Osteocalcin
Synonym: bone gamma carboxylglutamic acid-containing protein, BGP
Englisch: osteocalcin
Definition
Osteocalcin ist ein primär im Knochen gebildetes Protein, das sowohl pleiotrope als auch endokrine Wirkungen aufweist.
Biochemie
Osteocalcin besteht aus 49 Aminosäuren und wird durch das BGLAP-Gen auf Chromosom 1 (Genlokus 1q22) kodiert. Osteocalcin wird im Knochen durch Osteoblasten sowie im Zahn durch Odontoblasten synthetisiert. Bei diesen Zellen kann es deshalb auch als Markersubstanz eingesetzt werden.
Die Bildung von Osteocalcin wird durch Calcitriol induziert. Die Glutamylreste werden Vitamin-K-abhängig und mittels Gamma-Glutamylcarboxylase γ-carboxyliert. Anschließend kann Osteocalcin im Knochen aktiv Calcium binden. Es macht ungefähr 2 % der extrazellulären Knochenmatrix aus.
Bisher bekannte Osteocalcin-Rezeptoren sind GPRC6A und GPR158.
Funktion
Osteocalcin ist ein Peptidhormon mit pleiotropen Wirkungen für die Homöostase des Knochens, in dem es als calciumbindendes Protein agiert. Die uncarboxylierte Form besitzt außerdem endokrine Wirkungen:
- Stimulation der Insulinsekretion im Pankreas
- Förderung der Adiponektin-Freisetzung in Fettzellen
- Stimulation der Testosteron-Synthese in Leydig-Zellen
Vermutlich beeinflusst Osteocalcin auch kognitive Prozesse wie das Lernen und das räumliche Gedächtnis.
Labormedizin
Osteocalcin im Blut oder Urin dient als Marker der Knochenneubildung. Es wird dabei mittels Chemilumineszenz-Immunoassay bestimmt. Osteocalcin hat eine Plasmahalbwertszeit von 4 Minuten. Es wird renal ausgeschieden. Bei einer reduzierten Nierenfunktion können erhöhte Osteocalcinwerte nur bedingt verwertet werden.
Indikationen
Indikationen sind z.B.:
- Beurteilung des Knochenumsatzes bei Osteoporose oder Plasmozytom
- Überprüfung der Wirksamkeit einer Calcitriol-Therapie überprüfen.
Material und Präanalytik
Für die Untersuchung muss 1 ml Serum am nüchternen Patienten entnommen werden. Die Probe muss umgehend an das Labor weitergeleitet oder innerhalb von zwei Stunden eingefroren werden.
Referenzbereich
- Kinder (2 bis 17 Jahre): 2,8 - 41 µg/l (starker Anstieg während des pubertären Wachstumsschubes)
- Erwachsene (> 18 Jahre): 3 - 14 µg/l
Erhöhte Werte
- Primärer und sekundärer Hyperparathyreoidismus
- High-turnover Osteoporose
- Knochenmetastasen bei Malignomen
- Morbus Paget
- Osteomalazie
- Hyperthyreose
- Niereninsuffizienz
- Frakturen
- renale Osteodystrophie
Erniedrigte Werte
- Hypoparathyreoidismus
- Low-turnover Osteoporose
- Knochenmetastasen
- längere Glukokortikoidtherapie
- Rheumatoide Arthritis
Hinweise
Um falsch-niedrige Werte zu vermeiden, muss das entnommene Material gekühlt werden, da bei zu langer ungekühlter Lagerung die Immunoreaktivität verloren geht. Da die Osteocalcinsynthese unter zirkadianer Rhythmik steht, besteht ein physiologischer Osteocalcin-Peak am frühen Morgen. Weiterhin weisen Kinder während des größten Körperwachstums ein Maximum an Osteocalcin auf. Bei postmenopausalen Frauen lässt sich aufgrund des progredienten Östrogenmangels meist ein Anstieg an Osteocalcin nachweisen.
Trivia
Osteocalcin wurde noch in vollständig erhaltener Form aus den Knochen des Neanderthalers extrahiert.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 15.04.2021
- Muyzer G., Sandberg P. Knapen M.H.J., Vermeer C., Collins M.J., and Westbroek P. (1992) Preservation of bone protein osteocalcin in dinosaurs. Geology 20, 871-874.
- Gundberg CM, Hauschka PV, Lian JB, Gallop PM Osteocalcin: isolation, characterization, and detection. Methods Enzymol. 1984;107:516-44
- Schedlich LJ, Flanagan JL, Crofts LA, Gillies SA, Goldberg D, Morrison NA, Eisman JA. Transcriptional activation of the human osteocalcin gene by basic fibroblast growth factor. J Bone Miner Res. 1994 Feb;9(2):143-52
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- Nielsen-Marsh C. Biomolecules in fossil remains The Biochemist: 12-14(2002)
- Christina M. Nielsen-Marsh, Michael P. Richards, Peter V. Hauschka, Jane E. Thomas-Oates, Erik Trinkaus, Paul B. Pettitt, Ivor Karavanic, Hendrik Poinar, and Matthew J. Collins Osteocalcin protein sequences of Neanderthals and modern primates PNAS published March 7, 2005, 10.1073/pnas.0500450102
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