.

3. Einteilung

3.1. ...nach Morphologie

Bei älteren Patienten finden sich eher Impressionen, bei jungen Patienten häufiger Spalt- oder Keilfrakturen.

3.2. ...nach Lokalisation

75 bis 80 % der Tibiakopffrakturen betreffen das laterale Tibiaplateau, da das mediale Plateau stärkere mechanische Belastungen aushält und Varusbelastungen deutlich seltener als Valguskräfte sind.

3.3. ...nach Schatzker-Klassifikation

Die Schatzker-Klassifikation unterscheidet zwischen 6 Formen, wobei die Typen I bis III meist bei niedriger Krafteinwirkung und die Typen IV bis VI bei Hochrasanztraumen entstehen:[1]

  • Typ I: laterale Spaltfraktur ohne Impression. Meist bei jüngeren Patienten
  • Typ II: laterale Spalt-/Keilfraktur mit Impression der gewichtstragenden Anteile. Meist bei älteren Personen mit Osteoporose.
  • Typ III: fokale Impression der lateralen Gelenkfläche ohne assoziierte Spaltfraktur. Häufigste Form und meist bei älteren Patienten mit Osteoporose.
  • Typ IV: jede Fraktur des medialen Tibiaplateaus: Spaltung, ggf. mit Impression. Kann die Eminentia intercondylaris miteinbeziehen. Frakturen des lateralen Tibiaplateaus, die sich in die mediale Gelenkfläche ausdehnen, aber nicht bis zur metaphysären Kortikalis bzw. ohne Impression werden nicht dazugezählt. Typ-IV-Frakturen gehen oft mit einer Verletzung des lateralen Kollateralkomplexes oder der posterolateralen Ecke sowie mit einer proximalen Fibulafraktur einher.
  • Typ V: Spaltfraktur des medialen und lateralen Tibiaplateaus (bikondyläre Fraktur). Kann mit einer Impression einhergehen. Bis zu 50 % der Patienten weisen Meniskusverletzungen, 1/3 eine vordere Kreuzbandruptur auf.
  • Typ VI: bikondyläre oder unikondyläre Spaltfraktur mit Abtrennung der Metaphyse von der Diaphyse durch transversale Frakturkomponente.

3.4. ...nach AO-Klassifikation

Bei der AO-Klassifikation werden folgende Typen unterschieden:

  • A: extraartikuläre Fraktur
    • A1: Ausriss der Eminentia intercondylaris
    • A2: Metaphysär
    • A3: Metaphysär, mehrfragmentär
  • B: partiell intraartikuläre Fraktur
    • B1: Reiner Spaltbruch, ggf. mit Fragmentdepression
    • B2: Impressionsfraktur
    • B3: Kombination aus Spalt- und Impressionsfraktur
  • C: vollständig intraartikuläre Fraktur:
    • C1: Artikulär einfach, metaphysär einfach
    • C2: Artikulär einfach, metaphysär
    • C3: Artikulär mehrfragmentär, metaphysär mehrfragmentär

4. Begleitverletzungen

Meniskusverletzungen treten in 2 bis 47 % der Fälle auf. Bei Frakturen des lateralen Tibiaplateaus können die Valguskräfte zu einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes und der medialen Kollateralbänder führen.

Bei einer Fraktur des medialen Tibiaplateaus sind die einwirkenden Kräfte meist höher, sodass verschiedene Begleitverletzungen auftreten können:

  • Fraktur des lateralen Tibiaplateaus
  • Ruptur des hinteren Kreuzbandes
  • Verletzung der posterolateralen Ecke
  • Verletzung des lateralen Kollateralbands
  • Verletzung der Arteria poplitea (selten)

Tibiaplateaufrakturen in Kombination mit einer proximalen Fibulafraktur können nach Zheng et al. in 5 Formen unterteilt werden.[2]

5. Klinik

Tibiakopffrakturen gehen mit Knieschmerzen und einer umgebenden Schwellung einher. Die Bewegung im Kniegelenk ist schmerzhaft eingeschränkt bis unmöglich. Auch bei einfacher Palpation haben die Patienten Schmerzen. Außerdem kann eine Krepitation nachweisbar sein.

6. Diagnose

Neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz.

6.1. Konventionelles Röntgen

Tibiakopffrakturen können meist anhand von konventionellen Röntgenbildern diagnostiziert werden. Zusätzliche Schrägaufnahmen können hilfreich sein. Ein gestauchtes Fragment kann sich als horizontale subchondrale sklerotische Linie zeigen. Ein Fett-Flüssigkeit-Spiegel im suprapatellaren Recessus bei Lipohämarthros im lateralen Bild ist hinweisend auf eine subtile Fraktur. Handelt es sich um den einzigen Befund nach einem Trauma, sollte eine weitergehende Bildgebung erfolgen, um okkulte Frakturen zu erkennen.

6.2. Computertomographie

Die Computertomographie (CT) ist hilfreich bei der Erkennung von radiographisch okkulten Frakturen. Weiterhin dient sie bei komplexen Frakturen der präoperativen Planung.

6.3. Magnetresonanztomographie

In der Magnetresonanztomographie (MRT) ist die Frakturlinie signalarm in allen Sequenzen. Das umgebende Knochenmarködem ist T1w-hypointens. Die in den flüssigkeitssensitiven Sequenzen (T2w-FS- bzw. STIR-Sequenzen) signalreiche Frakturlinie kann durch das Ödem maskiert sein. Weiterhin kann in der T1w-Sequenz eine in die Spongiosa eingedrückte signalarme Kortikalis auffallen.

Bei Lipohämarthros zeigen sich in den T2w-Sequenzen Fett-Flüssigkeit-Flüssigkeit- bzw. Fett-Serum-Hämatokrit-Spiegel. Das Lipohämarthros ist in der T1w-Sequenz signalreich.

Die PDw-FS-Sequenz dient insbesondere der Beurteilung von Begleitverletzungen der Menisken, Bänder und des Knorpels.

7. Therapie

7.1. Konservativ

Je nach Komorbiditäten kann bei einer Diastase < 3 bis 4 mm und einer Depression < 4 bis 5 mm eine konservative Therapie erwogen werden. Dabei wird für einen Monat eine Gipsschiene angelegt. Mit anschließender Physiotherapie kann das Bein nach 8 bis 12 Wochen wieder voll belastet werden. Bei Hämarthros kommen Kniegelenkspunktionen zum Einsatz.

7.2. Operativ

Tibiakopffrakturen werden in der Regel operativ versorgt. Ziel ist eine anatomische Reposition und frühzeitige Mobilisierung. Impressionsfrakturen müssen angehoben bzw. mit Spongiosa unterfüttert werden, das man aus einem Knochenfenster an einer anderen Stelle gewinnt. Dann bringt man zwei Abstützschrauben ein. Bei Impressions-Depressionsbrüche werden zusätzliche T-Platten angebracht. Trümmerfrakturen werden mittels einem Fixateur externe behandelt.

Nach der Operation sollte das Kniegelenk für ca. 3 Monate mit Physiotherapie und einer Bewegungsscheine entlastet, aber auch wieder frühfunktionell mobilisiert werden.

8. Komplikationen

Unkorrigierte, eingedrückte oder nicht reponierte Fragmente sowie ligamentäre Instabilitäten führen zu einer frühzeitigen Arthrose. Unbehandelte dislozierte Frakturen können weiterhin den Meniskus einklemmen. Weitere Komplikationen der Tibiakopffraktur sind beispielsweise:

9. Literatur

10. Quellen


Peer-Review durch Bijan Fink

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