Puten-Enteritis (Geflügel)
Synonyme: Infektiöse Enteritis der Pute, Coronavirus-Enteritis der Pute
Englisch: transmissible enteritis of turkeys, coronaviral enteritis of turkeys, blue comb disease (veraltet)
Definition
Die infektiöse Enteritis der Pute ist eine akut verlaufende und hoch kontagiöse Viruserkrankung bei der Pute, die mit starken enteralen Symptomen einhergeht.
Ätiologie
Der Erreger (Putencoronavirus, TCoV) hat einen Durchmesser von bis zu 220 nm. Das Virus kann nach Amnionhöhleninokulation in Puten- und Hühnerembryonen (die älter als 15 Tage sind) angezüchtet werden. Eine Virusvermehrung in Zellkulturen gelang bisher (2021) noch nicht.
Ähnlich aller Coronaviren gibt es auch bei TCoV antigene Varianten, die durch Sequenzierung ermittelt werden können. Das Virus ist eng mit dem Virus der infektiösen Bronchitis (IBV) verwandt. Im Gegensatz zu diesem zeigt TCoV jedoch einen besonderen Tropismus für das Darmschleimhautepithel.
Epidemiologie
TCoV konnte bislang nur in den USA, in Kanada, Brasilien, in Australien und in einigen europäischen Ländern, jedoch nicht in Deutschland nachgewiesen werden. Die Pute stellt bisher den einzigen natürlichen Wirt dar. Die Erkrankung kann grundsätzlich alle Altersklassen betreffen, tritt jedoch gehäuft bei Jungputen auf. Zur Diskussion steht eine mögliche Beteiligung des Virus am multifaktoriell bedingten Poultry Enteritis and Mortality Syndrome (PEMS).
Hühner können zwar experimentell infiziert werden, jedoch entwickelt sich bei dieser Spezies keine klinisch manifeste Erkrankung.
Pathogenese
Nach oraler Infektion erfolgt die Virusvermehrung massenhaft im Darmepithel statt - insbesondere im apikalen Bereich der Zotten. Betroffen sind besonders das Jejunum und Ileum, aber auch epitheliale Zellen der Bursa cloacalis.
Nachdem die Virämie begonnen hat, wird der Erreger massiv über den Kot ausgeschieden und auch horizontal mit kontaminiertem Materal übertragen. Die Ausscheidung (shedding) kann dabei mehrere Wochen andauernd - auch nach Genesung. Aufgrund der langen und hohen Erregerausscheidung verbreitet sich das Virus rasch im und zwischen den Beständen.
Klinik
Die Inkubationszeit beträgt zwischen 1 und 5 Tagen.
Aufgrund der Läsionen in der Darmschleimhaut kommt es primär zu Störungen in der Resorption sowie in der Darmmotilität. Infolge dessen entwickeln sich Durchfall und gelegentlich (v.a. bei älteren Tieren) auch Einbrüche in der Legeleistung. Durch Sekundärinfektionen mit Escherichia coli kommt es zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes mit erhöhten Abgangsraten. Die Schwere der Erkrankung hängt maßgeblich vom Alter der Tiere ab: Je jünger die Tiere, desto stärker das klinische Bild. Daher kommt es oftmals zu einer Morbidität von 100 % und häufig auch zu einer Mortalität von 50 %.
Betroffene Puten leiden an wässrigen und grünlich-bräunlichen Durchfällen, die durch Uratausscheidungen im weiteren Verlauf auch weißlich erscheinen können. Durch Exsikkose und Inappetenz kommt es zu Entwicklungsstörungen und teils hochgradiger Kachexie. Aufgrund der veränderten Darmflora wird die Futterverwertung sowie die Resorption maßgeblich verschlechtert.
Pathohistologie
Bei der Sektion fällt ein mit schaumig-gelblichen Inhalt gefüllter, dilatierter und dünnwandiger Dünndarm auf. Im histologischen Schnittbild dominieren Villusatrophie sowie Villusablösung, Kryptenhyperplasie und Infiltration von lymphoiden Zellen sowie heterophilen Granulozyten in der Lamina propria mucosae.
Diagnose
Nach der Inokulation über die Amnionhöhle ist eine Virusanzucht in Puten- und Hühnerembryonen möglich. Das Virus kann dann aus dem embryonalen Darm sowie aus der Bursa cloacalis reisoliert und dann mittels speziellen Verfahren nachgewiesen werden, z.B. Immunfluoreszenz, Immunhistochemie oder RT-PCR.
Ein indirekter Erregernachweis (TCoV-Antikörper) ist auch mithilfe eines ELISA möglich.
Therapie
Zurzeit sind keine kausalen Therapieoptionen verfügbar. Die Erkrankung ist rein symptomatisch zu behandeln. Bei bakteriellen Sekundärinfektionen sind entsprechende Antibiotika indiziert.
Prophylaxe
Aufgrund mangelnder Behandlungsmöglichkeiten liegt der Fokus auf strikten Hygienemaßnahmen. Nach Feldinfektionen sind genesene Tiere gegenüber weiteren TCoV-Infektionen resistent.
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4
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