Emicizumab
Synonyme: ACE910, Emicizumab-kxwh
Handelsname: Hemlibra®
Definition
Emicizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper zur Behandlung der Hämophilie A.
Biochemie
Bei humanisierten Antikörpern entspricht das Fc-Fragment dem der menschlichen Immunglobuline. Emicizumab hat ein Molekulargewicht von etwa 146 kDa und wird mittels rekombinanter DNA-Technologie in gentechnisch veränderten CHO-Zellen (Ovarzellen des chinesischen Hamsters) hergestellt.
Die Struktur und Aminosäuresequenz von Emicizumab unterscheidet sich von Faktor VIII. Daher induziert Emicizumab weder die Bildung von FVIII-Hemmkörpern, noch wird seine Wirkung durch die Hemmkörper eingeschränkt.
Wirkmechanismus
Emicizumab ist ein bispezifischer Antikörper, d.h. eine Seite bindet an den Gerinnungsfaktor IXa, die andere an den Gerinnungsfaktor X. Damit ahmt er die Funktion des Faktor VIIIa nach, der normalerweise in der Gerinnungskaskade die Umsetzung von Faktor X zu Faktor Xa durch Faktor IXa katalysiert. Emicizumab wird deshalb auch als Faktor VIII-Mimetikum bezeichnet.
Pharmakokinetik
Die Resorptionshalbwertszeit beträgt nach subkutaner Applikation etwa 1,7 Tage. Die Eliminationshalbwertszeit liegt bei etwa 4 bis 5 Wochen.[1]
Indikation
Emicizumab wird angewendet als Routineprophylaxe von Blutungsereignissen bei:
- Patienten mit Antikörpern gegen Faktor VIII (sog. Hemmkörper) (siehe auch Hemmkörperhämophilie)
- Patienten ohne Antikörper gegen Faktor VIII mit schwerer Hämophilie A
- Patienten ohne Antikörper gegen Faktor VIII mit mittelschwerer Hämophilie A und schwerem Blutungsphänotyp
Es kann für alle Altersgruppen eingesetzt werden.
Darreichungsform
Injektionslösung zur subkutanen Injektion.
Dosierung
Die Dosierung richtet sich nach dem Gewicht des Patienten und teilt sich in zwei Stufen auf:
- Initialdosis in den ersten vier Wochen: einmal wöchentlich 3 mg/kgKG
- Erhaltungsdosis ab der fünften Woche: einmal wöchentlich 1,5 mg/kgKG oder alle zwei Wochen 3 mg/kgKG oder alle vier Wochen 6 mg/kgKG
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Immunogenität
Im Rahmen der Anwendung von Emicizumab kann es wie bei anderen monoklonalen Antikörpern zu einer Bildung von neutralisierenden Antikörpern kommen, die zu einem Wirksamkeitsverlust führen. Bei Verdacht auf neutralisierende Anti-Emicizumab-Antikörper sollten andere Therapieoptionen in Erwägung gezogen werden.
Labordiagnostik
Die eingeführten gerinnungsdiagnostischen Methoden zur Messung der Faktor VIII-Konzentration zur Therapiekontrolle können bei Emicizumab nicht eingesetzt werden. Diese Assays funktionieren im Prinzip wie die partielle Thromboplastinzeit (PTT). Inzwischen stehen abgewandelte Testprotokolle zur Verfügung, die auf Emicizumab kalibriert werden können.
Zulassung
Emicizumab wurde von der Firma Chugai entwickelt. In Deutschland wird es von Chugai und Roche vermarktet.
Das Medikament ist in der EU seit 2018 zur Behandlung von Patienten mit Faktor-VIII-Inhibitoren zugelassen. Seit März 2019 gilt die Zulassung auch für Patienten mit schwerer Hämophilie A ohne Inhibitoren.
Nutzenbewertung
Der Zusatznutzen einer Therapie mit Emicizumab wird vom G-BA auf der Basis der vom IQWiG ausgewerteten Studienergebnisse wie folgt eingeordnet:[2]
- nicht belegter Zusatznutzen gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie
Kosten
Die Jahrestherapiekosten betragen für einen Patienten mit einem Gewicht von 60 kg rund 280.000 €.
Quellen
- ↑ Gelbe Liste - Emicizumab
- ↑ IQWiG-Berichte – Nr. 642 Emicizumab (Hämophilie A) Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V abgerufen am 14.09.2018
Literatur
- Shima M et al: Factor VIII–Mimetic Function of Humanized Bispecific Antibody in Hemophilia A. N Engl J Med 2016; 374:2044-2053
siehe auch: Gerinnungsfaktor, Tenasekomplex
um diese Funktion zu nutzen.