Lonoctocog alfa
Handelsnamen: Afstyla®
Englisch: lonoctocog alfa
Definition
Lonoctocog alfa ist ein Arzneistoff aus der Klasse der rekombinanten Gerinnungsfaktoren. Er ersetzt Faktor VIII und wird zur Behandlung der Hämophilie A eingesetzt.
Biochemie
Lonoctocog alfa ist ein rekombinanter humaner Gerinnungsfaktor VIII, der gentechnologisch in CHO-Zellen hergestellt wird. Die Substanz ist ein Glykoprotein, das aus 1.444 Aminosäuren besteht. Das Molekulargewicht beträgt etwa 170 kDa. Im Vergleich zum Faktor-VIII-Wildtyp wurde bei Lonoctocog alfa ein Großteil der B-Domäne und 4 Aminosäuren der benachbarten sauren a3-Domäne (Aminosäuren 765-1652) entfernt. Das Protein hat posttranslationale Modifikationen, die denen des plasmatischen Moleküls ähneln.
Wirkmechanismus
Die Wirkungsweise von Lonoctocog alfa entspricht der des endogenen Faktor VIII. Nach i.v.-Gabe bindet Lonoctocog alfa an den von-Willebrand-Faktor (VWF) im Blutkreislauf des Hämophilie-Patienten und wird dadurch aktiviert. Der aktivierte Faktor VIII beschleunigt als Kofaktor von aktiviertem Faktor IX die Umwandlung von Faktor X in Faktor Xa. Faktor Xa wiederum wandelt Prothrombin in Thrombin um. Thrombin setzt schließlich Fibrinogen in Fibrin um, was zur Gerinnselbildung führt.
Durch die Substitutionstherapie werden die Faktor-VIII-Spiegel nur vorübergehend erhöht. Der Therapieeffekt lässt mit dem proteolytischen Abbau des Wirkstoffs wieder nach.
Pharmakokinetik
Die Plasmahalbwertszeit von Lonoctocog alfa beträgt im Mittel 14,2 Stunden, die mittlere Verweildauer (MRT) 20,4 Stunden. Die Metabolisierung in Peptidfragmente und Aminosäuren erfolgt über den Abbau des Glykoproteins durch körpereigene Proteasen.
Indikation
- Therapie und Prophylaxe von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie A (angeborener Faktor-VIII-Mangel). Der Wirkstoff kann bei allen Altersgruppen angewendet werden.
Dosierung
Die Dosierung richtet sich nach dem Schweregrad des Faktor-VIII-Mangels, nach Ort und Ausmaß der Blutung sowie nach dem klinischen Zustand des Patienten. Die empfohlene Dosis schwankt zwischen 20 und 100 IE Lonoctocog alfa intravenös je kgKG.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Darreichungsform
Lonoctocog alfa ist als Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung in einer Durchstechflasche mit 250 I.E., 500 I.E., 1.000 I.E., 1.500 I.E., 2.000 I.E., 2.500 I.E. oder 3.000 I.E. Wirkstoff erhältlich.
Nebenwirkungen
Folgende Nebenwirkungen treten unter Lonoctocog alfa häufig (≥ 1/100 bis < 1/10) oder gelegentlich (≥ 1/1.000 bis < 1/100) auf:
- Schwindel
- Taubheitsgefühl
- Exanthem, Erythem, Pruritus
- Fieber
- Hitzegefühl
- Schüttelfrost
- Schmerzen an der Injektionsstelle
Unter Lonoctocog alfa kann es zu Überempfindlichkeitsreaktionen oder allergischen Reaktionen mit Unruhe, Tachykardie, Engegefühl in der Brust, Dyspnoe und Hypotonie kommen, die in eine Anaphylaxie mit Schock münden können.
Wie bei anderen rekombinanten Gerinnungsfaktoren kann es unter der Therapie zur Entwicklung hemmender Antikörper gegen Faktor VIII kommen, die zu einer verminderten Wirkung führt.
Wechselwirkungen
Es wurden keine Wechselwirkungen von Lonoctocog alfa mit anderen Arzneimitteln beobachtet.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
- Bekannte allergische Reaktionen gegen Hamsterproteine
Zulassung
Der Arzneistoff ist in der EU seit Januar 2017 zugelassen und wird durch den Hersteller CSL Behring vertrieben.
Nutzenbewertung
Der G-BA ordnet den Zusatznutzen von Lonoctocog alfa auf der Basis der vom IQWiG ausgewerteten Studien wie folgt ein:[1]
- Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
Kosten
Die Jahrestherapiekosten sind je nach Ansprechen und Dosierung individuell unterschiedlich. Bei Erwachsenen liegen sie gerundet zwischen 236.000 und 860.000 €.[1]