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Synonym: rekombinanter Blutgerinnungsfaktor
Rekombinante Gerinnungsfaktoren sind Gerinnungsfaktoren, die gentechnologisch hergestellt werden. Sie dienen als Antihämorrhagika der therapeutischen Substitution körpereigener Gerinnungsfaktoren.
Die Entwicklung rekombinanter Gerinnungsfaktoren hat zwei wichtige Motive. Einerseits - vor allem in Anbetracht des HIV-Risikos von Blutprodukten in den 1990er Jahren - wurde eine Herstellung unabhängig von menschlichem Ausgangsmaterial angestrebt. Andererseits werden die rekombinanten Produkte teilweise verändert, um bessere pharmakologische Eigenschaften zu erhalten, vor allem eine längere Halbwertzeit.
Die Namen der rekombinanten Gerinnungsfaktoren werden systematisch aus dem Stamm -cog (für "coagulation") abgeleitet. Diesen Stamm ergänzt man durch griechische oder lateinische Zahlenangaben, die den Gerinnungsfaktor bezeichnen, der gentechnisch kopiert wurde:
Das Glycosylierungsmuster der Proteine wird durch den Zusatz der griechischen Buchstaben (alfa, beta usw.) charakterisiert. Ist das Protein zusätzlich pegyliert, wird als zweiter Zusatz das Wort "pegol" ergänzt.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Überempfindlichkeitsreaktionen und allergische Reaktionen.
Unter der Substitution von Gerinnungsfaktoren kann es zur Bildung polyklonaler IgG-Antikörper gegen den spezifischen Gerinnungsfaktor kommen (Sensibilisierung). Das betrifft vor allen den Faktor VIII, seltener den Faktor IX. Das Auftreten der Antikörper schränkt den therapeutischen Effekt der Faktor-VIII-Konzentrate ein und führt zu deren Wirkverlust (Hemmkörperhämophilie). In solchen Fällen kann man auf den monoklonalen Antikörper Emicizumab ausweichen. Denkbar wäre auch der Einsatz eines porcinen Gerinnungsfaktors (z.B. Susoctocog), der jedoch bei angeborener Hämophilie A nicht zugelassen ist.
Rekombinante Gerinnungsfaktoren unterliegen ebenso wie die klassischen Gerinnungsfaktoren-Konzentrate humanen Ursprungs (Plasmaderivate) der Chargendokumentationspflicht. Die Behandlung von Patienten mit angeborenem oder erworbenem Gerinnungsfaktorenmangel ist außerdem meldepflichtig an das Deutsche Hämophilieregister (DHR) am Paul-Ehrlich-Institut.
Fachgebiete: Hämostaseologie, Pharmakologie
Diese Seite wurde zuletzt am 29. Oktober 2019 um 17:54 Uhr bearbeitet.
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