Pseudoexfoliationssyndrom
Synonyme: Pseudoexfoliatio lentis, Pseudoexfoliatives Syndrom, exfoliatives Syndrom, Exfoliationssyndrom, PEX, PES, PXS, XFG, XFS
Englisch: pseudoexfoliation syndrome, exfoliation syndrome
Definition
Das Pseudoexfoliationssyndrom, kurz PEX, ist eine meist im höheren Alter auftretende Systemerkrankung mit extrazellulärer Produktion und Akkumulation von Amyloid-ähnlichen Proteinfasern, insbesondere im Auge. Eine Komplikation ist das Pseudoexfoliationsglaukom.
Epidemiologie
Das Pseudoexfoliationssyndrom betrifft am häufigsten Frauen jenseits des 70. Lebensjahres. Bei Personen unter 50 Jahren tritt es sehr selten auf. Die Prävalenz ist je nach geografischer Region und ethnischer Zugehörigkeit sehr unterschiedlich. In Deutschland wird sie auf 4 % geschätzt.
Das Pseudoexfoliationsglaukom ist weltweit die häufigste identifizierbare Ursache für ein sekundäres Offenwinkelglaukom.
Ätiologie
Die Ursache des Pseudoexfoliationssyndroms ist derzeit (2022) unklar. Vermutlich handelt es sich um eine Form der Elastose bzw. Mikrofibrillopathie. Pathophysiologisch spielen v.a. genetische Faktoren wie Polymorphismen des LOXL1-Gens auf Chromosom 15q24.1 eine Rolle. UV-Lichtexposition, Ernährungsfaktoren, Infektionserreger und Traumata sowie oxidativer Stress, Hypoxie und Entzündungen als komodulierende externe Faktoren sind denkbar.
Die Zusammensetzung der abgelagerten Fibrillen ist vielfältig und umfasst sowohl Komponenten der Basalmembran als auch Enzyme, die an der Aufrechterhaltung der extrazellulären Matrix beteiligt sind. Ablagerungen finden sich nicht nur in den vorderen Augenabschnitten, sondern auch in Herz, Blutgefäßen, Lunge, Niere, Leber, Harnblase oder Hirnhäuten. Die klinische Relevanz der extraokulären Ablagerungen ist jedoch unklar.
Eine Vielzahl an Zellen werden mit der erhöhten Synthese des Materials in Verbindung gebracht. Im Auge scheint v.a. das prääquatoriale Linsenepithel, das nicht-pigmentierte Ziliarepithel und das Pigmentepithel der Iris ursächlich zu sein. Extraokuläres Material scheint in Fibroblasten und Muskelzellen gebildet zu werden.
Klinik
Das Pseudoexfoliationssyndrom verläuft anfangs meist asymptomatisch. Aufgrund der Ablagerungen kann der Abfluss des Kammerwassers blockiert werden, sodass ein Pseudoexfoliationsglaukom entsteht. Es verläuft meist bilateral, jedoch asymmetrisch.
Weiterhin ist das Pseudoexfoliationssyndrom mit einer Kataraktprogression sowie intraoperativen Komplikationen (z.B. Zonulolyse, Linsenkapselruptur oder Glaskörperverlust bei Kataraktextraktion) verbunden.
Ob die Ablagerungen zu einem erhöhten Risiko für kardio- und zerebrovaskulären Erkrankungen (Angina pectoris, Aortenaneurysma oder Alzheimer-Demenz) führen, ist umstritten. Mögliche gemeinsame pathogenetische Merkmale machen PEX zumindest zu einem potentiellen unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen.
Diagnostik
Ein PEX kann mittels Spaltlampenuntersuchungen diagnostiziert werden. Das fibrilläre Material erscheint "schuppenartig" in der Augenvorderkammer, insbesondere auf der vorderen Linsenkapsel und dem Pupillenrand der Iris.
Therapie
Bei unbekannter Ursache ist eine kausale Therapie des Pseudoexfoliationssyndrom nicht möglich. Bei Pseudoexfolationsglaukom kommen z.B. eine Argonlaser-Trabekuloplastik (ALT), eine selektive Lasertrabekuloplastik (SLT), eine Trabekulektomie oder die Implantation eines Kammerwassershunts in Frage.
Literatur
- Elhawy E et al. Pseudoexfoliation syndrome, a systemic disorder with ocular manifestations, Hum Genomics. 2012 Oct 10;6(1):22, abgerufen am 22.02.2022
- Andrikopoulos GK et al. Pseudoexfoliation syndrome and cardiovascular diseases, World J Cardiol. 2014 Aug 26;6(8):847-54, abgerufen am 22.02.2022
- Plateroti P et al. Pseudoexfoliation Syndrome and Pseudoexfoliation Glaucoma: A Review of the Literature with Updates on Surgical Management, J Ophthalmol. 2015;2015:370371, abgerufen am 22.02.2022
- Gouvianakis A. Intraoperative und frühe postoperative Komplikationen bei Katarakt-Operationen mit begleitendem Pseudoexfoliations-Syndrom, Inaugural-Dissertation, 2007, abgerufen am 22.02.2022
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