Parodontitis (Pferd)
Definition
Unter Parodontitis versteht man eine bakterielle Infektion des Zahnhalteapparats (Parodontium) des Pferdes.
Ätiopathogenese
Die Erkrankung hat einen progredienten Verlauf und kann anhand ihrer Ursachen und Ausprägung in vier Stadien eingeteilt werden:
- Stadium 1: akute Gingivitis
- Stadium 2: fortschreitende Gingitivits mit Taschenbildung
- Stadium 3: Zerstörung des Parodontium und Lockerung von Zähnen
- Stadium 4: retrograde Infektionen mit Abszessbildung
Stadium 1
Das erste Stadium ist eine Gingivitis. Es kann jedoch in dieser Krankheitsphase nicht unterschieden werden, ob es sich um eine eigenständige Zahnfleischentzündung oder um den Beginn einer Parodontitis handelt.
Akute Gingivitiden werden z.B. durch mechanische Insulte oder thermische Verletzungen hervorgerufen und gehen nach bakterieller Besiedelung in eine chronische Gingivitis über. Dieser Prozess ist noch komplett reversibel.
Stadium 2
Bei fortbestehender Gingivitis kommt es durch die Entzündung zur Lockerung des Zahnfleisches, zur Ausbildung von Parodontaltaschen und zur Rückbildung des Kollagens im Zahnfleisch. Die bakterielle Besiedelung dringt nun weiter in den subgingivalen Raum vor.
Der häufigste Grund für die Ausbildung von Parodontaltaschen sind enge Diastemata, aus denen das Futter durch die Zunge und den Speichelfluss nicht wieder hinaustransportiert werden kann. In diesem Stadium erscheint der Zahn bei der Untersuchung noch nicht gelockert und die Parodontaltasche ist nicht tiefer als 5 mm. Dieses Stadium ist durch adäquate therapeutische Maßnahmen reversibel.
Stadium 3
Das Stadium 3 der Erkrankung zeichnet sich durch eine Tiefe der Parodontaltaschen von mehr als 5 mm und eine Lockerung der betroffenen Zähne aus. Eine Beteiligung der Wurzelhaut und der knöchernen Alveolenwand liegt vor.
Die Zerstörung des Aufhängeapparates führt zur Lockerung der Zähne, wobei die Parodontitis ab diesem Stadium nicht mehr reversibel ist.
Stadium 4
Das 4. Stadium gilt als Komplikation von Stadium 3. Es kommt zur retrograden Infektion, die über das Parodont zur Wurzel gelangt. Apikalabszesse und Pulpennekrosen können die Folge sein.
Dieses Stadium der Erkrankung ist hochgradig schmerzhaft.
Klinik
Gingivitiden sind in der Regel schmerzhaft, wodurch die Patienten meist nur ungern kaltes Wasser trinken. In weiterer Folge können schlechte Futteraufnahme bzw. einseitiges Kauen, langsames Fressen und Foetor ex ore die Folge sein. Dritt- und viertgradige Krankheitsstadien führen aufgrund der einsetzenden Malokklusion und der damit einhergehenden eingeschränkten Kautätigkeit zu Koliken und Schlundverstopfungen.
Kommt es zu einer Beteiligung der hinteren Backenzähne im Oberkiefer (vierter Prämolarer bis dritter Molarer), können die infizierten Zahnwurzeln bis in den Sinus maxillaris fisteln und eine dentogene Sinusitis hervorrufen.
Diagnostik
Die Diagnose kann in der Regel einfach in Sedierung im Rahmen der zahnmedizinischen Untersuchung gestellt werden. Eine gerötete Gingiva und eingebissene Futterartikel weisen auf Stadium 1 der Erkrankung hin. Bei Fortschreiten der Krankheit können Parodontaltaschen und eine Lockerung des Zahnes festgestellt werden. Um Stadium 2 von Stadium 3 zu unterscheiden, müssen die Taschen in Bezug auf ihre Tiefe sondiert werden.
Stadium 3 kann von Stadium 4 erst nach der Zahnextraktion bzw. ggf. nach Anfertigung von Röntgenbildern unterschieden werden. Stadium 4 äußert sich durch eitrig-faulige Komponenten an der Zahnwurzel.
Therapie
Im Anfangsstadium ist eine Okklusionskorrektur des gesamten Gebisses und ggf. Infrakokkludierung der antagonistischen Zähne häufig ausreichend. Zusätzlich kann regelmäßig Chlorhexidin-Adhäsivgel oder Myrrhetinktur auf die von Gingivitis betroffenen Bereiche aufgetragen werden.
Falls bereits Zahnfleischtaschen ausgebildet sind, müssen diese ausgeräumt und mit antiseptischer Lösung gespült werden. Ein anschließendes vorsichtiges Debridement und Tamponierung mit Chlorhexidin-Adhäsivgel ermöglichen häufig eine adäquate Abheilung. In Stadium 3 und Stadium 4 ist die Extraktion des gelockerten Zahnes das Mittel der Wahl - zahnerhaltende Maßnahmen sind nicht mehr möglich.
Quellen
- Simon T, Herold I. 2009. Praxisleitfaden der Zahn- und Kiefererkrankungen des Pferdes. 1. Auflage. Stuttgart: Parey in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-4178-6
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